Demonstration in Berlin Zehntausende fordern "Brandmauer" gegen AfD
Das gemeinsame Votum von Union und AfD treibt auch am Sonntag zahlreiche Menschen auf die Straße. In Berlin versammelten sich etwa 80.000 Demonstranten vor dem Reichstagsgebäude, die den Erhalt der "Brandmauer" gegen die AfD forderten.
Aus Protest gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im Bundestag sind an diesem Wochenende Zehntausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straße gegangen.
Allein in Berlin sind am Sonntagnachmittag laut Polizei rund 160.000 Menschen zu einer Demonstration für den Erhalt der "Brandmauer" zusammengekommen. Die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahl sogar auf bis zu 250.000 – erwartet worden waren rund 20.000 Demonstranten.
Viele Teilnehmer hatten Plakate und Transparente dabei. Auf ihnen war unter anderem zu lesen "Fritz, hör auf Mutti", "Es ist 5 vor 1933" und "Kein Merz im Februar".
Der Demonstrationszug führte über die Straße des 17. Juni
Lichtermeer vor CDU-Parteizentrale
Der Demonstrationszug führt vom Reichstagsgebäude über die Straße des 17. Juni zum Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Parteizentrale. Dort leuchteten Demonstranten mit Handylichtern, es gab Buhrufe für den Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz. Die Demonstranten riefen wiederholt: "Wir sind die Brandmauer", Merz solle sich schämen.
Wegen des großen Andrangs hatte die Polizei den Zugang zum Konrad-Adenauer-Haus eingeschränkt und bat die Demonstrationsteilnehmer, sich auf der angrenzenden Klingelhöferstraße bis zur Siegessäule zu verteilen. Nach Angaben einer Polizeisprecherin war der Raum zwischen der CDU-Parteizentrale und der Siegessäule zu 100 Prozent voll. "Da geht gar nichts mehr", sagte sie.
Friedman nennt AfD "Partei des Hasses"
Der Publizist Michel Friedman, der vor wenigen Tagen aus Protest aus der CDU ausgetreten war, erinnerte bei der Auftaktkundgebung an das Versprechen, dass die Würde jedes Menschen unantastbar sei. Die AfD bezeichnete er als eine "Partei des Hasses". Dass CDU/CSU mit ihr gemeinsam für eine schärfere Migrationspolitik gestimmt hatten, nannte Friedman einen "unentschuldbaren Fehler". Gleichzeitig nahm er seine frühere Partei in Schutz. Bei all der berechtigten Kritik an dem Verhalten der CDU dürfe eines nicht vergessen werden: "Die CDU ist eine demokratische Partei".
Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte, eine Abstimmung wie die von Union und AfD dürfe es nie wieder geben – zumal nur kurz zuvor der Opfer des Nationalsozialismus gedacht worden sei. Ab jetzt müsse gelten: "Man macht nicht gemeinsame Sache mit denen, die die Menschenwürde mit Füßen treten. Punkt."
Zu der Demonstration unter dem Motto "Aufstand der Anständigen - Wir sind die Brandmauer" haben die Kampagnen-Organisation Campact gemeinsam mit dem DGB Berlin-Brandenburg und "Fridays for Future" aufgerufen. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit 500 Kräften vor Ort.
Demonstration in Potsdam
In Potsdam haben am Nachmittag Hunderte Menschen für Demokratie, Weltoffenheit und Vielfalt demonstriert. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hielt ein Grußwort und bekräftigte, es dürfe nie eine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten geben.
Demonstration auf dem Alten Markt in Potsdam
Zu dem Protest auf dem Alten Markt hatte das Bündnis "Potsdam bekennt Farbe" aufgerufen. Nach Schätzung der Organisatoren beteiligten sich rund 2.500 Menschen. Die Polizei sprach von einer Teilnehmerzahl im "unteren vierstelligen Bereich". Der Protest richtete sich vielfach gegen die AfD - auch zahlreiche Plakate mit Aufschriften gegen CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz wurden gezeigt.
Eine weitere Demonstration war am Nachmittag in Brandenburg an der Havel auf dem Altstädtischen Markt angekündigt. Bereits am Samstag gab es Veranstaltungen in Cottbus und in Fürstenwalde.
Proteste gegen Kurs der CDU
Hintergrund der aktuellen Proteste ist der Kurs der Union in der Migrationspolitik und ihre Bundestagsabstimmung mit der AfD. CDU-Kanzlerkandidat Merz hatte in dieser Woche für Empörung gesorgt, weil er im Bundestag in Kauf nahm, dass AfD-Stimmen ausschlaggebend waren, dass sein Fünf-Punkte-Migrationsplan am Mittwoch eine Mehrheit bekam. Ein Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration scheiterte am Freitag im Bundestag trotz der Zustimmung der AfD.
Bereits am vergangenen Donnerstag hatten sich mehrere Tausend Menschen zu einer Demonstration vor der CDU-Bundesgeschäftsstelle in Berlin-Tiergarten versammelt. Am vergangenen Wochenende protestierten vor dem Brandenburger Tor in Berlin Zehntausende Menschen gegen die geplante Abstimmung. Die Proteste richten sich aber auch gegen ein Erstarken von Rechtsextremismus und Rechtspopulismus allgemein.
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.02.2025, 17:30 Uhr