Corona-Krise Frankreich geht in den Lockdown
Auch Frankreich verschärft den Kampf gegen Corona. Neue drastische Maßnahmen sollen bereits ab Freitag gelten. Präsident Macron warnte die Franzosen vor einer tödlicheren zweiten Welle.
Mit Ausgangsbeschränkungen im ganzen Land verschärft Frankreich seinen Kampf gegen die zweite Welle der Corona-Pandemie. Die Beschränkungen sollten von Freitag an gelten, kündigte Staatschef Emmanuel Macron in einer Fernsehansprache an. Der 42-Jährige machte deutlich, dass die Beschränkungen weniger streng seien als im Frühjahr, als das öffentliche Leben des Landes weitgehend lahmgelegt wurde.
Beschränkungen bis Dezember
Allgemein müssen die Menschen zu Hause bleiben, außer um notwendige Einkäufe zu tätigen oder zum Arzt zu gehen. Wenn irgendwie möglich, soll auch von zu Hause gearbeitet werden. Im Gegensatz zum Lockdown im März sollen dieses Mal die meisten Schulen offen bleiben. Bars und Restaurants müssen jedoch schließen. Die Maßnahmen sind zunächst bis zum 1. Dezember befristet.
"Bleiben Sie so weit wie möglich zu Hause", appellierte Macron an seine Landsleute. "Das Virus breitet sich mit einer Geschwindigkeit aus, die nicht einmal die pessimistischsten Prognosen vorhergesagt haben." Frankreich befinde sich dabei in derselben Situation wie die Nachbarländer: "Überrannt von einer zweiten Welle, von der wir wissen, dass sie härter, tödlicher sein wird als die erste", so Macron.
"Die zweite Welle ist da"
Die neuen Einschränkungen treffen die etwa 67 Millionen Franzosen nicht unerwartet. Regierungssprecher Gabriel Attal hatte bereits vor der Rede des Staatschefs eine "neue Etappe" in Aussicht gestellt. "Die zweite Welle ist da", sagte der Sprecher nach einer Kabinettssitzung. Es müsse alles getan werden, um nicht von dieser Welle überrollt zu werden. Der Staatschef habe in der Kabinettssitzung von einer massiven, allgemeinen und weitgehend unerwarteten Verschlechterung in Europa gesprochen. Macron beriet zudem zwei Mal innerhalb von zwei Tagen in einem nationalen Sicherheitsrat über die Corona-Lage.
Macron hatte sich erst vor zwei Wochen an die Bürger gewandt. Er kündigte damals nächtliche Ausgangssperren für Paris und weitere Ballungsräume an. Später dehnte die Regierung von Premierminister Jean Castex die Beschränkungen auf 54 Départements und das Überseegebiet Französisch-Polynesien aus. Bisher gilt eine nächtliche Ausgangssperre somit für rund zwei Drittel der Einwohner, also für etwa 46 Millionen Menschen.
Ein Café in Marseille während der Ansprache des französischen Präsidenten. Die neuen Einschränkungen waren erwartet worden.
Die Todesfälle im Land steigen
Die Corona-Lage verschlechtert sich in dem Land seit Wochen dramatisch. Zuletzt hatte Frankreich einen Höchststand von täglich mehr als 50.000 Neuinfektionen verzeichnet. Die Anzahl der mit dem Coronavirus in Verbindung gebrachten Todesfälle stieg deutlich: Am Dienstagabend meldeten die Behörden 523 neue Opfer. Damit wurde wieder das hohe Niveau vom April erreicht. Die Gesamtzahl der Toten liegt nun bei über 35.500.
Sprecher Attal sagte, auf den Intensivstationen der Krankenhäuser drohe in zwei Wochen eine ähnliche Lage wie beim Höhepunkt der ersten Epidemie-Welle im Frühjahr. Damals zählten die Ausgangsbeschränkungen in Frankreich zu den strengsten in Europa, Schulen waren geschlossen. Bürger mussten damals Bescheinigungen vorweisen, wenn sie auf der Straße kontrolliert wurden.
Wachsende Befürchtungen
Im Land gibt es Befürchtungen, dass Branchen mit Publikumsverkehr bei einem Lockdown zunehmend bedroht werden. "In der Hotellerie, der Gastronomie, der Kultur, im Tourismus und anderswo werden viele, die bisher so gut sie können durchhalten, nicht mehr die Kraft haben, eine solche Herausforderung ein zweites Mal durchzustehen", warnte die konservative Zeitung "Le Figaro".
Aus der Opposition kam Kritik am Krisenmanagement der Regierung. Er habe den Eindruck einer "ständigen Improvisation", schrieb der einflussreiche konservative Abgeordnete Éric Ciotti auf Twitter.