Deutschland Hochwasserlage bleibt angespannt
In einigen Landkreisen in Niedersachsen hat sich die Hochwasserlage etwas beruhigt, in anderen steigen die Pegelstände noch. Der Deutsche Wetterdienst rechnet zumindest für heute nicht mit neuem Regen in den betroffenen Gebieten.
Die Hochwasserlage bleibt vor allem in Niedersachsen weiter kritisch. An einigen Pegeln der Weser befinden sich die Wasserstände noch über der höchsten Meldestufe, wie aus einem Lagebericht des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hervorgeht. Für die Leine, die Aller sowie die Ober- und Mittelweser gebe es eine Warnung vor großem Hochwasser. In Schladen im Landkreis Wolfenbüttel stieg der Pegelstand der Oker demnach um mehrere Zentimeter.
An der Weser bei Drakenburg überschritt der Wasserstand mit 835 Zentimetern den bisherigen Höchstwert aus 1981 um einen Zentimeter, wie der Überregionale Hochwasserdienst mitteilte. "Der Scheitel ist aber bereits erreicht worden und die Wasserstände am Pegel sinken leicht."
Oldenburg bereitet sich auf mögliche Evakuierung vor
Daniel Jungnick, Leiter des Koordinierungsstabes des Technischen Hilfswerks (THW) in Bremen/Niedersachsen, sagte dem NDR, die Hochwasserlage verschiebe sich flussabwärts und verschärfe sich in den Landkreisen Celle, Heidekreis, Verden, Emsland und dem Gebiet um Oldenburg.
In der Stadt Oldenburg wird eine mögliche Evakuierung vorbereitet. Die Deiche seien unverändert einem hohen Druck ausgesetzt, teilte die Stadt mit. Besonders betroffen ist den Angaben nach der Bereich Achterdiek, wo der Küstenkanal in die Hunte mündet. "Es handelt sich hierbei um eine Vorsichtsmaßnahme - eine konkrete Evakuierung ist derzeit nicht vorgesehen", hieß es in einer Mitteilung. Eine Notunterkunft stünde betroffenen Bürger zu Verfügung, hieß es.
In Celle hat sich die Lage inzwischen aber etwas entspannt. In allen Bereichen sinken die Pegelstände leicht, wie die Verwaltung mitteilte. Es sei aber weiter die höchste Meldestufe an den Pegeln überschritten, so dass unverändert größere Überschwemmungen drohen. Man müsse "weiter wachsam bleiben und die Lage genau verfolgen", sagte Landrat Axel Flader.
Leichte Entspannung im Serengeti-Park
Auch im Serengeti-Park Hodenhagen beruhigte sich die Lage etwas. Pumpen hätten es geschafft, große Wassermengen hinter den Deich Richtung Meiße zu drücken, sagte eine Sprecherin des Parks. Auch im Tierhaus der Antilopen und Giraffen sei das Wasser merklich gesunken und aus dem Gebäude hinausgeflossen. Weite Teile des Geländes seien aber weiterhin überflutet und teilweise nicht zu erreichen.
Laut NLKWN gibt es an vielen Orten eine gleichbleibende Tendenz bei den Pegeln. Für Hunderte Menschen in Lilienthal bei Bremen bedeutet das, dass sie weiter nicht in ihre Häuser zurückkönnen. Die Evakuierungen dauerten an, sagte eine Gemeindesprecherin. Die Lage bleibe angespannt.
Viele Deiche massiv aufgeweicht
Die Lagezentren der Polizei in Niedersachsen meldeten eine relativ ruhige Nacht. Einige Sprecher, wie vom Lagezentrum Göttingen, berichteten sogar von einer sich entspannenden Situation. Es sei trocken geblieben, daher gehe man davon aus, dass sich die Lage beruhige und Pegelstände sinken.
In Meppen ist das bereits geschehen, wenn auch nur minimal. Es sei allerdings weiter Vorsicht geboten, teilte die Stadt mit. Die konkrete Entwicklung der zu erwartenden Pegelstände sei weiter ungewiss.
In den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Verden erwarten die Verantwortlichen erst in der Neujahrswoche sinkende Pegelstände. Das THW stellt sich auf einen Einsatz in den Hochwassergebieten bis in die erste Januarwoche hinein ein. "Es ist ganz klar, dass das über den Jahreswechsel andauern wird", sagte THW-Präsidentin Sabine Lackner. "Was uns hoch besorgt, ist der Zustand der Deiche." Sie seien massiv aufgeweicht. Täglich seien etwa 1.000 Einsatzkräfte in den betroffenen Gebieten unterwegs.
Land sieht sich gut aufgestellt
Niedersachsen sieht sich insgesamt gut aufgestellt mit Rettungskräften. Man gehe davon aus, dass man die Lage auch über Silvester mit eigenen Kräften bewältigen könne, sagte ein Sprecher des Innenministeriums der Nachrichtenagentur dpa. Das Land habe auch um Hilfe bei der Bundeswehr gebeten - dabei ging es bislang um sogenannte taktische Verlegungen, womit etwa Hubschrauber im Bedarfsfall schneller vor Ort sein können.
Weiter Störungen im Bahnverkehr
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erwartet für die niedersächsischen Hochwassergebiete am Samstag keinen neuen Regen. Abseits der Küste soll es nur vereinzelt und in geringen Mengen Schauer geben. Zwischen Sonntag und Montag kommt es im Land aber voraussichtlich verbreitet wieder zu Niederschlägen, meist zwischen einem und fünf Litern Regen pro Quadratmeter. Diese Menge wird laut DWD aber nicht zu einem Anstieg der Pegel führen. Erst ab Dienstag würden wieder größere Niederschlagsmengen erwartet.
Aufgrund der Witterung und des Hochwassers müssen sich Bahnreisende länger als geplant auf Verspätungen und Streckensperrungen einstellen. Die Verbindung zwischen Oldenburg und Osnabrück sei wegen des Hochwassers nach wie vor eingeschränkt, sagte eine Sprecherin der Nordwestbahn.
Wasser in Sachsen-Anhalt steigt wieder
Auch Sachsen-Anhalt ist weiterhin von Hochwasser betroffen. Regen führte in der vergangenen Nacht dazu, dass einige Flüsse wieder anstiegen. Die Niederschläge seien stärker ausgefallen als zunächst prognostiziert, teilte der Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW) mit. Weil die Böden bereits gesättigt seien, habe dies in einigen Bereichen zu ansteigenden Wasserständen geführt. So sei an der Dumme in der Altmark der Richtwert der Alarmstufe 2 überschritten worden, nachdem sich die Lage dort in den vergangenen Tagen zunächst entspannt hatte.
Der Wasserstand im Fluss Helme stieg ebenfalls an. Der Pegelstand lag in Bennungen knapp einen halben Meter über dem Richtwert von zwei Metern für die höchste Alarmstufe, nachdem der Abfluss aus der Talsperre Kelbra erhöht wurde. Die Lage dort werde immer kritischer, sagte der Bürgermeister der Gemeinde Südharz, Peter Koh. Auch an Jeetze und Aland gebe es eine leicht steigende Tendenz der Pegelstände.
Hochwasser in Sachsen geht weiter zurück
An den Talsperren im Harz sinken die Füllstände dagegen weiter. Derzeit wird dort nicht mehr Wasser über den Notüberlauf abgegeben, wie ein Sprecher der Harzwasserwerke sagte. Die Lage sei allerdings weiter angespannt, da noch immer zu viel Wasser in den Reservoirs sei. Die Harzwasserwerke hoffen auf trockenes Wetter, um die Talsperren weiter ablassen und dadurch den Hochwasserschutz gewährleisten zu können.
Auch aus Sachsen gibt es Signale der Entspannung: Das Hochwasser der Elbe geht weiter zurück. Am Pegel Dresden wurde am Samstagmorgen ein Wasserstand von 5,30 Meter gemessen, wie aus einer Übersicht des Landeshochwasserzentrums hervorging. Einen Tag zuvor waren es noch 5,92 Meter gewesen. Normal sind rund zwei Meter. In der Landeshauptstadt galt ebenso wie in Schöna an der tschechischen Grenze sowie flussabwärts in Riesa noch die Alarmstufe 2. Die Hydrologen rechnen mit weiter sinkenden Wasserständen. Für die übrigen Flussgebiete in Sachsen gab es keine Hochwasserwarnungen mehr.
Katastrophentouristen bereiten Probleme
In Niedersachsen bereitet den Behörden unterdessen "wachsender Hochwassertourismus" Probleme. Die Stadt Celle appellierte an Menschen, Sperrungen ernst zu nehmen und nur in die Stadt zu reisen, wenn es unbedingt notwendig sei. Rettungskräfte würden vielerorts am Durchkommen gehindert. Auch die Feuerwehr Verden berichtete von störenden Katastrophentouristen.
Der Landkreis Osterholz befürchtet darüber hinaus, dass zu Silvester viele Schaulustige im Hochwassergebiet unterwegs sein werden. Zahlreiche Landkreise appellierten erneut, Deiche nicht zu betreten, da diese aufgeweicht seien und beschädigt werden könnten. In der Stadt Oldenburg gilt ein Betretungsverbot für Deiche, das mit bis zu 5.000 Euro geahndet wird.