75. Jahrestag der Gründung Baerbock sieht Werte des Europarates in Gefahr
Autokraten und die Rückkehr des Völkischen sind in den Augen von Bundesaußenministerin Baerbock akute Bedrohungen für den Europarat und dessen Werte. Deutschland habe der Organisation viel zu verdanken.
Anlässlich des 75. Jahrestages der Gründung des Europarates hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zur Verteidigung demokratischer Werte und der Menschenrechte aufgerufen. In ihrer Rede im Bundestag sagte die Grünen-Politikerin, sie empfinde tiefe Dankbarkeit, da Deutschland "in Europa und durch Europa als Demokratie erwachsen geworden" sei. Doch die Werte der ersten großen europäischen Nachkriegsorganisation seien in Gefahr, warnte Baerbock.
"Unsere europäische Art zu leben, die Werte unseres Europarats, sie werden herausgefordert wie nie zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges", sagte Baerbock. Die Werte des Europarats würden von "außen durch Autokraten wie Wladimir Putin, der den Eroberungskrieg zurück nach Europa gebracht hat, aber auch von innen mit Hass und einer Rückkehr des Völkischen" bedroht. Auch die Unabhängigkeit von Gerichten und die Freiheit der Presse sei in Gefahr.
Baerbock spricht Attentat in der Slowakei an
Der 1949 gegründete Europarat ist für die Wahrung der Menschenrechte in seinen Mitgliedstaaten zuständig. Er ist kein Organ der Europäischen Union (siehe Infobox). Er ist zuständig für 680 Millionen Europäerinnen und Europäer in 46 Staaten.
Sitz des Europarates ist Straßburg. Er wurde 1949 gegründet und dient als Forum für Debatten über Menschenrechtsfragen. Der Europarat soll die demokratische Entwicklung in den Mitgliedsländern fördern. Die Resolutionen der Parlamentarischen Versammlung sind nicht bindend, die Institution gilt jedoch als wichtiger Stimmungsmesser für politische Lagen.
Wichtigste Einrichtung des Gremiums ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Der EGMR ist nicht zu verwechseln mit dem EuGH in Luxemburg, der das oberste rechtsprechende Organ der EU ist.
Baerbock sagte vor dem Hintergrund des Attentats auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico in ihrer Rede auch: "Wir werden als Demokratinnen und Demokraten Europas unsere europäische Demokratie verteidigen." Immer wieder sehe man, "wie Hass in Gewalt umschlägt und wie sie jeden treffen kann", sagte Baerbock in Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit.
Kritik an Regierung in Georgien
Mehrere Redner im Bundestag kritisierten das vom georgischen Parlament verabschiedete Gesetz zur Einschränkung des ausländischen Einflusses auf die Zivilgesellschaft. Das Parlament wird von der Russland-freundlichen Partei Georgischer Traum dominiert. Das Land am Schwarzen Meer hat den Status eines EU-Beitrittskandidaten. "Dieses Gesetz verbaut Georgien nicht nur den Weg in die Europäische Union, es widerspricht auch allen Werten des Europarates", sagte Johann Wadephul von der CDU. Er forderte die Regierung in Tiflis auf, das Gesetz wieder abzuschaffen. "Es passt nicht zu Europa." Der FDP-Abgeordnete Michael Georg Link sagte zu Georgien: "So kommt Ihr nicht näher heran an die europäischen Strukturen."
Der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe drückte sein Bedauern darüber aus, dass der Europarat weitgehend unbekannt sei. "Es ist die tollste und größte und beste Menschenrechtsorganisation und Organisation für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa", sagte Schwabe. Man müsse diese errungenen Werte "mit Zähnen und Klauen verteidigen".
AfD-Abgeordnete sorgt für Empörung
Für eine Kontroverse im Plenarsaal sorgte Nicole Höchst von der AfD, die von "Geldflüssen" und dem Einfluss "reicher Interessengemeinschaften" auch auf den Europarat sprach. Julian Pahlke von den Grünen hielt ihr entgegen: "Der einzige Abgeordnete aus der deutschen Delegation zum Europarat, der keine Interessenserklärung vorgelegt hat, ist Petr Bystron - weil er verschweigen möchte, woher er Spenden bekommt, woher er Geldgeschenke bekommt, weil die AfD verheimlichen möchte, von wem sie sich schmieren lässt."
Gegen Bystron hat die Generalstaatsanwaltschaft München Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Geldwäsche eingeleitet. Das wurde zeitgleich mit der Debatte im Bundestag bekannt.