Interview mit Tagesthemen-Moderatorin Caren Miosga "Man sollte sich selbst treu bleiben"
Sie will einfach einen "ordentlichen Job" machen und sich selbst treu bleiben. Caren Miosga wird ab heute die Tagesthemen moderieren. Für die Zuschauer möchte sie sein wie eine gute Bekannte, die verständlich erklärt, was am Tag passiert ist, sagt sie im tagesschau.de-Interview.
tagesschau.de: Die Tagesthemen mit Caren Miosga: Was erwartet die Zuschauer? Was wird sich ändern?
Caren Miosga: Ich finde, dass es sich bei einer so renommierten Sendung, wie die Tagesthemen es sind, verbietet zu glauben, man müsste da jetzt aufräumen und alles revolutionär umwerfen. Da gibt's nichts zu ändern. Ich werde versuchen, einen ordentlichen Job zu machen, gut informiert zu sein, gute Texte zu schreiben, gute Interviews zu führen. Wenn mir das gelingt, habe ich gar nicht viel anders gemacht, denn das hat auch Anne Will immer glänzend getan.
tagesschau.de: Wie wollen Sie als Tagesthemen-Moderatorin wahrgenommen werden?
Miosga: In der heutigen Ausgabe des "Stern" beschreibt ein Journalist Tom Buhrow als weitgereisten kundigen Nachbarn. Die Beschreibung finde ich sympathisch. Für mich hat der Beruf etwas davon - vielleicht kein Nachbar, vielleicht kein Freund, aber eine gute Bekannte, die im Fernsehen sitzt und erzählt, was heute in der Welt passiert ist. Jemand, der diesen Tag nicht einfach ablichtet, sondern auch einordnet und versucht, schwierige und komplizierte Sachverhalte so einfach zu übersetzen, wie es geht.
Keine Kreuzung aus Friedrich und Lojweski
tagesschau.de: Was zeichnet eine gute Moderatorin aus?
Miosga: Sie sollte über fundiertes Wissen verfügen und gut informiert sein. Eine gute Moderatorin sollte sich meiner Meinung nach aber immer auch selbst treu bleiben. Also, ich werde nicht versuchen, eine Kreuzung aus Hanns-Joachim Friedrichs und Wolf von Lojewski in weiblich zu sein (lacht), sondern bei meinen eigenen Ideen und Gedanken zu bleiben, weil das in der Regel am glaubwürdigsten ist.
tagesschau.de: Eine Nachrichtensendung wie die Tagesthemen entsteht immer im Team. Was erwarten Sie von Ihren Kolleginnen und Kollegen?
Miosga: Dass sie meine Macken ertragen (lacht). Dass man zusammenarbeitet - im besten Sinne des Wortes. Aber das habe ich hier in meinen ersten Tagen während der Einarbeitung auch genauso erfahren. Es ist wichtig, dass alle an einem Strang ziehen. Ich denke, dass die Tagesthemen auch deswegen so gut sind, weil alle so homogen zusammenarbeiten. Und ich freue mich darauf, Teil dieses Prozesses und dieses Teams zu sein, das ich als sehr kompetent und sympathisch kennengelernt habe.
So ein Vertrauen muss man sich erarbeiten
tagesschau.de: Sie haben bis vor kurzem das Kulturmagazin "Titel Thesen Temperamente“ moderiert. Wie groß ist der Sprung zu einer aktuellen Nachrichtensendung wie den Tagesthemen?
Miosga: Ich empfinde es schon als Sprung, weil die Tagesthemen natürlich ein Flaggschiff der ARD sind - eine renommierte Sendung, vor der ich als Zuschauerin schon immer Respekt hatte. Denn das war die Sendung, die mir abends die Welt erklärt hat. Und dem Moderator oder der Moderatorin habe ich immer abgenommen, dass er oder sie mir die Welt auch erklären darf. So ein Vertrauen bei den Zuschauern muss man sich erst erarbeiten. Auf der anderen Seite ist journalistische Arbeit journalistische Arbeit. Und das Handwerk dazu braucht man im kulturellen Bereich genauso wie im wirtschaftlichen oder politischen.
Caren Miosga wurde 1969 in Peine in Niedersachsen geboren. In Hamburg studierte sie Geschichte und Slawistik. Neben dem Studium arbeitete sie als Reiseleiterin in Moskau und St. Petersburg und berichtete für den Hörfunk aus Russland. Bei mehreren öffentlich-rechtlichen und privaten Radio- und Fernsehsendern arbeitete sie als Reporterin, Redakteurin und Moderatorin. Ab 1999 moderierte sie im NDR Fernsehen das Kulturjournal. Von März 2003 an führte sie dort auch durch das Medienmagazin Zapp. Im April 2006 übernahm sie die Moderation des wöchentlichen Kulturmagazins Titel, Thesen, Temperamente im Ersten. Ab 2007 arbeitete sie als Moderatorin der tagesthemen. Nun übernimmt sie den Sonntags-Talk von Anne Will.
tagesschau.de: Wie ist das Gefühl, plötzlich die Moderatorin zu sein, die den anderen die Welt erklärt?
Miosga: Wenn mir jemand vor zehn Jahren gesagt hätte: 'Du wirst mal die Tagesthemen moderieren', dann hätte ich ihn gefragt, wovon er denn eigentlich nachts so träumt. Aber so langsam gewöhne ich mich daran. Und gestern, bei der Probesendung im Studio, hatte ich das Gefühl, dass ich zumindest kein Fremdkörper war, und dass es mir sicher großen Spaß machen wird.
Nachrichten-Moderatoren sind keine Glamour-Figuren
tagesschau.de: Als Moderatorin der Tagesthemen werden Sie stärker in der Öffentlichkeit stehen als bisher. Wie werden Sie damit umgehen?
Miosga: Ich habe sowohl mit Anne Will als auch mit Tom Buhrow darüber geredet und beide haben mir die Angst genommen. Denn Nachrichtenmoderatoren sind keine Glamour-Figuren. Sie werden normalerweise nicht von Paparazzi gejagt. Natürlich werde ich in der Öffentlichkeit sicher eher erkannt werden als jetzt, aber ich glaube, dass ich mich daran gewöhnen kann, solange es einen gewissen Rahmen nicht sprengt. Und sowohl Anne als auch Tom sagen, dass die allermeisten Menschen diesen Rahmen respektieren.
Das Interview führte Sabine Klein, tagesschau.de