Sprengung der Rahmedetalbrücke "Drei, zwo, eins - Zündung!"
450 Meter lang. 70 Meter hoch. 17.000 Tonnen schwer. Das ist der Koloss in Zahlen. 150 Kilogramm Sprengstoff sollen die marode Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid zum Einsturz bringen. Auch für den Sprengmeister kein Routine-Termin.
Wenn alles gut geht, wird die Rahmedetalbrücke am Sonntag genau senkrecht in sich zusammenfallen. "Wir haben keinen Meter Platz", sagt Sprengmeister Michael Schneider und meint damit, dass die Brücke bei der Sprengung nicht zur Seite wegkippen darf. Denn fast direkt unter ihr befinden sich Häuser, die nicht zu Schaden kommen dürfen.
Die Rahmedetalbrücke liegt in der Nähe von Lüdenscheid in Nordrhein-Westfalen. Das Bauwerk hat gigantische Ausmaße - es ist 70 Meter hoch und fast einen halben Kilometer lang. Ein 17.000 Tonnen schwerer Koloss aus Beton und Stahl. 150 Kilogramm Sprengstoff sollen die Brückenpfeiler zum Einsturz bringen.
Sprengmeister Michael Schneider beobachtet die Abläufe einer Sprengung einer Talbrücke auf einem Monitor.
"Ein besonderer Druck"
Seit Ende 2021 ist die Brücke wegen Schäden komplett für den Verkehr gesperrt. Dadurch ist die A45 unterbrochen, diese sogenannte Sauerlandlinie verbindet das Ruhrgebiet mit dem Raum Frankfurt. Der Umleitungsverkehr belastet die Anwohner und die Wirtschaft in Lüdenscheid und der gesamten Region. Stauchaos, stockender Lieferverkehr, Fachkräfte-Abwanderung und Umsatzeinbußen sind die Folge. Zu Tausenden donnern täglich Laster durch die Stadt, sorgen laut Bürgerinitiative A45 für permanente Lärm- und Abgasbelastung sowie massive Schlafstörungen bei Anwohnern an den Umleitungsstrecken.
Damit bis Ende 2026 ein Neubau entstehen kann, muss Michael Schneider die alte Brücke ordnungsgemäß wegsprengen. Der routinierte Sprengmeister dürfte am Sonntag noch ein bisschen angespannter sein als sonst - wegen des Medienrummels vor Ort und wegen der hohen Präzision, die erforderlich ist: "Das ist natürlich ein besonderer Druck, da braucht man nicht drumherumzureden."
Sprengarbeit "mit einer gewissen Affenliebe"
"Drei, zwo, eins - Zündung!" - mit diesem Kommando hat Schneider schon so manche Brücke zum Einsturz gebracht. "Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich nicht gezählt habe", sagt er, es dürften aber ungefähr 30 gewesen sein. Auch viele andere Bauwerke hat er schon zum Einsturz gebracht, darunter eine Skisprungschanze in Garmisch-Partenkirchen.
Im "Sprengjob" sei er schon seit inzwischen mehr als 40 Jahren, sagt der 62-Jährige und noch immer ist er von seiner Arbeit begeistert, er mache sie "mit einer gewissen Affenliebe". "Es gibt nicht eine einzige Sprengung, die ist wie die andere", sagt der Sprengmeister über seinen Beruf.
Seecontainer bilden eine Art Schutzwall vor umliegenden Häusern.
"Das Umfeld sucht seinesgleichen"
Am Sonntag um 12 Uhr muss er die etwa 17.000 Tonnen Stahl und Beton zu Fall bringen - mit höchster Präzision. Vor den umliegenden Häusern wurden Seecontainer übereinandergestapelt, sie bilden eine Art Schutzwall.
"Das Umfeld, das wir hier haben, sucht seinesgleichen", sagt Sprengmeister Schneider mit Blick auf die Bebauung unterhalb der Rahmedetalbrücke. Trotzdem ist er überzeugt davon, dass alles glattgehen wird: "Wenn ich unserer Sprengung nicht trauen würde, dann würde ich sie nicht ausführen."
Politischer Zündstoff
Das Ganze birgt zudem auch politischen Zündstoff. Im nordrhein-westfälischen Landtag hat jüngst ein Untersuchungsausschuss zur Verkehrsmisere um die marode A45-Talbrücke Rahmede offiziell mit seiner Arbeit begonnen. Er soll vor allem die Umstände des verschobenen Neubaus der Talbrücke untersuchen. Die Opposition will auch die Rolle des früheren NRW-Verkehrsministers und jetzigen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) unter die Lupe nehmen. Wüst hatte persönliche Versäumnisse aus seiner Amtszeit verneint.