Anschlag in Malta Mord an Galizia - ein Fall für die EU
Die EU traut den Behörden auf Malta offenbar nicht und hat deshalb internationale Fahnder für die Ermittlungen des tödlichen Anschlags auf die Journalistin Galizia angefordert. Und auch wenn Maltas Premier Muscat Aufklärung versprochen hat - er steht enorm unter Druck.
Dass er dem Thema auch beim EU-Gipfel nicht entkommen würde, wusste Maltas Premierminister Joseph Muscat vermutlich: Der Mord an der regierungskritischen Bloggerin Daphne Caruana Galizia hat schließlich in ganz Europa für Schlagzeilen gesorgt. Maltas Image habe "Schaden genommen" durch die Tat, räumte Muscat in Brüssel ein. Zumal Galizia Korruption und Finanzkriminalität bis in die obersten Etagen der politischen Macht auf Malta nachweisen konnte.
Musste in Brüssel einräumen, dass Maltas Image durch die Tat Schaden genommen hat.
So entdeckte sie die Verbindung von Muscats Ehefrau zu einer Briefkastenfirma im Steuerparadies Panama - was die "Panama Papers" später bestätigten. "Sie war offensichtlich eine lautstarke Kritikerin von mir, aber auch eine lautstarke Kritikerin der Opposition. Wir werden nichts unversucht lassen, um der Sache auf den Grund zu gehen", so Muscat.
Jetzt helfen niederländische Forensikexperten bei der Untersuchung des Autowracks, auch das US-amerikanische FBI und Scotland Yard unterstützen die maltesischen Ermittler.
Zweifel an maltesischen Behörden
EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani schien all das allerdings nicht sonderlich zu beeindrucken. Er trat beim EU-Gipfel vor die Regierungschefs mit einer klaren Botschaft: "Ich habe internationale Ermittler angefordert, um diesen schwerwiegenden, für die EU unerhörten Fall aufzuklären." Denn besonders groß ist Tajanis Vertrauen in die maltesischen Behörden offenbar nicht. "Möglicherweise gibt es hier Seilschaften, Interessen, eingeweihte Personen, die in Malta aktiv waren."
Wie gravierend der ehemalige Journalist Tajani den Fall von Daphne Galizia einschätzt, macht der Italiener mit einem Beispiel deutlich: Einem Journalistenmord der Camorra, Neapels Mafia, vor vielen Jahren. Ob mafiöse Strukturen auch für den Tod von Galizia auf Malta verantwortlich waren, ließ Tajani offen. "Wir müssen die Freiheit der Presse in Europa schützen, wir müssen das Vorbild dafür sein, dass Journalisten frei recherchieren und publizieren können." Sonst, so Tajani, verwirke die EU das Recht, die Unfreiheit der Medien anderswo, zum Beispiel in Russland oder der Türkei, anzuprangern.
Tajani schließt Seilschaften in maltesischen Behörden nicht aus.
Galizias Sohn fordert Muscats Rücktritt
Einer der Söhne von Daphne Caruana Galizia, Matthew, hat inzwischen schon den Rücktritt von Muscat gefordert: Der Premierminister habe seine Mutter nicht ausreichend schützen lassen, obwohl bekannt gewesen sei, dass sie Drohungen erhielt.
Die 53-jährige Galizia war am Montag durch eine Autobombe auf Malta getötet worden.
Muscat erklärte in Brüssel, er werde die Worte eines trauernden Sohnes nicht kommentieren und sagte: "Wenn meine Mutter von einer Autobombe abgeschlachtet worden wäre, hätte ich wohl noch Schlimmeres gesagt."
Das EU-Parlament will die Sache nicht ruhen lassen: Schon kommende Woche, bei der Sitzung in Straßburg, soll die Ermordung von Daphne Caruana Galizia im Plenum besprochen werden. Als Gäste eingeladen: Die Angehörigen der getöteten Journalistin.