Anti-Flüchtlingsgesetz in Ungarn Zweite Schlappe für Orban
Nach dem gescheiterten Referendum über die Flüchtlingspolitik erleidet die Orban-Regierung zum selben Thema eine zweite Niederlage, diesmal im Parlament. Auch die rechtsgerichtete Jobbik-Partei verweigert sich - wenngleich aus eigenen Gründen.
Es sollte eine Botschaft an Brüssel werden, als das Budapester Parlament heute zur siebten Verfassungsänderung zusammentrat. Regierungschef Viktor Orban wollte nach dem Anti-Flüchtlingsquoten-Referendum Anfang Oktober folgende Grundidee in die Verfassung schreiben lassen: "Die Ungarn haben abgestimmt, dass nur wir entscheiden, mit wem wir leben wollen. Brüssel oder Budapest? Das war die Frage." Man habe sich ausschließlich für Budapest entschieden.
Ein Nein zur kollektiven Ansiedlung von Fremden in Ungarn - das heißt, ein Nein zur EU-Flüchtlingsquote - und das sollte in die Verfassung. Eine Kampfansage an Brüssel. Regierungschef Orban wähnte dabei das ungarische Volk hinter sich, wider die Fakten: Denn das Referendum war mangels Beteiligung ungültig. Allerdings waren fast alle, die abstimmten, gegen die Flüchtlingsquote. Orban sah diese Stimmen als Rückenwind an.
Jobbik stellt Bedingungen
Heute kam im Budapester Parlament aber die Ernüchterung: Die Opposition unterstützte das Vorhaben nicht. Die nötige Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung kam nicht zustande. 131 der 199 Abgeordneten stimmten dem Vorhaben zwar zu. Die Zustimmungsquote lag damit aber nur bei 65,8 Prozent. Die Opposition hatte die Abstimmung boykottiert.
Die rechtsextreme Jobbik-Partei, auf die Orban gesetzt hatte, hatte eine Zustimmung zu der Verfassungsänderung an Bedingungen geknüpft. Sie will, dass die ungarische Regierung den Verkauf von Aufenthaltstiteln an reiche Ausländer stoppt. "Solange die Regierung diese Zuzugs-Bonds nicht stoppt, wird Jobbik der Verfassungsänderung nicht zustimmen", sagte Fraktionschef Janos Volner vor der Abstimmung.
Die Regierung Orban ist zwar gegen Flüchtlinge, hat in den vergangenen Jahren aber etwa 4000 Vermögenden und ihren Familien aus arabischen Ländern oder China den Zugang zum Schengen-Raum ermöglicht. Sie mussten dazu für 300.000 Euro eine Art Staatsanleihe kaufen, zuzüglich Gebühren. Die Geschäfte liefen über Offshore-Firmen, davon profitierten Agenturen aus dem Regierungsumfeld.
"Angelogen und hereingelegt"
Die Regierung nutzte die Niederlage im Parlament zum Angriff auf die Opposition - links wie rechts. "Das bedeutet, dass man im Kampf gegen die verpflichtende Ansiedlungsquote nur auf die Regierungspartei und ihren christlichen Mini-Koalitionspartner KDNP zählen kann", sagte Lajos Kosa, Fraktionschef der Regierungspartei Fidesz nach der Abstimmung. Sozialisten und Rechtsextreme hätten die Menschen angelogen und hereingelegt.
Die Rechtsaußen-Partei Jobbik erhöhte nach der Abstimmung erneut den Druck. Sie werde die Verfassungsänderungen der Regierung mittragen, hieß es. Aber nur, wenn der Verkauf von Aufenthaltstiteln aufhöre.