Weltbevölkerung Acht-Milliarden-Marke wird geknackt
Für die erste Milliarde brauchte die Menschheit Hunderttausende Jahre. Dann ging es immer schneller. Wohl ab morgen leben acht Milliarden Menschen auf der Erde. Ein Ende des Wachstums ist vorerst nicht in Sicht.
Die Zahl der Menschen auf der Welt übersteigt nach UN-Berechnungen in etwa morgen die Schwelle von acht Milliarden. Das sind mehr als dreimal so viele wie noch 1950.
"Dieses beispiellose Wachstum liegt am allmählichem Anstieg der Lebenserwartung in Folge von Verbesserungen im Gesundheitswesen, der Ernährung, der persönlichen Hygiene und in der Medizin. Es ist auch das Ergebnis von hohen und beständigen Geburtenraten in einigen Ländern", teilten die Vereinten Nationen kürzlich mit.
Da es unmöglich ist, den Überblick über hunderttausende Geburten und Todesfälle pro Tag zu behalten, haben die UN die Monatsmitte für den Menschheits-Meilenstein ausgewählt.
Das Wachstum der Weltbevölkerung hat sich allerdings deutlich verlangsamt. Wuchs sie zwischen 1962 und 1965 noch um jährlich 2,1 Prozent, fiel das Wachstum im Jahr 2000 auf unter ein Prozent. Wegen der sinkenden Geburtenrate könnte die Wachstumsquote nach UN-Schätzungen bis 2050 auf etwa 0,5 Prozent fallen.
Experten uneins über Höhepunkt des Wachstums
Ein Ende des stetigen Wachstums ist nicht in Sicht. Die UN schätzen, dass im Jahr 2037 neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Einen Höhepunkt erreicht die Welt wohl um 2080 herum, mit dann laut UN-Prognosen rund 10,4 Milliarden Menschen auf der Erde.
Andere Experten errechnen abweichende Zahlen. So sagte das US-Institut für Gesundheitsmessung und -auswertung in einer vor zwei Jahren veröffentlichten Studie voraus, dass der Scheitelpunkt bis zum Jahr 2064 erreicht und unter zehn Milliarden liegen werde. Grund sind andere Annahmen zur Geburtenrate.
Weniger Geburten, steigende Lebenserwartung
2021 bekam jede Frau nach Angaben der UN im Laufe ihres Lebens statistisch gesehen 2,3 Kinder. Bis 2050 dürfte die Rate demnach auf 2,1 fallen. Ein weiterer Faktor ist die durchschnittliche Lebenserwartung. Diese steigt stetig an. Bis 2050 erwarten die UN eine durchschnittliche Lebenserwartung von 77,2 Jahren.
Dies führt in Kombination mit der sinkenden Geburtenrate dazu, dass der Anteil der Menschen über 65 Jahren an der Gesamtbevölkerung von derzeit zehn Prozent bis zum Jahr 2050 auf 16 Prozent steigen wird.
Dadurch steigt auch die Belastung der staatlichen Rentensysteme, der Bedarf an Altenpflege wächst, gleichzeitig stehen weniger junge Arbeitskräfte zur Verfügung. UN-Expertin Rachel Snow berichtet von einer wachsenden Zahl von Anfragen beim UN-Bevölkerungsfonds zu der Frage, wie Staaten ihr Bevölkerungswachstum ankurbeln können.
Große regionale Unterschiede
Zwischen den Weltregionen klaffen große Unterschiede in der Bevölkerungsentwicklung. Bis 2050 entfällt mehr als die Hälfte des Bevölkerungswachstums laut UN allein auf die acht Staaten Indien, Nigeria, Ägypten, Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Pakistan, Philippinen und Tansania.
Auch der Altersdurchschnitt in verschiedenen Regionen ist groß wie nie: Derzeit liegt er in Europa bei 41,7 Jahren, in afrikanischen Staaten südlich der Sahara dagegen bei 17,6 Jahren.
Die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Welt, China und Indien, werden nach Prognosen der UN voraussichtlich schon im nächsten Jahr die Plätze auf dem Podium tauschen. Indiens Gesamtbevölkerung wird demnach 2023 auf rund 1,4 Milliarden und bis 2050 auf 1,7 Milliarden anwachsen. Die chinesische Bevölkerung wird dagegen laut Prognose bis 2050 auf 1,3 Milliarden zurückgehen.
Ein Grund zu feiern oder Anlass zu Sorge?
Für die Chefin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, Natalia Kanem, beinhaltet die aktuelle Zahl viel Positives. Schließlich spiegele sie einen fundamentalen Sprung wider: "Acht Milliarden Menschen, das ist ein bedeutsamer Meilenstein für die Menschheit. Und es ist die Kombination aus längerer Lebenserwartung, weniger Mütter- und Kindersterblichkeit und immer effektiveren Gesundheitssystemen", sagte Kanem neulich bei einem UN-Expertengespräch.
Dass viele Menschen Sorge vor Überbevölkerung haben, ist Kanem zufolge unbegründet: "Ich bin hier, um klar zu sagen, dass die schiere Zahl der Menschenleben kein Grund zur Angst ist." Nach Einschätzung der UN gibt es durchaus ausreichend Ressourcen - es komme auf die richtige und gerechte Verteilung an.
Frank Swiaczny vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung fügt mit Blick auf die Erderhitzung hinzu: "Mehr Menschen bedeuten dabei nicht zwangsläufig auch einen größeren ökologischen Fußabdruck." Fast die Hälfte der globalen CO2-Emissionen würden von den zehn Prozent der Weltbevölkerung mit dem höchsten Einkommen verursacht, während der Beitrag der ärmsten Hälfte zu vernachlässigen sei.