Botschafter einbestellt Verstimmung zwischen Warschau und Kiew
Im Streit um Äußerungen eines polnischen Staatssekretärs haben die Ukraine und Polen gegenseitig ihre Botschafter einbestellt. Die Verstimmung auf beiden Seiten ist groß. Der ukrainische Präsident Selenskyj wirbt um Versöhnung.
Die Verstimmung zwischen Polen und der Ukraine mit der gegenseitigen Einbestellung der Botschafter hält an. Die Ukraine müsse sich im Klaren sein, dass es für Polen deutlich schwieriger werde, die Unterstützung fortzusetzen, wenn es zu "solchen Streitigkeiten" komme, sagte Radoslaw Fogiel, Vorsitzender des Außenausschusses im polnischen Parlament, der Agentur PAP zufolge.
Das Außenministerium in Kiew hatte gestern den polnischen Botschafter einbestellt - aus Ärger über Äußerungen des polnischen Staatssekretärs Marcin Przydacz. Dieser hatte die Importbeschränkungen für ukrainische Agrarprodukte am Montag verteidigt - und in diesem Zusammenhang mehr Dankbarkeit von Kiew gefordert. "Die Ukraine sollte damit beginnen, das zu schätzen, was Polen für sie getan hat", sagte er.
Die Ukraine erklärte, die Äußerungen über die "angebliche Undankbarkeit der Ukrainer" entsprächen nicht der Realität und seien "inakzeptabel".
Streit um Einfuhrstopp von Getreide
Das wiederum sorgte in Warschau für Verärgerung. Polen, sonst ein entschlossener Unterstützer der Ukraine, lud den ukrainischen Botschafter vor. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki teilte mit: "In der internationalen Politik darf es unter Kriegsbedingungen und unter Berücksichtigung der riesigen Unterstützung Polens für die Ukraine nicht zu solchen Fehlern kommen."
Hintergrund ist der Einfuhrstopp von ukrainischem Getreide nach Polen. Er soll dafür sorgen, die Getreide-Preise in dem EU-Land für die eigenen Landwirte stabil zu halten. Unberührt von dem Importstopp ist allerdings der Transit ukrainischer Agrarprodukte in Drittländer.
Selenskyj fordert "Abkühlen der Emotionen"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schlug hingegen versöhnlichere Töne an. "Wir werden nicht zulassen, dass irgendwelche politischen Momentaufnahmen die Beziehungen zwischen dem ukrainischen und dem polnischen Volk zerstören", schrieb er auf Twitter. Und: "Die Emotionen sollten auf jeden Fall abkühlen." Freiheit und Wohlergehen beider Länder sowie das Zusammenhalten gegen Russlands Krieg stünden an erster Stelle.
Auch Fogiel sah das gute Verhältnis nicht grundsätzlich gestört. Es gebe aber "schon seit längerem kleinere Turbulenzen", die er auf innerukrainische Probleme zurückführte. "Wir werden der Ukraine helfen, weil es in unserem Interesse liegt", sagte der Vertreter der nationalkonservativen Regierungspartei PiS.
"Aber gleichzeitig können wir nicht zulassen, dass Polen aufgrund der Ereignisse übermäßige Belastungen trägt. Wir erwarten von unseren ukrainischen Partnern, dass sie dies verstehen." Eine PiS-Regierung werde aber immer zur Ukraine stehen - anders als etwa die Regierung in Ungarn, sagte Fogiel.