Neuer Präsident der Philippinen Wahlsieg mit dem Namen des Vaters
Schamlose Korruption, schwere Menschenrechtsverstöße: Dafür stand einst die Familie Marcos auf den Philippinen. Nun wird der Sohn des einstigen Diktators Präsident. Mit dem Erbe seines Vaters hat er kein Problem - im Gegenteil.
In der Familienresidenz am Heimatort der Marcos' im Norden der Philippinen hängt ein Gemälde von Ferdinand "Bongbong" Marcos jr., das entstanden sein soll, als die Familie im Exil auf Hawaii lebte: "Bongbong" auf einem weißen Pferd, durch die Wolken reitend, auf dem Haupt eine Krone, in der einen Hand eine philippinische Flagge, in der anderen eine Bibel.
Der Heilsbringer, der die Ideale des Vaters zurückbringt: So etwa ist die Wahrnehmung von Marcos junior - die meisten Philippiner und Philippinerinnen wählten ihn, weil sie seinen Vater verehren, weil sie eigentlich das Original wollen - aber weil der Diktator nun mal tot ist, nehmen sie die schwache, aber lebende Kopie; so analysiert es Autor Ralf Rivas vom Nachrichtenportal Rappler.
Ferdinand Marcos Sr. und seine Frau stehen für eine düstere Epoche der Philippinen - ihr Sohn Ferdinand sieht sie als goldenes Zeitalter.
Kein zufälliges Ergebnis
Dass Millionen von Menschen einen Diktator verehren, der sich bereicherte, Menschenrechte mit Füßen trat, politische Gegner, Kirchenleute, Studierende verschwinden oder töten ließ, kommt nicht von ungefähr, sondern darauf hat Marcos jr. lange hingearbeitet.
Schon als die Familie nach dem Tod von Ferdinand Marcos sr. aus Hawaii zurückkam, fing sie an, ihre Rückkehr an die Macht vorzubereiten: Mutter Imelda, Schwester Imee und "Bongbong" selbst ließen sich zur Wahl für politische Ämter aufstellen; der heute 64-Jährige vertrat seine Heimatprovinz Ilocos Norte abwechselnd im Kongress oder war dort Gouverneur.
2016 trat er zur Vizepräsidentschaftswahl an - damals verlor er knapp gegen Leni Robredo. Er bezichtigte sie des Wahlbetrugs, kam damit vor Gericht aber nicht weiter. Ebenfalls 2016 gewährte der damalige Präsident Rodrigo Duterte dem Diktator Ferdinand Marcos eine Bestattung auf dem Heldenfriedhof der Nation - bis dahin hatte Witwe Imelda den Leichnam in einem Mausoleum bewahrt, aufgebahrt in einem gläsernen Sarkophag.
Der Sohn nutzte die Gelegenheit für salbungsvolle Worte - während vor dem Friedhof Überlebende des Marcos-Regimes demonstrierten: "Es war der dringende Wunsch meines Vaters am Ende seiner Tage, dass er in der Zeremonie eines einfachen Soldaten beerdigt würde. Das ging einher mit seiner Idee, dass er nichts anderes als ein Soldat war, ein Bürger, der seinem Land diente."
Sorgfältig aufgebautes Image
Genau das ist auch das Image, das Marcos Junior von seinem Vater über Jahre hinweg aufbaute: Marcos senior als der starke Diener seines Landes, der den Philippinen ein goldenes Zeitalter brachte.
Auf YouTube, Facebook, TikTok sind "Bongbong" Marcos und sein Team präsent und verkündeten geschichtsfälschende Botschaften. Ganze Trollfabriken verbreiteten die Legende von dem Gold, das der Junior an die Filipinos verteilen wird - das habe sein Vater in weiser Voraussicht in Banken weltweit angelegt.
Dutertes Tochter an seiner Seite
Doch trotz all dieses Einsatzes hätte es für den jungen Marcos nicht zur Präsidentschaft gereicht, wenn er nicht Sara Duterte in sein Team geholt hätte. Die hatte eigentlich daran gedacht, selbst für den höchsten Posten zu kandidieren, ließ sich aber auf den Vize-Posten ein. Ihr Vater hat sich nicht für ihren Teamkollegen ausgesprochen: Rodrigo Duterte bezeichnete "Bongbong" Marcos als schwach und verwöhnt.
Das immerhin hat der auch selbst von sich gesagt - als er einmal von seiner Kindheit im Präsidentenpalast erzählte: Als Kind dort sei man verwöhnt gewesen - bis zur Vertreibung durch die Revolution 1986.
Die Rückkehr einer Familie
Im Namen des Vaters hat Ferdinand "Bongbong" Marcos die Wahl gewonnen. Er ist verheiratet, mit Liza Araneta-Marcos, einer Frau, die das Steuer in der Hand haben soll, sagen Beobachter. Einer der drei Söhne ist ebenfalls schon politisch aktiv. Selbst wenn Ferdinand Marcos jr. nur die schwache Kopie eines Diktators ist, so ist es ihm doch gelungen, die Marcos-Familie als politische Dynastie wieder zu etablieren.
Doch das genügt nicht, jetzt beginnt die eigentliche Arbeit. Ferdinand "Bongbong" Marcos hat außer dem Wahlversprechen, die Philippinen zu vereinen und der Verehrung des Vaters kein Programm präsentiert. Darum fürchten Beobachter, dass er sich steuern lassen wird, dass seine Berater starken Einfluss ausüben werden.
Einige politische Analysten sehen in ihm den Wunschkandidaten Chinas - den Konflikt ums Südchinesische Meer, auf das beide Länder Ansprüche stellen, will er bilateral lösen. Die Philippinen haben China aber wenig entgegenzusetzen. Er muss also einen Weg finden, das südostasiatische Land zwischen China und den USA zu positionieren, ohne die Stellung der Philippinen zu schwächen.
Innenpolitisch hat er ebenfalls wenig Programm präsentiert: Er will den Reispreis stabil halten - ein wichtiger Faktor in einem Land, das so arm ist wie die Philippinen. Aber dabei spielen Faktoren eine Rolle, die der neue Präsident nicht unbedingt beeinflussen kann.
Keine guten Aussichten
Dass er Dutertes blutigen Antidrogenkrieg fortsetzt, damit rechnen Beobachter nicht. Aber dass den Opfern der außergerichtlichen Tötungen unter Marcos Gerechtigkeit widerfährt - damit noch weniger. Die Menschenrechte werden weiter geschwächt, Presse- und Meinungsfreiheit weiter beschnitten, fürchten Experten.
Der Heilsbringer auf dem Weißen Pferd, wie auf dem Gemälde, das ist Ferdinand "Bongbong" Marcos mit seinem Wahlsieg nur für seine Familie. Aber für den Rest der Welt wohl nicht.