Linke-Vorstand zu Wagenknecht "Wir planen die Zukunft der Partei ohne sie"
Sie gilt als eines der prominentesten Gesichter der Linkspartei - doch nun soll sie gehen. Nach jahrelangem Hin und Her hat der Parteivorstand Sahra Wagenknecht aufgefordert, ihr Mandat abzugeben. Wird sie der Aufforderung folgen?
Im Parteivorstand der Linken ist klar: Dies ist ein guter Tag. Endlich ist entschieden: "Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht", sagt der Parteivorsitzende Martin Schirdewan in der gleißenden Sonne vor dem Karl-Liebknecht-Haus in Berlin.
Und damit könnte ein jahrelanges kräftezehrendes Hin und Her zu Ende gehen. Sarah Wagenknecht und die Linkspartei, die unendliche Geschichte - scheinbar letztes Kapitel. Nicht nur die Parteivorsitzende Janine Wissler hat genug von den Eskapaden der Wagenknecht.
Fruchtlose Gespräche
"Ich will betonen, dass wir in den letzten Wochen und Monaten immer wieder Gespräche mit ihr geführt haben, gerade seit es um die Gründung einer Konkurrenzpartei geht", sagt Wissler. "Zuletzt vor zwei Wochen, wo wir als Parteivorstand sehr deutlich gemacht haben, dass sie öffentlich und zeitnah Abstand nimmt von dem Plan der Gründung einer konkurrierenden Partei."
Zeitnah hieß: Bis zum Wochenende sollte Wagenknecht sich für oder gegen die Linke entscheiden. Und sie hat reagiert - auf ihre Art. Beim Fernsehsender "Welt" redet sie am Freitag lange um den heißen Brei herum, die Moderatorin fragt immer wieder nach, aber am Ende bleibt es bei einem dünnen Satz: "Ich habe ja schon gesagt: Bis Ende des Jahres muss das entschieden sein, zumindest, was meine Rolle angeht."
Die Co-Vorsitzenden der Linkspartei, Schirdewan und Wissler, wollen einen Schlussstrich unter die Causa Wagenknecht ziehen.
Einstimmige Entscheidung
"Bis Ende des Jahres" - zu diesem Zeitrahmen wird Janine Wissler einen Tag später sehr deutlich: "Wir sind der Meinung, dass das ein Damoklesschwert ist, das über der Partei hängt, was wir nicht hinnehmen werden, dass bis Ende des Jahres unsere Mitglieder und Wähler dermaßen verunsichert werden."
Die Entscheidung des Parteivorstandes ist einstimmig gefallen - und die Erleichterung darüber ist allen anzusehen. Zum ersten Mal wird die Partei so deutlich, nicht nur im Beschlusspapier, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Auch Janine Wissler formuliert nicht mehr drum herum: "Aus unserer Sicht ist klar: Sahra hat sich entschieden. Sie hat entschieden, sie wird nicht mehr antreten für die Partei, sie hat entschieden, ein Konkurrenzprojekt zumindest zu prüfen und das auch kundzutun. Und deswegen ist für uns klar: Wir planen die Zukunft der Partei ohne sie."
"Ein Gebot der Fairness"
Natürlich akzeptiere eine vielstimmige Partei wie die Linke Minderheitenmeinungen, führt Wissler weiter aus. Aber wenn mit der Gründung einer konkurrierenden Partei gedroht werde, um die Linke auf einen anderen Kurs zu bringen, als es von der Basis demokratisch beschlossen wurde, sei das nicht hinnehmbar.
"Und deswegen hat der Parteivorstand heute auch einstimmig festgestellt, dass es ein Gebot der Fairness ist, dass alle Abgeordneten, die an der Gründung einer konkurrierenden Partei mitarbeiten, dass es nur konsequent wäre, wenn sie ihre Mandate zurückgeben", sagte Wissler dazu.
Wohl kein Ausschlussverfahren
Sollte Wagenknecht dieser Aufforderung nicht nachkommen und ihr Bundestagsmandat behalten, wird es wahrscheinlich trotzdem nicht zu einem Parteiausschlussverfahren gegen sie kommen - schlicht, weil solche Prozesse schwierig und in ihrem Fall nicht sonderlich erfolgversprechend sind.
Der Parteivorsitzende Martin Schirdewan will jetzt mit neuer Energie die Ärmel hochkrempeln: "Unser Job ist an dieser Stelle, die Linke wieder zukunftsfit zu machen. Unser Interesse ist es, dass es eine starke linke Kraft in diesem Land gibt, eine starke sozialistische Gerechtigkeitspartei, die an der Seite der Beschäftigten an der Seite der Ärmsten in diesem Land streitet."
Ob Sarah Wagenknecht nun ihre eigene Partei gründet - oder vielleicht einfach von der politischen Bildfläche verschwindet und ihr Geld künftig als Rednerin und Autorin verdient -, das dürfte sich spätestens Ende des Jahres zeigen.