Umstrittener Asylpakt mit Ruanda Neue Schlappe für Sunak
Im Streit mit dem Unterhaus haben die Abgeordneten des britischen Oberhauses die geplanten Abschiebungen von Flüchtlingen nach Ruanda vorerst ausgebremst. Für Premier Sunak ist das eine weitere Schlappe.
Es ist eine massive Niederlage. Sieben Änderungsanträge haben die Abgeordneten des Oberhauses auf den Weg gebracht. Sie wollten der Gesetzgebung, die Abschiebungen von Flüchtlingen nach Ruanda ermöglichen soll, nicht einfach so zustimmen.
Die Auseinandersetzung, die zwischen den beiden Parlamentskammern ausgefochten wird, ist handfester, als Premier Rishi Sunak angenommen hat. Der Widerstand ist getragen von Labour-Politikern und sogenannten "Crossbenchern", die keiner Fraktion zuzuordnen sind, reicht aber auch hinein bis in den Kreis der Tories. Lord Deben bemühte eine Ikone der Konservativen, die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher, um zu argumentieren, sie hätte so etwas nie vorgelegt, sie habe sich internationalem Recht verpflichtet gefühlt.
Doch Premier Rishi Sunak will es eigentlich einfacher haben und Ruanda kurzum als sicheren Drittstaat definieren, auch wenn das oberste britische Gericht zu dem Schluss kam, dass dies eben überhaupt nicht der Fall ist.
Konservative wollen im Wahljahr punkten
Nun wird es also komplizierter für Rishi Sunak und das definierte Ziel der Regierung: "Stop the boats" - "Stoppt die Boote". Die Abgeordneten des rechten Flügels der Konservativen jammern, dass die Regierung es nicht hinbekommt. Sie wollen im Wahljahr ein Versprechen einlösen, dass die Regierung die Migration in den Griff bekommt, die Überfahrt von Flüchtlingen über den Ärmelkanal eindämmt. Und die Abschiebungen nach Ruanda sollen abschreckend wirken. "Sollen", denn ob das wirklich so sein wird, das kann niemand sicher vorhersagen.
Die Opposition macht sich längst lustig über das Hin und Her, die qualvollen Drehungen und Wendungen, die die Regierung unternimmt, um dieses "Gimmick" - einen "Werbegag", so nennt es Labour-Chef Keir Starmer - irgendwie noch hinzukriegen. "Wie hat der Premier es hinbekommen, 700 Millionen Euro Steuergeld für ein Gimmick auszugeben, um 300 Personen abschieben zu können?", fragte Starmer in der Fragestunde des Parlaments gestern rhetorisch. Die Kosten seien völlig aus dem Ruder gelaufen, wirft die Opposition der Regierung vor.
Ruanda-Politik behebt Problem nicht
In einem anschaulichen Bild fasste das der Labour-Abgeordnete Neil Coyle Anfang der Woche im Unterhaus zusammen: Die Firma Virgin Galactic würde sechs Personen ins Weltall schießen für den Preis, den die Regierung zahlt, um einen Flüchtling nach Ruanda zu bringen.
Im Jahr 2022 kamen knapp 46.000 Flüchtlinge über den Ärmelkanal nach England, 2023 nur noch knapp 30.000. Das sind im internationalen Vergleich geringe Zahlen, die bei einem funktionierenden Asylsystem keine Sorgen bereiten sollten. Doch in Großbritannien gibt es zu wenig Sachbearbeiter, die Verfahren ziehen sich hin, die Unterbringung verschlingt Geld, die Rückführungen bei Ablehnung sind zäh. Es ist ein Problem, das durch die Ruanda-Politik nicht behoben wird.