Terre des Femmes Kopftuchverbot für Mädchen gefordert
Mit Religion habe das Kopftuch nichts zu tun, sagt Terre des Femmes. Die Organisation fordert in einer Petition ein Kopftuchverbot für Mädchen an Schulen und Kitas. Doch das stößt auch auf Kritik.
Es gibt keine Zahlen und keine Studien. Terre des Femmes beruft sich allein auf Erfahrungsberichte. Das Kopftuch schon für Mädchen sei kein vereinzeltes Phänomen mehr, heißt es in der Petition.
Da habe sich was verändert, sagt Seyran Ates, liberale Muslimin und Anwältin. Sie habe es selbst erlebt: "Ich bin 1963 in Istanbul geboren. Meinen Eltern war es fremd, dass auf den Kopf eines Kindes ein Kopftuch gehört. So bin ich aufgewachsen." Jetzt habe der türkische Präsident Erdogan mit dem Kopftuch Wahlkampf gemacht.
Beim Kopftuch geht es nicht um Religion, sagt Frauenrechtlerin Seyran Ates.
"Symbol für den politischen Islam"
Mit Religion habe das Kopftuch nichts zu tun, sagen die Frauenrechtlerinnen. Es sei ein wichtiges Symbol für den politischen Islam. Dass Familien inzwischen auch Mädchen nur noch mit Kopftuch vor die Tür lassen, sei ein weiterer Versuch, den Einfluss des Fundamentalismus auszudehnen, sagt Vorstandsfrau Necla Kelek: "Das heißt, die Frau trägt mit dem Kopftuch die Fahne der politischen Richtung des Islam. Wir dürfen diese Bewegung nicht kleinreden und nicht sagen, das hat mit uns hier in Deutschland nichts zu tun."
Kelek wirbt um Verbündete in den - wie sie sagt - bürgerlichen Parteien. Sie hat aber bei der Politik keinen großen Erfolg.
Kopftuch verbieten - und andere religiöse Symbole?
Bernhard Franke ist kommissarischer Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Ihn stört vor allem, dass die Kampagne sich allein gegen ein islamisches Symbol wendet. Das grenze muslimische Kinder aus: "Dann müsste man in der Konsequenz auch jegliche religiöse Symbolik wie Kippa oder offen getragene Kreuze an Schulen verbieten." Er hält ein Verbot nur des Kopftuchs für verfassungsrechtlich bedenklich.
Ähnlich sieht das auch der neue Bundesbeauftragte für Religionsfreiheit - auch wenn Markus Grübel zugibt, dass er mit dem Kopftuch für Mädchen ein Problem hat: "Das ist für mich aber kein Thema für ein Verbot, sondern eine pädagogische Frage. Ich rate Kindergärten und Schulen, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen, ob das Tragen des Kopftuchs sinnvoll ist."
Viele für Dialog, wenige für Verbot
Den Dialog suchen - diesem Vorschlag haben sich schon viele angeschlossen: Grüne, Linke, die Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen prüft dagegen gerade ein Verbot.
Eine Partei hat Terre des Femmes allerdings auf ihrer Seite: die AfD. Die Frauenrechtsorganisation wehrt sich gegen den Vorwurf, sie stelle sich auf die Seite von Rassisten. Ali Ertan Toprak, der Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Immigrantenvereine, unterstützt sie dabei: "Es geht um die Errungenschaften der Aufklärung. Religionskritik ist kein Rassismus. Ich komme mir wirklich blöd vor, dass ich im 21. Jahrhundert hier in Deutschland solche Sätze von mir geben muss."
Dennoch verläuft die Kampagne bisher schleppend. Weniger als 10.000 Unterschriften hat Terre des Femmes bisher gesammelt. Das liegt auch daran, dass große Onlineplattformen für Petitionen nicht für sie werben. Aus Angst vor Beifall von der falschen Seite.