Wahl in Indien Was haben fünf Jahre Modi gebracht?
In Indien starten die Wahlen für das Parlament. Premierminister Modi hat gute Chancen auf eine zweite Amtszeit. Seine bisherige Bilanz als Regierungschef fällt jedoch gemischt aus.
Mit großen Versprechen hatte Narendra Modi mit seiner hindu-nationalistischen Partei BJP die Wahlen vor fünf Jahren gewonnen. Und tatsächlich steht die Wirtschaft ganz gut da - mit Wachstumsraten von mehr als sieben Prozent, nicht zuletzt wegen der erfolgreichen Einführung einer einheitlichen Mehrwertsteuer.
Doch viele Erwartungen wurden nicht erfüllt. Bei Regionalwahlen Ende vergangenen Jahres verlor die BJP in zwei großen Bundesstaaten ihre Mehrheit.
Dabei war Modi mit viel Elan in seine Regierungszeit gestartet und hatte einige Veränderungen in die Wege geleitet, darunter kostenlose Bankkonten für die Ärmsten der Armen, Versicherungen für Landwirte und seine Kampagne für ein sauberes Indien, die immerhin dafür gesorgt hat, dass inzwischen 96 Prozent auf dem Land einen Zugang zu einer Toilette haben - so die Zahlen des Ministeriums für Wasser und Hygiene.
Probleme in der Landwirtschaft
Einer wichtigen Branche, der Landwirtschaft, gehe es jedoch schlecht, klagt der Wirtschaftsanalyst Dharamkirti Kumar Joshi aus Mumbai. Dabei lebe immerhin mehr als die Hälfte der Bevölkerung direkt oder indirekt von der Landwirtschaft. Die Regierung hätte mehr Reformen durchsetzen müssen, meint er.
Zwar habe sie versucht, einige Verbesserungen für die Vermarktung von Agrarprodukten in die Wege zu leiten, aber für die Bauern habe das nicht viel bewirkt. "Insgesamt wurde zwar einiges für die Infrastruktur getan, der Bau neuer Straßen beispielsweise, aber bei der Energieversorgung gibt es noch viele Schwächen."
Zu wenige Arbeitsplätze
Auch Modis Versprechen, für mehr Jobs zu sorgen, wurde nicht erfüllt. Arbeitsplätze waren deshalb das zentrale Thema im Wahlkampf. Während einfache Arbeiter im sogenannten informellen Sektor noch Gelegenheitsjobs bekommen können, finden gerade junge Hochschulabsolventen offenbar keine adäquate Beschäftigung.
So wie der 30-jährige Familienvater Sunil Dev, der seit mehr als einem Jahr, trotz Bachelor-Abschluss, keinen Job findet: "Es gibt einfach keine Arbeit. Die Regierung tut auch nichts für mehr Jobs. Sie verspricht nur immer bessere Zeiten. Darüber kann ich nur lachen. Sie haben 20 Millionen Jobs pro Jahr versprochen, aber das Gegenteil ist der Fall. Jedes Jahr gehen 15 Millionen Jobs verloren."
Indische Beamte mit Wahlmaterialien überqueren eine Bambusbrücke. Beinahe sechs Wochen soll die Wahl dauern.
Spaltung der Gesellschaft
Ein besonderer Schatten liegt auf der Bilanz der Regierung Modi: In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Spaltung der Gesellschaft verstärkt. Der Hinduismus wird von der hindu-nationalistischen Regierungspartei BJP als das vorherrschende Merkmal der Gesellschaft propagiert. Andere religiöse Gruppen, wie zum Beispiel die über 170 Millionen Muslime in Indien, werden marginalisiert und diskriminiert.
Die Historikerin Romila Thapar blickt deshalb mit Sorge auf die nächste Amtszeit von Modi, der den Umfragen zufolge die Wahl wieder gewinnen dürfte: "Eine Gesellschaft, die als Identität nur eine Religion definiert, kann nicht funktionieren." Gerade für Indien müsse man alle Religionen und Kulturen einschließen. Die Idee einer monolithischen Religion habe es in Indien nie gegeben, so Thapar.
Das Prinzip der Debatte zwischen verschieden Standpunkten war immer Bestandteil unserer Kultur. Und das wird verschwinden, denn es wird keine Debatte mehr geben.
Beziehung zu USA und China gestärkt
Im Bereich der Außenpolitik fällt Modis Bilanz gemischt aus. 35 Auslandsreisen in mehr als 50 Länder hat der indische Regierungschef in den vergangenen fünf Jahren unternommen und damit Indien als Global Player ins Spiel gebracht. Er hat die Beziehungen mit den USA und China gestärkt.
Nicht gelungen ist ihm, die jahrzehntelangen angespannten Beziehungen mit dem Erzfeind Pakistan zu verbessern. Gerade in den vergangenen Monaten war es zu einer ernsthaften militärischen Konfrontation gekommen, die die beiden verfeindeten Atommächte an den Rand eines Krieges gebracht haben.