Donald Trump
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Religiöse Extremisten Trumps Gotteskrieger

Stand: 28.11.2024 06:33 Uhr

Evangelikale Christen sind Trumps treueste Wählergruppe. Unter den Nominierten für seine Regierung setzt der künftige US-Präsident nun auf besonders radikale Vertreter, die mit kruden Thesen und Symbolen von sich reden machen.

Von Arnd Henze, WDR, zzt. ARD-Studio Washington

Pete Hegseth zeigt sich gern mit nacktem Oberkörper. So sieht man nicht nur die mächtigen Muskelpakete, sondern auch die Tätowierungen: ein Sturmgewehr über der US-Flagge, das mittelalterliche Jerusalemkreuz mit dem Schlachtruf der Kreuzfahrer "Deus Vult" ("Gott will es") und in hebräischen Buchstaben der Name "Jesus".

Der frühere Elitesoldat und Fox-News-Moderator versteht sich als "Christian Warrior", als "Heiliger Krieger" gegen die Feinde im Inneren wie im Äußeren. In Donald Trumps zweiter Amtszeit soll er Verteidigungsminister werden.

Screenshot eines Instagram-Beitrages von Pete Hegseth

Screenshot eines Instagram-Beitrags von Pete Hegseth

In seinem 2020 erschienenen Buch "American Crusade" fordert Hegseth die "vollständige Vernichtung" aller linken Kräfte, "ohne die Amerika nicht überleben kann". Seine jüngste Veröffentlichung "War on Warriors" rechnet inzwischen auch die "woken Militärs" zu diesen linken Feinden.

Eine Armee, die Frauen und queere Menschen in der kämpfenden Truppe akzeptiert, sei ein Verrat am Auftrag, Kriege zu führen. Für den Mann, der demnächst die Verantwortung über zwei Millionen Soldaten tragen soll, stehen die Kreuzritter im Mittelalter für eine Armee, die von allen rechtlichen Fesseln befreit ist: "Unsere Feinde brauchen Kugeln, keine Anwälte!" Das Buch endet mit dem religiösen Ausruf: "All Glory to Jesus Christ!"

Screenshot eines Instagram-Beitrages von Pete Hegseth.

Screenshot eines Instagram-Beitrags von Pete Hegseth: "Deus Vult" ("Gott will es") prangt auf seinem Oberarm. Der künftige Verteidigungsminister sieht sich als "Heiliger Krieger".

Mix aus Militanz und Männlichkeit

Der Soziologe Philip Gorski, der an der Yale-Universität zum christlichen Nationalismus forscht, ist überzeugt, dass Donald Trump mit Pete Hegseth ein bewusstes Signal an den äußersten Rand des religiösen und politischen Spektrums setzt.

In dieser Szene werde von den Kreuzzügen im Mittelalter über den Unabhängigkeitskrieg, den Bürgerkrieg und die Eroberung des Westens bis zum Sturm auf das Kapitol eine direkte Linie gezogen, in der die Verherrlichung von Gewalt und Männlichkeit religiös verbrämt werde.

Nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 ist das FBI massiv gegen solche 'christlichen' Milizen vorgegangen. Aber diese Gruppen haben sich auf lokaler Ebene wieder organisiert. Dieser Mix aus Militanz und Männlichkeit ist vor allem bei jungen Männern sehr attraktiv.
Soziologe Philip Gorski

Symbole, die auch Massenmörder Breivik verwendete

Unter religiös motivierten Rechtsextremen sind der Schlachtruf "Deus Vult" und das Jerusalemkreuz schon länger verbreitet. Auch der norwegische Neonazi und Massenmörder Anders Breivik bediente sich 2011 in seinem "Manifest" dieser Symbolik.

Für den Historiker Mathew Gabriele von der Virginia Tech University steht fest: "Diese Kombination steht für eine bestimmte Art von apokalyptischem, militantem Christentum. Und fast immer ist dieser Flagge Gewalt gefolgt."

Extremisten im evangelikalen Lager

Die Nominierung von Hegseth stehe deshalb für eine Machtverschiebung im Spektrum der christlichen Nationalisten, sagt Gorski.

Es gab bei den Republikanern immer Politiker mit einem sehr konservativen evangelikalen Wertesystem. Aber in ihren Ämtern haben sie sich an die Regeln gehalten. So wie Trumps früherer Vizepräsident Mike Pence, der sich 2021 nicht für die Lüge von der gestohlen Wahl einspannen ließ. Das ist der fundamentale Unterschied zwischen Evangelikalen alter Schule wie Pence oder dem zukünftigen Außenminister Marco Rubio auf der einen und religiösen Extremisten wie Hegseth auf der anderen Seite.
Soziologe Philip Gorski

Zum extremen Lager der christlichen Nationalisten zählt Gorski neben anderen den Trump-Vertrauten und ideologischen Vordenker von "America First", Russel Vought. Als zukünftiger Budgetdirektor soll er alle staatlichen Ausgaben kontrollieren und den Kampf gegen liberale Institutionen mit dem Geldhahn führen.

"Judäa und Samaria" statt Westjordanland

Auch in der Nahostpolitik setzt Donald Trump mit der Berufung von Mike Huckabee zum US-Botschafter in Israel auf einen Kurswechsel, in dem die Grenzen zwischen Politik und Religion verschwinden.

Huckabee ist seit vielen Jahren einer der prominentesten Stimmen der "christlichen Zionisten". Auch nach seiner Nominierung beharrt der frühere Baptistenpfarrer und Gouverneur von Arkansas auf seiner Linie, nicht vom "Westjordanland", sondern von "Judäa und Samaria" zu sprechen: "Seit 3500 Jahren, als Abraham die Urkunde von Gott selbst überreicht wurde, ist das jüdische Volk der rechtmäßige Besitzer Israels", erklärte er gegenüber den All Israel News, einem Sprachrohr der christlichen Zionisten.

Dieses biblische Zeugnis stehe für ihn "nicht zur Diskussion". Auch für eine Okkupation der palästinensischen Autonomiegebiete hat Huckabee mehrfach Sympathien gezeigt.

Mike Huckabee

Der künftige US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee, versteht sich als "christlicher Zionist" - und spricht unter Berufung auf die Bibel ausschließlich von "Judäa und Samaria" statt von "Westjordanland".

Skepsis unter US-Juden

Hinter Mike Huckabee stehen mächtige Lobby-Organisationen wie "Christians United for Israel" (CUFI) mit Millionen von Mitgliedern. Die Unterstützung Israels ist für diese Szene allerdings kein Selbstzweck, sondern dient der heilsgeschichtlichen Hoffnung auf die Wiederkehr Jesu, den dann auch die Juden als ihren Messias erkennen sollen.

Bis dahin aber werde Israel zum endzeitlichen Schlachtfeld Armageddon werden, verkündete erst im Oktober der Vorsitzende von CUFI, John Hagee, vor Tausenden seiner Anhänger.

Wie sich solche apokalyptischen Gewaltfantasien mit den klassischen Aufgaben der Diplomatie vereinbaren lassen, bereitet auch vielen Juden in den USA Sorge. Fast die Hälfte von ihnen befürwortet eine Zweistaatenlösung - mehr als in jeder anderen gesellschaftlichen Gruppe. Christliche Zionisten unterstützen dagegen die Siedlerbewegung im Westjordanland und eine mögliche Annexion palästinensischer Gebiete.

Im Wahlkampf hatte sich Donald Trump mehrfach über die mangelnde Unterstützung jüdischer Wähler beklagt, die am Ende mit fast 80 Prozent für Kamala Harris stimmten. Gegenüber den All Israel News räumte Huckabee ein, dass die Mehrheit der Juden seine Positionen ablehnt.

Als Botschafter werde er aber die Politik des Präsidenten vertreten, der von 89 Prozent der Evangelikalen gewählt worden sei (was übertrieben ist - es waren "nur" 80 Prozent der weißen Evangelikalen).

Kongress muss noch zustimmen

Anders als der "Christian Warrior" Pete Hegseth muss Mike Huckabee wohl wenig Gegenwind im Kongress fürchten. Denn auch viele Senatoren und Kongressmitglieder stehen den christlichen Zionisten nahe und haben von ihnen im Wahlkampf hohe Spenden bekommen.

Trumps Wunschkandidat für das Pentagon steht dagegen schon jetzt im Feuer der Kritik - allerdings nicht wegen seiner Inszenierung als Heiliger Krieger, sondern wegen schwerwiegender Vergewaltigungsvorwürfe. Pete Hegseth bestreitet alle Anschuldigungen, hat dem mutmaßlichen Opfer allerdings im vorigen Jahr ein Schweigegeld gezahlt, um eine Zivilklage zu vermeiden.