Stromtrasse SuedLink Langer Streit um eine lange Leitung
Die Pläne für die Stromtrasse SuedLink gibt es seit mehr als zehn Jahren. Heute fand der erste Spatenstich mit Minister Habeck statt. Doch die Stromautobahn von Nord nach Süd hinterlässt schon jetzt tiefe Spuren.
Mitten durch seine Felder sollen die Erdkabel der Stromtrasse SuedLink künftig laufen. Traurig findet das Matthias Belz, Landwirt im Kreis Heilbronn. Seit über 100 Jahren werden die Böden durch seine Familie bewirtschaftet. "Wir haben den Boden aufgebaut über Jahre, das wird zehn bis fünfzehn Jahre dauern, bis der Boden im Baubereich wieder rekultiviert wurde und seinen Ursprungszustand erreicht hat", sagt er.
Denn die Verlegung der notwendigen Kabel benötigt in der Bauphase eine Breite von 30 Metern. Am Ende sei ein vielleicht drei Meter breiter Streifen betroffen, in dem die Kabel in seinem Boden liegen.
Die Kabel kommen ein bis zwei Meter unter die Erde. Sie transportieren Hochspannungsgleichstrom und geben dabei möglicherweise Wärme ab.
Landwirt Belz: "Das wird Jahre brauchen."
700 Kilometer durch sechs Bundesländer
Betroffen sind deutschlandweit rund 20.000 Grundstücke, durch die Erdkabel laufen sollen. Die Kabel passieren sechs Bundesländer auf dem Weg in den Süden, sie treffen dort auf dicht besiedelte Gebiete, auf Flüsse wie Elbe, Neckar und Leine und auf Autobahnen sowie Bahnstrecken.
Etwa 700 Kilometer lang wird der unterirdische SuedLink einmal sein - von Brunsbüttel nach Leingarten im Landkreis Heilbronn. Die Trasse soll den Strom aus dem windstarken Norden in den industriestarken Süden bringen, so die Betreiber transnetBW und TenneT.
Proteste gegen "Monstertrassen"
Die Pläne für die Stromtrasse quer durch Deutschland gibt es seit mehr als zehn Jahren. Zunächst sollte sie oberirdisch laufen. Aber gegen solche "Monstertrassen", wie die Gegner sie bezeichneten, regte sich deutschlandweit Widerstand. Allen voran in Bayern, wo Tausende auf die Straße gingen.
An ihrer Seite: der damalige bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer. "Es wird gegen Bayern und die ganzen Kommunen hier keine Stromtrasse gegen unseren Willen geben", sagte er. Die Folge war eine Verzögerung um mindestens vier Jahre.
Unterirdisch statt oberirdisch
Die Strecke wurde geändert. Und statt oberirdisch verläuft SuedLink nun komplett unter der Erde, was deutlich teurer ist. Unter anderem wegen der unterirdischen Verlegung ebbten im Südwesten die Proteste fast völlig ab.
Anderswo gibt es dagegen zahlreiche Bürgerinitiativen gegen SuedLink und sogar einen Bundesverband. Der sieht die dezentrale als tragfähige Alternative zum SuedLink-Projekt und fordert die Politik zum Umdenken auf. In der aktuellen Stromnetzplanung seien hauptsächlich die Interessen von Energiegroßkonzernen und Übertragungsnetzbetreibern vertreten.
Die insgesamt rund 700 Kilometer lange Trasse, die vom schleswig-holsteinischen Brunsbüttel nach Leingarten-Großgartach bei Heilbronn führt, sollte eigentlich schon im vergangenen Jahr fertiggestellt sein. Dann wurde zunächst auf 2026 verzögert, nun ist 2028 angepeilt. Bislang sind gerade einmal 17 Kilometer der Trasse genehmigt.
Heute beginnt der Bau eines ersten Konverters. Konverter wandeln Gleich- in Wechselstrom um und umgekehrt. Aus haushaltsüblichen Steckdosen kommt Wechselstrom, bei dem die Spannung mit Transformatoren recht einfach geändert werden kann. Für den langen Weg vom Norden in den Süden Deutschlands wird aber Gleichstrom genutzt, da dabei weniger Energie verloren geht.
Minister Habeck bei erstem Spatenstich
Trotzdem fand heute der erste Spatenstich für das Projekt statt, nicht weit entfernt von Landwirt Matthias Belz' Grund und Boden in Leingarten im Landkreis Heilbronn. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war beim Baubeginn des ersten sogenannten Konverters für die SuedLink-Stromtrasse dabei. Es sei ein wichtiger Moment nicht nur für den Bau der Trasse, sondern auch für die deutsche Energiewende, sagte Habeck bereits vor dem Baustart:
Über alle Parteigrenzen hinweg sind Bund und Länder entschlossen, die Energieversorgung in den kommenden zwei Jahrzehnten vollständig klimaneutral und umweltfreundlich umzubauen und damit den Ausbau erneuerbarer Energien und der Stromnetze deutlich zu beschleunigen.
Aus Sicht von Habeck und der Bundesregierung ist die Stromverbindung von Nord- nach Süddeutschland entscheidend. Um Klimaneutralität im Stromsektor zu erreichen, müssten in den nächsten zwei Jahrzehnten viele Kilometer zusätzlicher Stromnetze gebaut werden. Oft werde Windstrom vor allem in Norddeutschland erzeugt, die großen Verbrauchszentren befänden sich aber im Süden und Westen der Republik.
Umweltverband BUND hält Trasse für überflüssig
Der Umweltverband BUND sieht das anders. Windstrom sollte sinnvollerweise dort erzeugt werden, wo er gebraucht werde, sagte der Sprecher des Bundesarbeitskreises Energie des BUND, Werner Neumann. Das sei umweltfreundlicher und kostengünstiger.
Die Bundesländer müssen jetzt per Gesetz zwei Prozent ihrer Landesfläche zur Verfügung stellen. "Wären sie schon so weit, könnte sich zum Beispiel Baden-Württemberg zusammen mit Photovoltaik, Biomasse, Wasserstoff und Stromspeichern komplett selbst mit Strom versorgen. Der SuedLink wäre überflüssig", meinte Neumann.
Es dauert viel länger als geplant
Eigentlich sollte die Trasse längst fertig sein. Doch immer wieder kam es zu Verzögerungen bei den Baugenehmigungen. Deshalb muss es aus Sicht von EnBW-Chef Andreas Schell jetzt schnell gehen mit dem weiteren Ausbau. Die Übertragungstrasse sei eines der Schlüsselprojekte der Energiewende in Deutschland und wichtig für Industrie und Privatleute, so Schell.
"Wir haben das Dilemma im Land, dass wir Großprojekte verzögern", sagte Schell. Das dürfe im Fall von SuedLink aber nicht passieren. Viele Verfahren für den Bau der SuedLink-Strecke müssten noch ihren Gang durch die Landesbehörden nehmen. Der letzte Antrag solle nächstes Jahr eingereicht werden. "Der erfolgreiche Ausbau ist eine Grundvoraussetzung, um bereits 2028 aus der Kohle aussteigen zu können."
Auch Landwirt Belz muss zahlreiche Schreiben bearbeiten. Das koste Zeit, die er eigentlich für seine Felder bräuchte. Allein die Vorbereitungsphase fülle einen Ordner. Nicht immer verstehe er, was er da beantworten soll. Außerdem habe man oft nur 14 Tage Zeit für eine Antwort. "Eine sehr kurze Frist, wir Landwirte denken eigentlich in Generationen oder zumindest in Jahren", sagt er.
Doch bei SuedLink muss es jetzt schnell gehen. Denn Ende 2028 soll die Stromtrasse fertig sein, so der Plan.