EU-Ratspräsident Michel zieht Kandidatur für Europawahl zurück
Mit seiner Ankündigung, bei der Europawahl antreten zu wollen, hatte EU-Ratspräsident Michel für Kritik gesorgt. Denn sein Amt hätte er dann früher als geplant aufgegeben. Nun ruderte Michel zurück.
EU-Ratspräsident Charles Michel hat seine Kandidatur für die anstehende Europawahl zurückgezogen. Er wolle nicht, dass seine Kandidatur das europäische Projekt untergrabe oder in irgendeiner Weise missbraucht werde, um den Europäischen Rat zu spalten, schrieb der Spitzenpolitiker auf Facebook als Begründung. Er begrüße politische Kritik und jedes legitime Argument. Aber persönliche Angriffe überlagerten zunehmend sachliche Argumente.
Anfang des Monats hatte Michel angekündigt, bei der Europawahl die Liste der liberalen belgischen Partei Mouvement Reformateur (MR) anführen zu wollen. Im Falle seiner Wahl werde er sein Amt des Ratspräsidenten abgeben, hatte es geheißen. Nach den Wahlen könnten die EU-Staats- und Regierungschefs dann über eine Nachfolge für den Posten des Ratspräsidenten beraten, sagte der Belgier damals.
Ratspräsidentschaft bis zum 30. November
Die Ankündigung hatte in Brüssel für Aufsehen gesorgt - vor allem, weil Ungarn im Juli turnusmäßig den zwischen den Mitgliedsländern rotierenden Vorsitz im EU-Ministerrat übernimmt. Hätte es bis dahin keinen Nachfolger für Michel als Präsident des Europäischen Rats - des Gremiums der Staats- und Regierungschefs - gegeben, hätte die Sitzungsleitung zunächst bei dessen Regierungschef Viktor Orban gelegen. Orban ist seit Jahren für seinen europakritischen Kurs bekannt.
Aufgabe des EU-Ratspräsidenten ist es, die Zusammenarbeit und die Gipfeltreffen der EU-Länder zu koordinieren. Michel hatte den Posten im Dezember 2019 übernommen. Nach seiner Wiederwahl 2022 endet seine zweite Amtszeit regulär am 30. November dieses Jahres. Die Europawahl findet Anfang Juni statt.