Gerettete Passagiere in Quetta, Pakistan

Pakistan Geiselnehmer bringen Zug mit 400 Menschen in ihre Gewalt

Stand: 12.03.2025 12:58 Uhr

Mitten in den Bergen haben Separatisten in der pakistanischen Region Belutschistan einen Zug überfallen. Am Tag danach befinden sich noch Hunderte in der Hand der Terroristen. Die Verzweiflung der Angehörigen ist groß.

Von Franziska Amler, ARD-Studio Neu-Delhi

In Pakistan kommt es immer wieder zu Terroranschlägen, doch ein Angriff dieser Dimension ist neu. Im Westen des Landes haben Terroristen in einer entlegenen Bergregion einen Zug in ihre Gewalt gebracht, mit mehr als 400 Passagieren an Bord.

Zur Geiselnahme hat sich eine Separatistenbewegung bekannt, die sich "Befreiungsarmee von Belutschistan" nennt. Sie fordert von der Regierung die Freilassung Gefangener. Andernfalls drohen sie, die Geiseln zu erschießen. Hunderte Menschen sollen noch in ihrer Gewalt sein.

"Leute schrien und weinten"

Medienberichten zufolge wurden inzwischen 190 Geiseln befreit. Die Nachrichtenagentur AFP sprach mit einigen der Menschen.

Wie auf einem Video der Nachrichtenagentur zu sehen ist, sitzen mehrere Frauen, Männer und Kinder nach der Befreiung in einem kleinen Raum. Sie waren in Pakistan auf dem Weg von der Provinzhauptstadt Quetta nach Peshawar als ihr Zug plötzlich angegriffen wurde. Die Terroristen hatten sich offenbar in den Bergen verschanzt.

Einer von ihnen ist Yousaf Bashir. Er konnte mit seiner Familie entkommen. "Die Leute haben geschrien und geweint", erzählt er der AFP. "Einige haben sich auf den Boden gelegt, wir auch. Alle haben sich hingelegt. Es gab Schüsse und Explosionen." Die Geiselnehmer hätten die Menschen aufgefordert, herauszukommen. Die Terroristen hätten ihn und seine Familie gehen lassen, berichtet Bashir.

Karte mit Pakistan mit der Region Belutschistan, der Stadt Quetta und der Hauptstadt Islamabad.

Schusswechsel mit Sicherheitskräften im Zug

Der Zug mit mehr als 400 Passagieren befand sich teilweise in einem Tunnel, als die Angreifer das Feuer eröffneten. Nach Angaben der Behörden sprengten sie die Bahngleise und lieferten sich einen Schusswechsel mit den Sicherheitskräften an Bord des Zuges.

Augenzeuge Muhammad Ashraf berichtet wie brutal die Angreifer vorgingen: "Menschen wurden angegriffen, die Passagiere wurden verletzt und einige starben."

"Warum ließen sie die Züge fahren?"

Wer befreit werden konnte, wird am Bahnhof von Quetta sehnsüchtig erwartet. Angehörige haben sich dort versammelt, um ihre Familienmitglieder in Empfang zu nehmen. Während andere verzweifelt nach Informationen über die noch Vermissten suchen. "Ich flehe Sie an, bitte bringen Sie mein Kind zurück", sagt eine wartende Frau. "Warum haben sie die Züge überhaupt fahren lassen, wenn es nicht sicher war?"

Wie viele Geiseln sich noch in der Gewalt der Terroristen befinden, ist unklar. Zu der Geiselnahme bekannte sich eine Separatistenbewegung, die sich Befreiungsarmee von Belutschistan (BLA) nennt. In einer Mitteilung verlangte sie die Freilassung von Gefangenen binnen 48 Stunden. Die Gruppe hat mit einer Hinrichtung der Geiseln gedroht, sollte die Regierung ihre Forderungen nicht erfüllen.

Die BLA fordert eine Loslösung von der Zentralregierung in Islamabad. "Es ist eine schwierige Zeit für die ganze Nation", sagt Mir Zahoor Buledi von der Provinzregierung nach dem jüngsten Angriff. "Die Regierung von Belutschistan und ihre Sicherheitskräfte versuchen ihr Bestes, um die Sicherheit zu verbessern."

Mehr als 1.600 Tote durch Anschläge

Belutschistan liegt im Südwesten Pakistans an der Grenze zu Afghanistan und dem Iran und ist die ärmste Provinz des Landes. Dort kämpfen seit Jahrzehnten Separatistengruppen gegen die Sicherheitskräfte.

2024 wurden in Pakistan laut Experten mehr als 1.600 Menschen bei Anschlägen getötet. Doch, dass Angreifer einen ganzen Zug in ihre Gewalt bringen, hat es noch nie gegeben. Die pakistanische Eisenbahn hat bis auf Weiteres alle Fahrten in der betroffenen Gegend ausgesetzt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. März 2025 um 12:00 Uhr.