Rede vor EU-Parlament Nawalnaja ruft zum Kampf gegen Putin auf
Die Witwe des verstorbenen Kremlkritikers Nawalny hat Russlands Machthaber Putin erneut schwere Vorwürfe gemacht. In einer Rede von dem EU-Parlament rief sie dazu auf, weiter gegen das "Monster" vorzugehen.
Julia Nawalnaja tritt in einem schwarzen Kleid mit großem weißen Kragen vor das Plenum. Sie kämpft mehrmals während ihrer kurzen Rede mit den Tränen: als sie daran erinnert, wie sie mit ihrem Mann und den zwei Kindern Straßburg besuchte, als sie seinen Mut und Erfindungsreichtum würdigt im Kampf gegen das russische Regime. Sie betont: "Seine öffentliche Ermordung hat allen noch einmal gezeigt, dass Putin zu allem fähig ist und dass man mit ihm nicht verhandeln kann."
Alexej Nawalny starb am 16. Februar in einem Straflager. Am Freitag soll er beigesetzt werden. Seine Witwe äußert sich besorgt, dass es bei den Trauerfeierlichkeiten in Moskau zu Festnahmen kommen könnte. Nawalny sei in seiner kleinen Zelle gequält und von der Außenwelt abgeschnitten worden, sagt seine Frau: keine Telefonanrufe, keine Briefe.
Dafür macht sie den Kreml-Chef direkt verantwortlich: "Sie haben es nicht mit einem Politiker zu tun, sondern mit einem blutrünstigen Monster. Putin ist der Anführer einer organisierten kriminellen Bande."
Finanzströme ins Visier nehmen
Um gegen den russischen Präsidenten anzukommen, müsse man einfallsreich sein, erklärt die Witwe. Noch mehr Resolutionen oder Sanktionen, diplomatische Bemühungen - das alles hilft ihrer Ansicht nach nicht. Sie fordert die EU stattdessen auf, Putins Umfeld ins Visier zu nehmen, seine Freunde und Finanziers, die Finanzströme zu untersuchen und Ermittlungen gegen Anwaltskanzleien anzustrengen, die Putin und seinen Freunden helfen, Geld zu verstecken.
Die EU müsse mit Millionen von Russen zusammenarbeiten, die gegen Putin stünden, fordert Nawalnaja und kündigt an, die Arbeit ihres in Haft gestorbenen Mannes fortsetzen zu wollen. "Ich werde mein Bestes tun, um seinen Traum zu verwirklichen. Das Böse wird scheitern und die wunderbare Zukunft wird kommen."
Parlamentarier bewegt
Die Rede bewegt viele Abgeordnete im Europäischen Parlament sichtlich. Sie stehen auf und spenden minutenlangen Applaus. EVP-Fraktionschef Manfred Weber erklärt an sie gerichtet: "Wir bewundern Ihren Mut. Sie halten die Hoffnung auf ein freies und demokratisches Russland am Leben."
Grünen-Fraktionschefin Terry Reintke mahnt in der Aussprache, nie zu vergessen, welchen Preis politische Gefangene in Russland, Belarus und anderswo zahlten: "Wenn sie stark genug sind, um zu kämpfen und diesen Preis zu zahlen, können wir nicht schweigen. Wenn sie weitermachen, müssen wir alles tun, was möglich ist, um sie zu unterstützen."
Nach den Worten von Präsidentin Roberta Metsola verurteilt das EU-Parlament die Tötung von Nawalny vor zwölf Tagen aufs Schärfste. Die Hoffnung, die er verkörperte, bleibe so lebendig wie zuvor, erklärte Metsola.