Grüne gegen Faeser-Vorstoß Vorratsdatenspeicherung belastet Rot-Grün
Bundesinnenministerin Faeser und die Innenminister der Länder drängen gemeinsam auf die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung. Die Grünen kritisieren das, könnten von SPD und CDU/CSU aber überstimmt werden.
Es könnte zu einer echten Belastungsprobe für die rot-grüne Minderheitsregierung werden. Innenministerin Nancy Faeser, SPD, hat sich mit ihren Amtskolleginnen und -kollegen der Länder auf folgendes Vorgehen geeinigt. Das zuletzt im Bundesrat gescheiterte Sicherheitspaket soll um eine Regelung zur anlasslosen Speicherung von IP-Adressen erweitert werden, also einer Vorratsdatenspeicherung. Dafür soll die Bundesregierung entweder den Vermittlungsausschuss anrufen oder ein neues Gesetzgebungsverfahren einleiten. Das so erweiterte Sicherheitspaket soll dann noch vor der Bundestagswahl beschlossen werden.
SPD und CDU/CSU hätten dafür die nötige Mehrheit im Bundestag. Die SPD regiert im Bund allerdings weiterhin mit den Grünen und deren Bundestagsfraktion lehnt eine Vorratsdatenspeicherung ab. Darauf angesprochen sagte Faeser bei der Innenministerkonferenz (IMK), sie sei "zuversichtlich, dass wir auch im Bundestag dafür eine Mehrheit kriegen würden. Ich würde aber auch noch mal auf den grünen Koalitionspartner zugehen, mit ihm verhandeln wollen."
Grüne sehen keinen verfassungskonformen Vorschlag
Damit steht zumindest im Raum, dass die SPD sich gemeinsam mit CDU und CSU über die Bedenken der Grünen hinwegsetzen könnte. Darauf angesprochen sagte der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem ARD-Hauptstadtstudio, der Beschluss der IMK überrasche nicht. Bei der Vorratsdatenspeicherung gebe es seit Ewigkeiten eine "großkoalitionäre Einigkeit." Es liege aber "kein verfassungskonformer Vorschlag vor, der tatsächlich beschlossen werden könnte", so von Notz.
Deswegen könne er allen Beteiligten nur abraten, "solche Manöver zu fliegen". Es gebe drängende Sicherheitsprobleme, "die muss man angehen und das gehört nicht dazu." Zur Ankündigung von Faeser, mit den Grünen verhandeln zu wollen, sagte von Notz: "Das ist ja sehr großzügig. Frau Faeser hat auch einem Koalitionsvertrag zugestimmt, in dem die Vorratsdatenspeicherung explizit ausgeschlossen ist."
"Datenschutz darf kein Täterschutz sein"
Mit dem Beschluss der Innenminister könnte die SPD versuchen, den Druck auf die Grünen zu erhöhen, um doch noch eine Einigung zu erreichen. Gleichzeitig steht die Bundesinnenministerin nach ihren Aussagen bei der IMK aber ebenfalls unter Druck, zu liefern. Das könnte in der Koalition zu weiteren Spannungen führen, zumal sich im anlaufenden Bundestagswahlkampf bereits andeutet, wie hart um Themen der inneren Sicherheit gerungen wird.
Dass dabei rhetorisch auch das ganz grobe Diskussions-Besteck genutzt wird, wurde gestern im Bundestag deutlich. Boris Rhein, CDU, Ministerpräsident in Hessen, warb dort bei einer Debatte vehement für eine Vorratsdatenspeicherung. Dabei verwies er, anders als jetzt die Innenminister, nicht auf die Terrorismusbekämpfung, sondern auf schwerste Misshandlungen von Kindern und die Darstellung davon im Internet. "Datenschutz darf kein Täterschutz sein und Kinderschänder haben kein Recht auf Privatsphäre", sagte Rhein bei der Debatte und rief "wir müssen handeln."
Gefahr für die Koalition kurz vor den Wahlen?
Auffällig bei der Debatte war, dass CDU, CSU und SPD bei ihren Forderungen inhaltlich große Übereinstimmungen hatten. So erinnerte Sebastian Fiedler, SPD, daran, dass seine Fraktion und die Innenministerin schon lange eine Vorratsdatenspeicherung fordern. "Also lassen Sie uns gemeinsam an diesem Thema ohne Ideologie diskutieren. Mit uns können Sie sicher nach vorne schauen.“ Auch das klang mit Blick auf den grünen Koalitionspartner der SPD wenig freundlich.
Die Grünen wiederum machten im Bundestag sehr deutlich, dass sie eine Vorratsdatenspeicherung als "anlasslose Überwachung von allen Bürgerinnen und Bürgern" ablehnen, so Marcel Emmerich. Grundsätzlich ist es nur schwer vorstellbar, dass die SPD bei dem Thema bereit wäre, die Koalition so kurz vor den Wahlen noch zu gefährden. Die Aussagen der vergangenen Tage lassen aber zumindest aufhorchen.