New Yorker Gefängnis Rikers Island Zwangsverwaltung fürs Skandalgefängnis?
Die Zustände in Rikers Island geraten immer stärker in die Kritik: fehlende Kontrolle und fehlende Versorgung. Nun könnte die New Yorker Gefängnisinsel unter Zwangsverwaltung gestellt werden.
Unbewachte Zellentrakte, in denen Gangs die Macht übernommen haben. Gefangene, die keine medizinische Versorgung, manchmal nicht einmal Essen bekommen. Schlägereien, Messerstechereien, Selbstmorde, Drogen. Und 22 tote Häftlinge seit Anfang des vergangenen Jahres.
"Mein Sohn war erst 24 Jahre alt. Er ist an Meningitis gestorben, weil er nicht behandelt wurde. Jemand muss doch was tun! Wie viele Mütter wie mich muss es denn noch geben?", fragt diese Frau. Und die Bundesstaatsanwaltschaft fragt sich inzwischen, ob die Stadt überhaupt noch in der Lage ist, die Kontrolle über den berüchtigten New Yorker Riesenknast zurückzugewinnen.
Eine Richterin soll jetzt darüber entscheiden, ob Rikers Island unter Zwangsverwaltung der Bundesbehörden gestellt wird.
Richterin soll über Zwangsverwaltung entscheiden
Er werde nicht kapitulieren, sagt der neue New Yorker Bürgermeister Eric Adams gewohnt selbstbewusst. Rikers sei ein Problem. Aber die beste Antwort darauf sei: Molina und Adams. Womit der Bürgermeister sich selbst und seinen langjährigen Freund Louis Molina meint, den er zu Beginn seiner Amtszeit zum Chef des städtischen Gefängnissystems gemacht hat. Richterin Laura Swain ist von diesem Team nicht wirklich überzeugt und verlangt neue Pläne.
Am Ende werde die Richterin der Stadt die Zuständigkeit wohl entziehen, sagt Molinas Vorgänger Vincent Schiraldi: "Nicht, weil die beiden unfähig wären. Als ich noch im Amt war, habe ich ja selbst dafür plädiert - und ich halte mich auch nicht für unfähig". Die Politiker hätten Angst, das könne ein schlechtes Licht auf sie werfen. Doch Schiraldi betont:
Es steht mehr auf dem Spiel als eine politische Niederlage. Es geht um Menschenleben. Wenn ich mich frage, was ich wollen würde, wenn mein Kind dort eingesperrt wäre, dann wäre ich absolut dafür, dass die Bundesbehörden die Verwaltung übernehmen.
Tausende Beamte melden sich krank
Vor allem während der Corona-Pandemie hatten sich die Zustände in dem Gefängniskomplex auf einer Insel im East River dramatisch verschlechtert. Zwischenzeitlich meldete sich ein Drittel der 7500 Beamten dauerhaft krank - bei vollen Bezügen. Die mächtige Gewerkschaft verhindert, dass externe Mitarbeiter eingestellt werden.
Wer überhaupt noch zur Arbeit kommt, muss zum Teil 24-Stunden-Schichten schieben. Die Beamten haben die Kontrolle über ganze Gefängnisbereiche verloren. Die Bundesstaatsanwaltschaft begründet daher ihre Klage damit, die Stadt betreibe ein Gefängnis, das gegen die Verfassung verstoße, weil es nicht sicher sei. Mit einer Zwangsverwaltung durch Bundesbehörden könne man die Zustände sofort verbessern.
Eine ganze Insel voller Gefängnisanlagen: Auf Rikers Island sitzen 5500 Menschen ein.
Großteil der Häftlinge wartet auf Prozess
85 Prozent der derzeitigen 5500 Rikers-Insassen warten auf die Eröffnung ihres Verfahrens - zum Teil jahrelang, weil die Gerichte so langsam arbeiten. Wegen der Pandemie hat sich die Situation noch verschlechtert. Und damit auch die Lage der Gefangenen.
Langfristig führe ohnehin kein Weg daran vorbei, Rikers Island ganz zu schließen, sagt Schiraldi, der jetzt wieder an der New Yorker Columbia-Universität lehrt: "Wir sollten bei dem Plan bleiben, den Komplex 2027 zu schließen und die Gefangenen in andere Haftanstalten zu verlegen, die allerdings auch noch gebaut werden müssen." Aber das dauere zu lange, um einfach abzuwarten, warnt Schiraldi: "Wir müssen die Zustände jetzt verbessern." Und deshalb sei er für die Verwaltung durch die Bundesbehörden, damit Rikers Island in der Zwischenzeit sicherer werde - "und zwar schnell".