Nach Erdrutschen in Indien Verzweifelte Suche nach Überlebenden
Die Erdrutsche im südindischen Bundesstaat Kerala haben ganze Dörfer unter sich begraben und bislang mehr als 150 Menschen das Leben gekostet. Hunderte Menschen werden noch vermisst. Und es regnet weiter.
Es sind vielleicht zehn oder zwölf Männer des indischen Katastrophenschutzes mit orangefarbenen Helmen und Einsatzjacken, die in den braunen Fluten stehen. Sie ziehen an einer Trage, auf der ein Verletzter liegt.
Es ist ein verzweifelter Kampf gegen die Naturgewalten im südindischen Bundesstaat Kerala. Extreme Regenfälle der vergangenen Tage haben eine Katastrophe über die Gegend gebracht. Wassermassen und Schlammlawinen haben Häuser unter sich begraben oder mitgerissen. Straßen und Bahnlinien sind zerstört.
Besonders betroffen ist der Bezirk Wayanad, der für seine malerischen Landschaften mit den Tee- und Kardamomplantagen berühmt ist. Doch davon ist jetzt nicht mehr viel zu sehen.
Hunderte werden noch vermisst
Mehrere Dörfer sind dort unter den Schlammlawinen verschüttet worden. Nach Angaben der Behörden ist die Zahl der Toten inzwischen auf mehr als 150 gestiegen. Zudem werden noch Hunderte Menschen vermisst. Die Opferzahlen steigen stündlich. Mehr als 3.000 Menschen wurden in Notunterkünften rund um Wayanad untergebracht.
"Wir versuchen alles, um Menschenleben zu retten", erklärte die Gesundheitsministerin von Kerala, Veena George. Die Gesundheitsbehörde und die Polizei hätten deshalb besondere Einsatzleitstellen eingerichtet.
Hunderte Menschen gleichzeitig würden derzeit in die Krankenhäuser eingeliefert. Das sei eine große Herausforderung. "Und deshalb schicken wir jetzt mehr Personal und Medikamente nach Wayanad." Da einige Straßen zusammengebrochen und eine Brücke weggespült seien, versuche die Regierung, einen provisorischen Ersatz zu schaffen.
Der Überflug einer Drohne über dem Bezirk Wayanad zeigt das ganze Ausmaß: Schlammlawinen begruben ganze Ortschaften.
Oppositionsführer Gandhi fordert Aktionsplan
Der Katastrophenschutz des Bundesstaats Kerala bekommt inzwischen auch Unterstützung von der indischen Armee. Das Militär soll eine Behelfsbrücke bauen, damit die Rettungskräfte überhaupt in die Gegend kommen. Der Einsatz von Hubschraubern ist schwierig, auch weil es weiter extrem regnet.
Indiens Oppositionsführer Rahul Gandhi hatte früher in Wayanad seinen Wahlbezirk. Er forderte im indischen Parlament in Neu-Delhi, dass die Regierung von Premier Narendra Modi mehr tun müsse.
"Unser Land hat in den vergangenen Jahren eine enorme Zunahme von Erdrutschen erfahren. Wir müssen dringend eine Landkarte erstellen mit erdrutschgefährdeten Gebieten und Maßnahmen ergreifen, die die Folgen abmildern", sagte Gandhi. Indien brauchen einen Aktionsplan, der den weiter zunehmenden Katastrophen in dieser "ökologisch zerbrechlichen Region" Rechnung tragen solle.
Auch intensive Landnutzung als Ursache
Der renommierte indische Klimaforscher Roxy Mathew Koll sagte, in Zeiten des Klimawandels werde es immer schwerer, den Monsun zuverlässig vorherzusagen. Gleichzeitig gebe es von Jahr zu Jahr mehr Niederschlag. Auch deshalb komme es immer öfter zu Erdrutschen und Sturzfluten.
Ein weiterer Grund ist jedoch auch die intensive Landnutzung. Vor mehr als zehn Jahren war in einem Expertenbericht vorgeschlagen worden, weite Teile der Region zu ökologisch sensiblen Gebieten zu erklären und Bautätigkeiten einzuschränken.
Die Empfehlungen des Berichts wurden bisher jedoch nicht umgesetzt, auch weil sich die Regierung des Bundesstaats und auch die Einwohner dagegen wehrten.