Ende der Atomkraft-Ära in Deutschland Die letzten Meiler gehen vom Netz
Nach sechs Jahrzehnten endet heute die Ära der Atomenergie in Deutschland. Die verbliebenen drei Meiler sollen vom Netz gehen. Die Debatte über die Kernkraft schwelt dennoch weiter.
Rund 62 Jahre, nachdem das erste kommerzielle Atomkraftwerk in Deutschland in Betrieb ging, sollen heute die drei verbliebenen Meiler in Deutschland vom Netz gehen.
Eigentlich hätten die AKW schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Das hatte die Koalition aus CDU/CSU und FDP als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima beschlossen. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine entschied die Ampelkoalition im vergangenen Jahr jedoch, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen.
Abschaltung des letzten AKW kurz vor Mitternacht
Die Abschaltung des letzten Werks wird kurz vor Mitternacht erwartet - welcher der Meiler Isar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg der letzte sein wird, ist unklar.
Die Betreiber haben sich lange im Voraus auf den Stichtag vorbereitet. Die Leistung der Reaktoren wird kontinuierlich gesenkt. Danach wird der Generator vom Stromnetz genommen und der Reaktor komplett abgeschaltet. Kernkraftgegner wollen das Ende in mehreren Städten mit Kundgebungen begleiten.
Debatte um AKW-Weiterbetrieb schwelt weiter
Obwohl der Ausstieg kurz bevorsteht, ist die politische Debatte um einen Weiterbetrieb der Meiler noch nicht vorbei. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sagte in den tagesthemen, er glaube an eine Neuauflage der Kernenergie. "Wir spüren diese große Energiekrise, wir brauchen jedes Fitzelchen Energie", sagte der CSU-Politiker. Er forderte erneut eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten, und zwar ab dem kommenden Winter oder nach der nächsten Bundestagswahl. Auf Kernenergie zu verzichten und auf Kohle zu setzen, sei Doppelmoral, so Söder.
Der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang zufolge steht der Ausstieg aus der Atomkraft zugleich für den Einstieg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien. So solle bei Sonnen- und Windenergie wie auch beim Wasserstoff Tempo gemacht werden. Dass aktuell mehr Kohle verbraucht werde, liege nicht am Atomausstieg, sondern an den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, sagte sie ebenfalls in den tagesthemen.
Der Koalitionspartner FDP fordert dagegen, die Technologie nicht völlig aufzugeben. "Die Kernenergie muss auch nach dem Ausstieg eine Zukunft in Deutschland haben", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Nachrichtenagentur dpa. "Dazu gehört, dass wir die Forschung auf dem Gebiet der Kernfusion ausweiten und die Chancen neuer und sicherer Technologien der Kernspaltung nutzen."
Und auch wenn es nach dem Vorsitzenden der Liberalen, Christian Lindner, ginge, sollten die drei Kernkraftwerke in der Reserve belassen und nicht zurückgebaut werden. "Wenn wir sie in den nächsten zwei, drei Jahren ans Netz bringen müssten, hätten wir diese Chance", sagte der Finanzminister dem Fernsehsender Welt. Doch das scheitere am Koalitionspartner Grüne.
Umweltministerin erleichtert über Atomausstieg
Die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke blickt dagegen erleichtert auf das anstehende Ende der Kernenergie. "Der Atomausstieg macht Deutschland sicherer", sagte sie der dpa. "Die Risiken der Atomkraft sind im Falle eines Unfalls letztlich unbeherrschbar."
Lemke sieht die Problematik der Kernenergie zudem bei den entstehenden Abfällen: "Wir haben etwa drei Generationen lang Atomkraft genutzt in unserem Land und dabei Abfälle produziert, die noch für 30.000 Generationen gefährlich bleiben. Diese Verantwortung übergeben wir an unsere Enkel, Urenkel und noch viele weitere Generationen".
Insgesamt müssen noch mehr als 30 Meiler in Deutschland zurückgebaut werden.