EU-Pläne für Kreislaufwirtschaft Gas sparen - auch durch mehr Recycling
Weniger Verschwendung, länger haltende Produkte, mehr Wiederverwertung - die EU-Kommission will die Kreislaufwirtschaft voranbringen. Das soll auch die Energie-Abhängigkeit von Russland verringern.
Wegwerfgesellschaft? Frans Timmermans hebt sein Mobiltelefon hoch. "Bei dem da kann ich nicht mal den Akku ersetzen, ohne irgendwo hin zu müssen, wo sie es komplett auseinandernehmen", sagt der stellvertretende EU-Kommissionschef. "Das sollte so sein wie früher: alter raus, neuer rein. Warum nicht?"
Und es geht nicht nur um Handys. Timmermans und seine Kollegen wollen nachhaltige Produkte in der Europäischen Union zur Norm machen, durch neue Vorschriften für alle Erzeugnisse außer Lebensmitteln, Tierfutter und Medikamenten. Sie sollen mit weniger Energie und Rohstoffen hergestellt werden, länger halten und leichter zu reparieren sein.
Vorschriften für fast alle Waren
"Produkte, die wir nutzen, müssen langlebig, zuverlässig und wiederverwendbar sein. Sie sollten so weit wie möglich aus recycelten Materialien bestehen", so der EU-Kommissar. "Sie sollten keine gefährlichen Substanzen enthalten und am Ende leicht zu recyceln sein, um daraus neue Produkte herstellen zu können."
Dafür will die EU-Kommission ihre Ökodesign-Vorschriften deutlich ausweiten, die bisher den Energieverbrauch von Elektrogeräten regeln. Allein dadurch haben Verbraucherinnen und Verbraucher nach Angaben der Kommission im vergangenen Jahr Energiekosten von 120 Milliarden Euro eingespart. Jetzt legt Brüssel Rechtsvorschriften für fast alle Waren vor, die in der EU auf den Markt kommen, um sie umwelt- und klimafreundlicher zu machen, für einzelne Produkte oder Produktgruppen. Möbel, Matratzen, Reifen, Eisen, Stahl, Aluminium könnten zuerst dran kommen.
"Fast fashion" soll aus der Mode kommen
In einer eigenen Initiative regelt die Kommission den nachhaltigeren Umgang mit Textilien. Ein großes Problem: Bei ihrer Herstellung werden viel Energie und viele Ressourcen verbraucht, trotzdem werden in Europa pro Person durchschnittlich elf Kilogramm Textilien pro Jahr weggeworfen.
Neue Vorschriften sollen dafür sorgen, dass Kleidung länger tragbar ist und mehr recycelte Fasern enthält. "Fast fashion" - kaufen und wegwerfen - das müsse aus der Mode kommen, sagt Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius, er sieht dafür Bereitschaft und Notwendigkeit.
Die EU-Kommission will auch dagegen angehen, dass Unternehmen nicht verkaufte Ware oder Retouren vernichten. Digitale Produktpässe sollen Verbraucherinnen und Verbrauchern die Orientierung erleichtern. Händler müssen über die Garantiedauer von Produkten informieren und erklären, ob und wie sie zu reparieren sind.
Noch mehr Bürokratie?
Das Paket soll nicht nur dazu beitragen, die EU-Klimaziele zu erreichen, sagt EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton: "Das ist wichtig für den Green Deal und für unsere energiepolitische Souveränität. Das ist ein wichtiges Element bei der Verringerung unserer Abhängigkeit von russischem Gas."
Nach Kommissions-Angaben könnten durch das Paket nämlich bis 2030 rund 150 Milliarden Kubikmeter Erdgas eingespart werden, was ungefähr den russischen Einfuhren in die EU entspricht. Die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini nennt die Kommissionsvorschläge einen Durchbruch auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft. Der CSU-Wirtschaftsexperte Markus Ferber kritisiert, die Durchregulierung kompletter Produktkategorien werde vor allem Bürokratie schaffen und Innovationen verhindern. Jetzt müssen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten darüber beraten.