Nach Präsidentenwahl Rumäniens oberstes Gericht verlangt Neuauszählung
Das rumänische Verfassungsgericht hat eine Neuauszählung aller Stimmen der Präsidentenwahl angeordnet. Die ersten Runde hatte der Rechtsradikale Georgescu überraschend gewonnen. Ihm wird illegale Wahlkampf-Finanzierung vorgeworfen.
Rumäniens Verfassungsgericht hat die Neuauszählung aller Stimmzettel verfügt, die in der ersten Runde der Präsidentenwahl am vergangenen Sonntag abgegeben wurden. Die einstimmige Entscheidung sei endgültig, erklärte das Gericht. Ein konkreter Grund für die Neuauszählung wurde bisher nicht genannt.
Bei der ersten Runde der Präsidentenwahl, die der prorussische Rechtsradikale Calin Georgescu überraschend gewonnen hatte, waren insgesamt 9,4 Millionen Stimmen abgegeben worden. Beobachter bezweifeln, dass diese bis Freitag neu ausgezählt werden können. Dann nämlich will das Verfassungsgericht bereits entscheiden, ob das Wahlergebnis annulliert wird und die Wahl wiederholt werden muss.
Stich- und Parlamentswahl im Dezember
Georgescu war in der ersten Runde mit 22,94 Prozent der Stimmen auf Platz eins gekommen, gefolgt von der konservativ-liberalen Politikerin Elena Lasconi mit 19,17 Prozent. Der pro-westliche Amtsinhaber Marcel Ciolacu, der als Favorit galt, landete mit nur 19,15 Prozent auf dem dritten Platz.
Die entscheidende Stichwahl zwischen den Georgescu und Lasconi ist für den 8. Dezember geplant - eine Woche nach der Parlamentswahl.
Zwei in der ersten Runde unterlegene Kandidaten hatten die Annullierung der Wahl beantragt mit der Begründung, dass Georgescu die Finanzquellen für seinen Wahlkampf nicht offengelegt und zudem Geld aus dem Ausland erhalten zu haben. Beide Tatbestände würden gegen rumänische Gesetze verstoßen.
Georgescu verweist auf "null" Finanzmittel
Georgescu hatte der zentralen Wahlbehörde hingegen erklärt, er habe seine Kampagne mit "null" Finanzmitteln betrieben. Er hatte vor allem auf der Internet-Plattform TikTok für sich geworben.
Zahlreiche Experten wiesen allerdings darauf hin, dass eine solche Online-Kampagne nicht ohne beträchtliche Finanzmittel möglich sei. Mehrere rumänische Influencer erklärten, dass sie für Werbung für Georgescu bezahlt worden seien.
Georgescu hatte mit ultrarechten Parolen für Aufsehen gesorgt. Vor der Wahl hatte er eine Kampagne auf TikTok gestartet, in der er ultimativ ein Ende der Hilfe für die Ukraine forderte. Außerdem äußerte er sich skeptisch zur NATO-Mitgliedschaft Rumäniens.
Das Nato-Mitgliedsland Rumänien hat insbesondere angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine große strategische Bedeutung: Rumänien teilt eine 650 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine, die rumänische Schwarzmeerküste reicht bis 150 Kilometer an die ukrainische Großstadt Odessa heran. 5000 NATO-Soldaten sind in Rumänien stationiert.
Mit Informationen von Silke Hahne, ARD-Studio Wien