Reaktion auf Hamas-Angriff Israel fliegt weiter Luftangriffe, Anzeichen für Bodenoffensive
Mehr als 200 Einrichtungen der Terrormiliz Hamas hat Israel nach eigenen Angaben in der Nacht bombardiert - nach Angaben der UN wurden auch zivile Einrichtungen getroffen. Unterdessen mehren sich die Anzeichen für eine israelische Bodenoffensive.
Israel fliegt auch drei Tage nach dem Überfall der islamistischen Terrormiliz Hamas weiter Luftangriffe im Gazastreifen. Mehr als 200 Einrichtungen der Hamas seien in der Nacht bombardiert worden, teilte die israelische Armee mit. Unter anderem seien ein Waffenlager der Palästinenserorganisation und Einrichtungen der militanten Palästinensergruppe Islamischer Dschihad angegriffen worden.
Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden auch große Wohntürme in Gaza-Stadt und andere Wohngebäude in Gaza, Schulen und Räumlichkeiten des Hilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) getroffen. Dabei seien Zivilisten getötet worden, hieß es in einer Mitteilung des UN-Büros für Menschenrechte. Der Gazastreifen ist mit etwa zwei Millionen Bewohnern sehr dicht besiedelt.
Daher kritisierte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk auch Israels Entscheidung, alle Lieferungen von Nahrungsmitteln, Wasser, Strom oder Benzin in den Gazastreifen einzustellen. Es sei unter dem humanitären Völkerrecht verboten, Menschen das vorzuenthalten, was sie zum Überleben brauchen. Auch UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich besorgt. Medizinische Güter, Nahrung, Treibstoff und andere humanitäre Hilfsgüter würden dringend benötigt, sagte er. Er rief alle Parteien auf, die Einfuhr von Hilfsgütern für die Zivilisten in den Gazastreifen zu ermöglichen.
Inzwischen ist auch der einzige Grenzübergang nach Ägypten geschlossen. Eine Flucht in das Nachbarland ist damit nicht mehr möglich. Eine Sicherheitsquelle in Ägypten bestätigte der Nachrichtenagentur dpa, dass die ägyptischen Behörden den Grenzübergang Rafah bis auf Weiteres geschlossen hätten. Grund dafür seien anhaltende israelische Angriffe in der Nähe des Grenzübergangs. Die Situation am Grenzübergang sei für Zivilisten und Mitarbeiter gefährlich.
Israel: Gaza-Grenze fast vollständig evakuiert und gesichert
Vor einer möglichen Bodenoffensive im Gazastreifen evakuierte Israel die Grenzorte am Rande des Palästinensergebiets fast vollständig. Man habe fast alle Einwohner der Grenzorte in sicherere Gebiete gebracht, sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari. "Es gibt einige wenige Menschen, die bleiben wollten, oder die in den Orten gebraucht werden", sagte er. Zudem wurden die Menschen in Israel laut Militär angewiesen, sich mit ausreichend Nahrung, Wasser und Medikamenten einzudecken.
Die Grenze zum Gazastreifen sei wieder gesichert. Er sprach von einer "eisernen Mauer" mit Schutz durch Panzer und Luftwaffe. Jeder Palästinenser, der sich der Sperranlage mit Israel nähere, werde erschossen. "Am vergangenen Tag kam kein einziger Terrorist über den Zaun herein", sagte Hagari unter anderem der Zeitung "The Times of Israel" zufolge. Kampftechniker-Truppen arbeiteten daran, die Gebiete in der Nähe der Löcher im Zaun zu verminen.
Gestern hatte das Militär bereits mitgeteilt, in den von der Hamas angegriffenen Orten im Süden wieder die Kontrolle zu haben. Es vermutet jedoch auch weiterhin, dass sich eine geringe Anzahl Hamas-Terroristen auf israelischem Boden befindet. Die islamistisch-militante Hamas hatte den Zaun am Wochenende durchbrochen und war unter anderem so in Israel eingedrungen.
Anzeichen für Bodenoffensive
Zuletzt mehrten sich Anzeichen für eine bevorstehende Bodenoffensive Israels im Gazastreifen. Israel ordnete die komplette Abriegelung des nur 40 Kilometer langen und sechs bis zwölf Kilometer breiten Gebietes an, während die Armee 300.000 Reservisten mobilisiert.
Nach Angaben des israelischen Gesundheitsministeriums sind bislang etwa 900 Israelis getötet worden, darunter mindestens 123 Soldaten. Mehr als 2.600 Menschen seien verletzt worden. Bisher seien 50 Familien persönlich darüber informiert worden, dass ihre Angehörigen in den Gazastreifen verschleppt worden seien. Nach offiziellen israelischen Angaben geht man jedoch von mindestens 100 Entführten aus, unter ihnen auch Soldaten.
Bei den massiven israelischen Gegenangriffen wurden im Gazastreifen nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums mindestens 687 Menschen getötet und mehr als 3.800 verletzt. Zudem bestätigte ein Sprecher der israelischen Armee, in Israel befänden sich die Leichen von rund 1.500 Terroristen. Hunderte weitere palästinensische Angreifer wurden demnach gefangen genommen.
Iran weist Beteiligung an Hamas-Angriff zurück
Derweil wies Irans Staatsoberhaupt Ali Chamenei eine Verstrickung in den Hamas-Terrorangriff zurück. "Unterstützer des zionistischen Regimes" hätten unsinnige Worte verbreitet, sagte der Ajatollah während einer Rede in Teheran. Sie hätten die Verantwortlichkeit für die Angriffe dem Iran zugeschrieben. "Sie machen einen Fehler", sagte Chamenei.
"Natürlich verteidigen wir Palästina. Natürlich verteidigen wir die Kämpfe", sagte der 84-Jährige. Man sei stolz auf diejenigen, die die Angriffe geplant hätten, sagte Chamenei. "Natürlich ist die gesamte islamische Welt verpflichtet, die Palästinenser zu unterstützen und wird sie mit Gottes Erlaubnis unterstützen, aber das ist das Werk der Palästinenser selbst."
Chamenei gilt als mächtigster Mann im Iran. Es ist seine erste Fernsehansprache seit dem Angriff der Hamas auf Israel. Teheran gilt wohl als der größte Unterstützer der palästinensischen Terrororganisationen.
Westliche Regierungschefs telefonieren
In einer in der Nacht veröffentlichten Mitteilung der Bundesregierung versicherten Deutschland, die USA, Großbritannien, Frankreich und Italien Israel gemeinsam ihre Solidarität. Zusammen würden "unsere unerschütterliche und vereinte Unterstützung" für Israel zum Ausdruck gebracht "und die Hamas und ihre schrecklichen Terrorakte unmissverständlich" verurteilt, hieß es.
Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf X (ehemals Twitter): "Unsere fünf Länder werden sicherstellen, dass Israel sich und seine Bürger gegen die abscheulichen Angriffe verteidigen kann."