Bürgergeld Union droht mit Blockade
Der für den 1. Januar 2023 geplante Start des Bürgergelds könnte sich verzögern: Die Union droht mit Blockade im Bundesrat, Jobcenter-Personalräte und Landkreise befürchten eine Überlastung.
Die CDU droht mit einer Blockade des zustimmungspflichtigen Gesetzes zur Einführung des Bürgergeldes im Bundesrat. CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte dem "Tagesspiegel", man werde den Plänen in der bisherigen Form nicht zustimmen können. "Ich gehe davon aus, dass wir darüber im Vermittlungsausschuss werden sprechen müssen". sagte Czaja.
Czaja kritisierte den Plan, hohe Schonvermögen einzuführen: "Eine vierköpfige Familie soll mit einem Schonvermögen von 150.000 Euro trotzdem Anspruch auf das Bürgergeld haben, während eine andere junge Familie hart arbeitet und Steuern zahlt, um das Bürgergeld zu finanzieren." Das sei zutiefst unsozial und verletze alle Grundsätze einer sozialen Marktwirtschaft. Auch schaffe es die falschen Anreize, die Heizkosten in vollem Umfang zu übernehmen.
CDU-Parteichef Friedrich Merz befürwortete in seiner Rede auf dem CSU-Parteitag in Augsburg die Erhöhung der Regelsätze, kritisierte aber die übrigen Pläne scharf. Durch die Reform werde eine reguläre Beschäftigung für viele Menschen "überhaupt keinen Sinn mehr" machen.
Zeit wird knapp
Der Bundesrat hatte die Ampel-Regierung nach Beratungen am Freitag zu Nachbesserungen aufgefordert. Der Bundestag will sich am 10. November in zweiter und dritter Lesung mit dem Gesetz befassen. Danach ist der Bundesrat wieder am Zug.
Werde ein Vermittlungsausschuss notwendig, könnte die Reform nicht wie geplant zum Jahreswechsel in Kraft treten, berichtet der "Tagesspiegel" in Berufung auf eine Einschätzung aus Koalitionskreisen. Denn dann würde den Jobcentern die Zeit zur Vorbereitung fehlen.
Landkreistagspräsident befürchtet Überlastung
Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistags, sprach sich indirekt dafür aus, die Reform zu verschieben. "Die Jobcenter sind schon jetzt am Rotieren", sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel". Das Bürgergeld komme "zur Unzeit", da die Jobcenter aufgrund der Geflüchteten aus der Ukraine ohnehin "mitten in der Krisenbewältigung" stünden. Notwendig sei ausreichend Zeit zur Vorbereitung.
Nach einem Bericht des "Spiegel" warnen die Jobcenter-Personalräte angesichts der Einführung des Bürgergelds und der vorgesehenen Etatkürzungen ebenfalls eindringlich vor einer akuten Überlastung der Jobcenter-Beschäftigten.
Kritik auch von Arbeitgebern
Das Bürgergeld soll nach den Plänen der Ampel-Koalition zum Jahreswechsel das bisherige Hartz-IV-System ersetzen. Die Ampelkoalition will höhere Regelsätze, weniger Sanktionen und deutlich höhere Schonvermögen – für eine Familie mit vier Kinder beispielsweise 150.000 Euro.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sieht im geplanten Bürgergeld Potenzial zur Spaltung der Gesellschaft. "Es kann nicht sein, dass ein Teil der Menschen, die morgens zur Arbeit gehen, nur wenig mehr Geld zur Verfügung haben als jemand, der morgens nicht zur Arbeit geht", sagte er der "Bild am Sonntag".
Ampel-Koalition verteidigt Vorhaben
Die Ampel-Koalition sieht in dem geplanten Bürgergeld hingegen einen Schritt für mehr Gerechtigkeit und zur Reform des Arbeitsmarktes. Es solle die Menschen "verlässlich absichern, die in existenzielle Not geraten sind", betonte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag. Mit dem Geld werde das "Schutzversprechen unseres Sozialstaats" erneuert, so der SPD-Politiker. Zugleich betonte Heil, dass diese staatliche Hilfe nicht einem bedingungslosen Grundeinkommen entspreche. Das Bürgergeld sei auch an "sehr, sehr hartnäckige Pflichten" geknüpft.
Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigte das Bürgergeld gegen Kritik. Der FDP-Politiker verwies im Bericht aus Berlin darauf, dass jene belohnt würden, die sich um eine Qualifikation bemühten. Auch könnten Menschen neben dem Bürgergeld mehr als bisher dazuverdienen. Mitwirkungspflichten blieben erhalten. Dies sei eine "ausgesprochen gute Reform", betonte Lindner.