Jahresbilanz 2010 - FDP Blau-gelber Schlingerkurs ins Umfragetief
Der FDP ein bewegtes Jahr nachzusagen, wäre eine Untertreibung: Erst die umstrittene Begünstigung der Hoteliers, gefolgt von monatelangem Gerangel mit der CSU und dann noch eine Maulwurf-Affäre. Nach 15 Prozent bei der Bundestagswahl, dümpelt die Partei nun in Umfragen bei fünf Prozent.
Von Jan Seidel, SWR, ARD-Hauptstadtstudio
Einfacher, gerechter und niedriger - dieses Ziel aus dem Wahlkampf hat die FDP 2010 innerhalb kürzester Zeit erreicht. Leider nicht wie geplant im Steuersystem, aber in den eigenen Umfragewerten. Zum Jahresende dümpelt die Freie Demokratische Partei bei fünf Prozent, nach fast 15 bei der Bundestagswahl.
Dabei hat sich die FDP wirklich enorme Mühe gegeben und in den vergangenen zwölf Monaten fast schon vergessene, grunddemokratische Prinzipien wiederbelebt: Wurde früher in Berlin von oben nach unten durchregiert, wird jetzt jedes Detail ausdiskutiert. Gab es früher eine Parteilinie, die zur Not mit Fraktionszwang durchgesetzt wurde, werden heute unterschiedliche Auffassungen liebevoll auf allen Kanälen ausdiskutiert. So lebt die Koalition heute eine freudige Meinungsvielfalt, dass Alt-Kommunarden beinahe schon stolz sein könnten.
Amüsanter Irrglaube der FDP-Führung
Auslöser war ein amüsanter Irrglaube der FDP-Führung: Parteichef Guido Westerwelle und seine Kollegen haben zu Beginn der Koalition tatsächlich gedacht, die beteiligten Parteien würden zusammenarbeiten. Eine geistig-politische Wende wollte Westerwelle hinbekommen, und er wollte sogar "Horst "sagen zu seinem Kollegen Seehofer. Nach einigen gutgemeinten Nachhilfestunden durch die CSU weiß es die FDP jetzt besser, hadert aber noch mit den Lehren aus dieser Erkenntnis. Einzig das liberale Gute-Laune-Zentrum Rainer Brüderle durfte im Herbst ein paar Mal ungestraft der Kanzlerin widersprechen und die staatliche Rettung der Auto-Ikone Opel ablehnen, leider verglühte der Glanz dieser ordnungspolitisch tapferen Initiative verhältnismäßig schnell in den Nachwehen der WikiLeaks-Büroleiter-Maulwurf-Affäre.
Ewige Verehrung von den Hoteliers
Und so schlingert die blau-gelb Parteiführung in Berlin in einem kraftvollen Kurs zwischen gegenseitigen Vorwürfen und tapferen Durchhalteparolen ins neue Jahr. Auch wenn sie von den deutschen Hoteliers für immer verehrt und vom Rest der Republik mit Verwunderung bestaunt werden wird. Wer, wenn nicht diese stolze Partei sollte sich Sorgen machen vor den anstehenden Landtagswahlen? "Immerhin, fünf Prozent in den Umfragen", sagen die Zyniker - in diesen Regionen kenne sich die FDP ja seit Jahrzehnten aus.