Zähe Verhandlungen zwischen EU und Ukraine "Die Zeit läuft davon"
Noch immer ringen die EU und die Ukraine um ein Partnerschaftsabkommen. Streitpunkt ist vor allem die Freilassung der Oppositionellen Timoschenko aus einem ukrainischen Gefängnis. Heute beraten die EU-Außenminister erneut in Brüssel.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte auf dem letzten Zusammentreffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zum Thema Timoschenko vorsichtshalber gewarnt: "Es wurde uns auch deutlich gemacht, dass bestimmte Entscheidungen auch sehr kurzfristig vor dem Gipfel fallen können." Kurzfristig ist schon fast kein passender Ausdruck mehr. Denn "der Gipfel", von dem Merkel sprach, findet bereits in wenigen Tagen, Ende kommender Woche, statt.
In Litauen wollen Merkel und die anderen Regierungschefs der EU-Staaten ein geschichtsträchtiges Abkommen mit der Ukraine unterzeichnen. Eigentlich. Denn wenn überhaupt, dann schleppt sich die ehemalige Sowjetrepublik nur mit Ach und Krach ins Ziel. Noch immer ist die Ukraine nicht "unterschriftsreif". Sie hat die Bedingungen der EU noch nicht erfüllt, ist noch nicht rechtsstaatlich genug.
Letzte Chance des Parlaments in Kiew?
Am 19. November laufe die letzte Frist ab, verkündete vor kurzem einer der beiden Hauptverhandler der EU, Aleksander Kwasniewski. Das ist morgen. Dann kommt das Parlament in der Ukraine erneut zusammen. Und hätte die wohl letzte Chance, unter anderem ein Gesetz abzusegnen, das es der inhaftierten und kranken Politikerin Julia Timoschenko ermöglicht, auszureisen. Um sich zum Beispiel in Deutschland behandeln zu lassen.
"Das ist ein Fall von großer symbolischer Bedeutung. Und wir erwarten, dass dieser Fall von Frau Timoschenko vorher gelöst wird", betonte etwa Außenminister Guido Westerwelle. Ihr Einsatz für die "Orangene Revolution" machte die Frau mit dem akkurat geflochtenen blonden Haarkranz weltberühmt. In Freiheit wäre Timoschenko für Staatspräsident Janukowitsch eine gefährliche Rivalin.
Zweifel an der ukrainischen Haltung
Beobachter bekamen in den vergangenen Wochen immer mehr Zweifel, ob Präsident Janukowitsch und die ukrainischen Machteliten wirklich bereit wären, sich auf den Handel "Timoschenko gegen EU-Abkommen" einzulassen.
"Die Uhr tickt. Die Zeit läuft davon", mahnte etwa der schwedische Außenminister Carl Bildt. Seine Worte sollten die Ukraine daran erinnern, dass sie sich beeilen müsse, wenn sie wirklich die Orientierung Richtung Europa wolle. Doch möglicherweise, fürchten nicht wenige in Brüssel, hat der ukrainische Präsident die Uhr längst angehalten und den Pro-Europa-Kurs verlassen.
Druck aus Moskau
Russland übt seit langem unverhohlen Druck auf Kiew aus. Auch mit der Drohung, dem Nachbarn das so wichtige Erdgas abzudrehen, wenn er das Abkommen mit Europa unterschreibt. Es wäre gefährlich, dem nachzugeben, warnte hingegen immer wieder Boxlegende und Oppositionspolitiker Vitali Klitschko: "Das Problem der Ukraine ist das Regime von Janukowitsch. Aber das werden wir bald lösen. Zusammen. Weil wir Europäer sind und das beweisen werden."
Vielleicht aber finden die Mächtigen in der Ukraine, dass es sich zwischen allen Stühlen bequemer sitzt - zwischen dem europäischen und dem russischen. Vielleicht schrecken sie davor zurück, Putin zu sehr zu erzürnen. Ganz sicher hingegen ist: Sollte es mit dem Partnerschaftsabkommen nichts werden, würde Russland das als Sieg über Europa verbuchen.