
Anti-LGBTQ-Gesetze in Afrika Wie Evangelikale aus den USA in Uganda mitmischen
In Uganda gilt eins der härtesten Anti-LGBTQ-Gesetze der Welt, evangelikale US-amerikanische Christen haben die Kampagnen dafür viele Jahre lang massiv gefördert. Mit Trumps zweiter Amtszeit dürfte ihr Einfluss weiter zunehmen.
Schon am Tag seiner zweiten Amtseinführung, am 20. Januar 2025, unterzeichnete US-Präsident Donald Trump eine Flut von Präsidialdekreten. Eines davon verfügte, dass in den USA künftig nur noch zwei Geschlechter anerkannt werden, das männliche und das weibliche.
Ein Wahlkampfversprechen, mit dem Trump bei evangelikalen Christen auf offene Ohren gestoßen war. Eine große Mehrheit von ihnen hatte ihn im Wahlkampf um das Präsidentenamt unterstützt. Unter evangelikalen Christen geht die Unterstützung für Trump weit über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus, sie reicht unter anderem bis nach Uganda.
Angst vor Verfolgung
Ganz anders ist die Stimmung der queeren Gemeinschaft Ugandas. Bei deren Mitgliedern schürt der Umbruch im fernen Washington die Angst vor weiterer Verfolgung. Dafür gebe es gute Gründe, sagt der ugandische Parlamentarier Fox Odoi-Oywelowo, ein Mitglied der Regierungspartei.
"Die evangelikalen Freikirchen aus dem Westen, vor allem aus den USA, sind seit relativ langer Zeit in diesem Teil der Welt aktiv", weiß Odoi-Oywelowo. Der Jurist ist Mitte 50 und sitzt seit 2011 im ugandischen Parlament. Kurz zuvor hatte Uganda erstmals ein sogenanntes "Modellgesetz gegen Homosexualität" eingeführt. "Seitdem arbeiten die evangelikalen Christen aus den USA mit führenden Politikern Ugandas zusammen, um die Gesetze zu verschärfen", sagt der Abgeordnete.
Gründe für ablehndende Haltung
Die ablehnende Haltung gegenüber Homosexualität geht in Uganda auf die britische Kolonialzeit zurück. In der Zeit des "British Empire", zu dem bis 1962 auch Uganda gehörte, wurden dort und in vielen anderen Teilen Afrikas britische Gesetze übernommen, die homosexuelle Handlungen unter Strafe stellten. Nach der Unabhängigkeit Ugandas vom Vereinigten Königreich 1962 blieb dieses Gesetz bis heute bestehen.
Zudem ist die ugandische Gesellschaft tief religiös, das gilt für Christen und Muslime. Westliche Missionare haben das Christentum eingeführt, sie brachten die ablehnende Haltung gegenüber Homosexualität mit. Auf dem Radar der christlichen Rechten ist Uganda seit den 1980er-Jahren.
Das Land hatte eine verheerende Zeit unter Diktator Idi Amin hinter sich und durchlitt eine dramatische HIV-Epidemie, an der mehrere zehntausend Menschen starben. Evangelikale Gruppen aus den USA sahen darin eine gute Chance, ihre so genannten pro-family-Grundsätze genau hier zu verbreiten. Gemeint ist der Glauben an die Überlegenheit von Familien, die aus heterosexuellen, verheirateten Paaren und ihren leiblichen Kindern bestehen.
Todesstrafe für Homosexualität
Und das aus ihrer Sicht mit Erfolg: Das ugandische Anti-LGBTQ-Gesetz, das seit Mai 2023 in Kraft ist, gehört zu den strengsten der Welt. In bestimmten Fällen gilt für Homosexualität sogar die Todesstrafe. Die Kampagnen dafür wurden von konservativen US-amerikanischen Christen viele Jahre lang massiv gefördert. Für ihre Einflussnahme nutzen die evangelikalen US-Christen unter anderem sogenannte Gebetsfrühstücke im Parlament und anderen politischen Gremien, sagt Odoi-Oywelowo.
Er selbst sei oft dazu eingeladen worden, lehne die Teilnahme aber mittlerweile ab: Die Stimmung dort sei ihm zu repressiv. Als Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses sei er Christ, aber kein Evangelikaler. Und er sei auch nicht homosexuell, werde aber von vielen Kolleginnen und Kollegen als solcher beschimpft und geschmäht, weil er die Rechte queerer Menschen verteidige.
"Wenn sie mich zum Gebetsfrühstück einladen und ich zusage, soll ich mich hinknien, damit sie für mich beten können, um die Dämonen der Homosexualität aus meinem Kopf vertreiben zu können", erklärt Odoi-Oywelowo.
Als das Parlament im Mai 2023 über das Anti-LGBTQ-Gesetz abstimmte, votierte er dagegen - als einziger, 340 Parlamentarier stimmten dafür.
Ugandische Abgeordnete in den USA
Um die ugandischen Gesetzgeber beeinflussen zu können, flögen die US-amerikanischen Evangelikalen manchmal außerdem "ugandische Parlamentsabgeordnete und Politiker in die USA, um sie mit ihrer evangelikalen Basis dort zusammenzubringen". Es handele sich im Grunde um "Lobbygruppen, die sich gegen Menschenrechte stellen".
Wie die evangelikalen Gruppen aus den USA ihren Einfluss auf die Gesetzgebung in Uganda und anderen afrikanischen Staaten konkret ausüben, recherchiert ein Experte für öffentliche Gesundheit in Kampala schon seit Jahren. Der Rechercheur hat einige Netzwerke der religiösen Lobbyisten unterwandert und möchte anonym bleiben, um nicht aufzufliegen.
In den vergangenen Jahren sei ihm vor allem eine Gruppe aufgefallen: Family Watch International. Deren Leiterin Sharon Slater habe über Arbeitsgruppen der Vereinten Nationen Kontakte zu afrikanischen Politikern geknüpft. Besonders erfolgreich sei sie damit in Uganda.
Im Internet kursieren Fotos und Videos, die sie bei einer Audienz mit der First Lady Ugandas zeigen, Janet Kataaha Museveni, einer sehr konservativen Evangelikalen. Slater ist demnach aktives Mitglied einer WhatsApp-Gruppe namens Life and Family Forum Uganda. "Zu dieser Gruppe gehören einige Parlamentsabgeordnete, darunter der stellvertretende Parlamentssprecher Thomas Tayebwa", berichtet der Rechercheur.
Beeinflussung politischer Entscheidungen
Einmal habe die ugandische Abgeordnete Lucy Akello in der WhatsApp-Gruppe gefragt, was sie in einer Debatte über schulische Sexualkunde im Parlament sagen solle. Diese Lerninhalte drehen sich um einen gesunden Umgang mit Sexualität, Verhütung und um das Recht, "Nein" sagen zu können.
Gegen solche Unterrichtsinhalte laufen auch in den USA evangelikale Gruppen Sturm. Sie argumentieren, Kinder würden so nur unnötig und viel zu früh sexualisiert. "Sharon Slater postete in der Gruppe, wie Lucy Akello argumentieren soll - und genau das hat die Abgeordnete dann tatsächlich während der Parlamentsdebatte gesagt", berichtet der Gesundheitsexperte. Das sei nur eins von mehreren Beispielen gewesen.
Die ultrakonservativen US-amerikanischen Freikirchen lassen sich ihre Lobbyarbeit in Afrika einiges kosten. Laut einer Untersuchung des Portals Open Democracy haben mehr als 20 christliche Gruppen aus den USA allein zwischen 2007 und 2020 mindestens 54 Millionen US-Dollar in afrikanischen Ländern investiert. Fast die Hälfte davon floss demnach nach Uganda.
Viele dieser US-amerikanischen Lobbygruppen haben Verbindungen zum neuen, alten Präsidenten Trump oder seinem Umfeld. Ihr Einfluss auch in Afrika dürfte nun weiter zunehmen.