Bundestagswahl 2025

Neues Wahlrecht Weniger Abgeordnete - was bedeutet das?
Unabhängig vom Wahlausgang am Sonntag steht fest: Der neue Bundestag wird rund 100 Abgeordnete weniger haben als der aktuelle - eine Folge des neuen Wahlrechts. Das hat auch ganz praktische Konsequenzen.
Vor Bundestagswahlen wurde zuletzt regelmäßig die bange Frage gestellt: Wie groß würde das Parlament wohl diesmal werden? Tatsächlich wurde der Bundestag seit 2005 von Wahl zu Wahl größer. 2021 kam er - aufgrund der Regelungen zu Überhang- und Ausgleichsmandaten - auf 735 Mitglieder. Zum Vergleich: Die Regelgröße lag da noch bei 598 Abgeordneten.
Von Wahl zu Wahl mehr Sitze
Eine Folge: Nach jeder Wahl musste der Plenarsaal im Berliner Reichstag mit neuen, leuchtend blauen Sitzen ausgestattet werden. Außerdem brauchte man für die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter zusätzliche Räume. Es wurden neue Gebäude gebaut beziehungsweise angemietet.
Das ist diesmal anders. Denn der neue Bundestag wird aufgrund der Wahlrechtsreform exakt 630 Abgeordnete haben. Rund 100 Stühle können im Plenarsaal also gleich mal abgeschraubt werden. Die genaue Sitzordnung, so erläutert es Sven Vollrath, Abteilungsleiter in der Bundestagsverwaltung, hängt dabei von der Anzahl und Stärke der Fraktionen ab - und damit vom konkreten Wahlergebnis.
Erst haben die Handwerker das Sagen
Für die praktischen Vorbereitungen im Plenum hat die Verwaltung rund vier Wochen Zeit - Zeit, in der die Handwerker das Sagen haben. Spätestens am 30. Tag nach der Wahl tritt der neu gewählte Bundestag das erste Mal zusammen, das wäre der 25. März. Bis dahin müssen die neuen Fraktionen erste Weichenstellungen vornehmen: Insbesondere müssen sie ihre Kandidaten für das Präsidium des Bundestags nominieren. Der stärksten Fraktion kommt dabei das Vorschlagsrecht für den Präsidenten bzw. die Präsidentin zu.
Auch die Ausschüsse dürften kleiner werden
Dass bis zu diesem Zeitpunkt schon eine neue Regierung steht, ist eher unwahrscheinlich. Aber erst wenn die neue Regierung steht, können die Ausschüsse besetzt werden. Denn Ausschüsse werden in der Regel spiegelbildlich zu den Ministerien gebildet. Nach der Wahl 2021 wurde zum Beispiel das Bauministerium neu gebildet und dementsprechend auch ein Bauausschuss im Bundestag.
Sven Vollrath aus der Bundestagsverwaltung geht aber schon jetzt davon aus, dass auch die Ausschüsse kleiner werden. Schließlich war mit der Verkleinerung des Bundestags unter anderem der Wunsch verbunden, die Arbeit in den Ausschüssen effizienter zu gestalten. Die genaue Größenordnung legt der Bundestag in sogenannten Einsetzungsbeschlüssen fest.
Rund 100 Abgeordnete weniger - das bedeutet mittelfristig auch geringere Kosten. Nicht nur, weil die Diätenzahlungen an die entsprechende Zahl von Abgeordneten wegfallen, sondern weil mit jedem Abgeordneten auch Mitarbeiterstellen gestrichen werden.
Wahlergebnisse entscheiden auch über Jobs von Mitarbeitern
Das sorgt in den Reihen der Beschäftigten durchaus für Unruhe, erzählt ein Büroleiter im Deutschen Bundestag. Da sein Abgeordneter nicht mehr für den Bundestag kandidiert, weiß er schon, dass er sich in wenigen Wochen einen neuen Job suchen wird.
Andere Mitarbeiter dagegen sähen der Wahl mit einigem Bangen entgegen: "Darüber wird jetzt natürlich nicht in jeder Runde offen gesprochen." Doch jedem sei klar, dass mit einem schlechten Wahlausgang für die jeweilige Partei oder den jeweiligen Abgeordneten auch der eigene Arbeitsplatz wegfallen kann: "Der Job ist immer befristet, auf maximal vier Jahre. Das muss man wissen, wenn man hier arbeitet."
Der scheidende Büroleiter hat selbst schon einmal erlebt, wie es ist, wenn man ungewollt den Bundestag verlassen muss: Er war als studentischer Mitarbeiter bei der FDP, als diese 2013 an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Er spricht von "dornigen Chancen", die eine solche Situation zur Folge hat: "Aber auch damit muss man umgehen."
Infos von der Arbeitsagentur
Da allein aufgrund der Verkleinerung klar ist, dass mehrere hundert Beschäftigte ihren Job verlieren werden, haben die Bundestagsverwaltung und die Fraktionen bereits erste Informationstermine für interessierte Mitarbeiter veranstaltet. Weitere Gespräche, so erläutert Sven Vollrath von der Bundestagsverwaltung, werden nach der Wahl zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit angeboten.
Allerdings wird nicht jeder Mitarbeiter, der seinen Job im Bundestag verliert, arbeitslos. Manche, insbesondere Mitarbeiter in den Fachressorts der Fraktionen, kommen aus Ministerien und haben ein Rückkehrrecht. Aus einigen Ministerien ist daher zu hören, dass freie Stellen gerade nicht besetzt werden, weil man nach der Wahl möglicherweise Stellen für solche Rückkehrer bereitstellen muss.
Weniger Abgeordnete - weniger Gebäude?
Wenn weniger Abgeordnete und weniger Mitarbeiter im Bundestag sind, hat das auch Auswirkungen auf die Raumbelegung. In den vergangenen Jahren hat der Bundestag kräftig gebaut, unter anderem wurde ein ganz neues Gebäude errichtet, der sogenannte Modulbau. Werden solche Gebäude nach der Verkleinerung nun nicht mehr gebraucht?
Sven Vollrath schüttelt den Kopf: "Wir haben teilweise Gebäude hier, die noch aus Kaiserzeiten stammen und die seit Jahrzehnten nicht saniert sind." Die entsprechenden Gebäude habe der Deutsche Bundestag nach dem Umzug aus Bonn in den 1990er-Jahren "Pinsel-saniert" übernommen. Wie in vielen anderen öffentlichen Bereichen stehe man vor der Aufgabe, diese Gebäude zu sanieren. Und dann werde man sich erst mal von den Gebäuden trennen, die angemietet sind.
Einsparungen sind noch nicht beziffert
Die erhofften Einsparungen durch den kleineren Bundestag dürften sich also erst nach und nach einstellen - nachdem sich der Etat des Bundestags in den vergangenen zehn Jahren von rund 700 Millionen Euro im Jahr 2014 auf zuletzt 1,2 Milliarden erhöht hat.
Eine konkrete Zielgröße für die Einsparungen enthielt das Gesetz zur Wahlrechtsreform übrigens nicht. Es hieß aber zumindest, dass "künftig deutlich geringere Kosten für die Amtsausstattung, Abgeordnetenentschädigung und Versorgungsansprüche von Abgeordneten" anfallen.