Hessen Umstrittenes Erotik-Portal: Das Geschäft mit OnlyFans
Das Erotik-Portal OnlyFans ist umstritten. Creatorin Chupz feiert es als Weg in die finanzielle Unabhängigkeit. Aussteigerin Yma Nowak berichtet, dass sie bedroht wurde. Die beiden jungen Frauen erzählen, was das Geschäft so mit sich bringt.
Chupz liegt auf dem Boden und posiert in Unterwäsche vor einem Fotografen. Für die nächsten Aufnahmen wechselt sie ihre Position, nimmt Sexspielzeug in die Hand. Über ihren platinblonden Haaren trägt sie eine schwarze Maske. Chupz ist der Künstlerinnenname der Frankfurterin.
- An dieser Stelle befindet sich externer Inhalt, der hier nicht dargestellt werden kann. Hier gelangen Sie zum Original-Beitrag auf hessenschau.de.
Die 29-Jährige ist eine von vielen Content Creatorinnen, die sich auf dem Erotik-Portal OnlyFans freizügig anbieten. Für eine zahlende Kundschaft ist sie dort in aufreizenden Posen auf Fotos und in Videos zu sehen. Sie stehe finanziell inzwischen gut da, sagt Chupz.
Neben ihrer Arbeit als Tätowiererin ist OnlyFans ihre Haupteinnahmequelle. "Ich glaube, jedes OnlyFans-Girl würde lügen, wenn sie sagt, dass es nicht ums Geld geht", meint Chupz. Die Frauen könnten ihren Content sonst auch auf anderen Plattformen hochladen, sie müssten keine Paywall haben.
Mehr zu OnlyFans sehen Sie in der aktuellen Folge "7 Tage … OnlyFans" in der ARD-Mediathek, in der die hr-Reporterin Marie Isabelle Vogler einen Selbstversuch startet.
OnlyFans birgt auch Gefahr
Die finanzielle Sicherheit hat allerdings eine Kehrseite: Chupz räumt ein, dass sie manchmal Angst hat, dass ein Neukunde in ihr Tätowierstudio in Michelstadt (Odenwald) kommen und die vermeintliche Beziehung falsch verstehen könnte. Es gebe vereinzelt OnlyFans-Kunden, "die am Leben vorbei sind", wie sie sagt.
Sie habe schon unangenehme, bedrohliche Nachrichten bekommen, in denen Nutzer schrieben, dass sie sie an einem bestimmten Datum holen würden. Sie will sich aber nicht einschüchtern lassen: "Ich will denen einfach nicht erlauben, dass ich Angst habe", sagt Chupz.
Creatorin Yma Nowak wurde bedroht
Dass das Portal für Frauen problematisch werden kann, hat die 26-jährige Yma Louisa Nowak schon erlebt. Die Berlinerin hat von 2020 bis Anfang 2024 bei OnlyFans pornografischen Content hochgeladen und konnte nach eigenen Angaben sehr gut davon leben. Sie habe im fünfstelligen Bereich verdient, sagt sie.
Ihr ist diese Nähe zu den Nutzern dann aber zu viel geworden, und sie ist ausgestiegen. "Da habe ich dann schon auch teilweise Angst bekommen. Ich dachte: Nicht, dass sie denken könnten, sie könnten mich küssen oder ähnliches, wenn ich denen jetzt wirklich einmal begegne", erzählt Nowak.
Sie hatte das Gefühl, dass die Nutzer dachten, dass sie wirklich in einer Beziehung mit ihr wären und sie auch privat treffen wollten. Sie habe auch viele unangenehme Nachrichten bekommen, die diese Angst bei ihr weiter getriggert haben. "Es hat mich schon schockiert, wie die Leute so ticken. Ich konnte das vorher eigentlich gar nicht so abschätzen."
Eine Scheinbeziehung gegen Geld
Durch die intimen Einblicke scheinen bei manchen Kundinnen und Kunden das reale und das digitale Leben zu verschwimmen. Die Nachfrage nach exklusivem Content ist groß, obwohl Männer und Frauen eigentlich auch auf Websites oder Instagram-Profile gehen könnten, die frei zugänglich und unentgeltlich sind. "Das ist eine Art parasoziale Beziehung", sagt die Medienwissenschaftlerin Lisa Andergassen von der Universität Bayreuth, die zu OnlyFans geforscht hat.
Darunter versteht man in der Medienpsychologie eine einseitige Interaktion, bei der eine Zuschauerin oder ein Zuschauer zum Beispiel eine intime Beziehung zu einer Influencerin, einer Sängerin, einem Schauspieler oder einer virtuellen Figur aufbaut.
Chupz: "Ein sehr viel freieres Leben"
Es gehe darum, als Creator oder Creatorin eine Illusion für die Abonnenten zu erschaffen, sagt Andergassen. Der Kontakt solle sich persönlich anfühlen. "Die Männer wollen nicht nur explizite Clips anschauen, sondern sie wollen eine unmittelbare Kommunikation zu der Creatorin." Dafür würden sich die Frauen, die ihre Inhalte anbieten, auch persönliche Dinge, wie zum Beispiel den Geburtstag eines Nutzers, merken.
Auf der anderen Seite bekommen Creatorinnen auch Bestätigung von Kunden. Auch Chupz sagt, dass es schön sei, positive Resonanz auf Beiträge zu bekommen. "Aber die Tatsache, dass ich bei jedem Upload weiß: Das finanziert mir jetzt meine Woche, wirkt mehr." Das ermögliche ihr ein sehr viel freieres Leben, sagt die 29-Jährige. In ihrem Tätowierstudio steche sie etwa nur noch die Motive, die sie stechen wolle.
Der Content muss aufregend bleiben
Um dauerhaft Geld zu verdienen, muss der Content aufregend bleiben, und die Creatorinnen müssen immer Neues anbieten. Das bestätigt auch Chupz: "Als ich angefangen habe mit OnlyFans, hätte ich nicht gedacht, dass ich jetzt das mache, was ich mache. Was aber nicht bedeutet, dass ich mich jetzt unwohl fühle."
Die Tätowiererin managt ihren Content selbst. Das ist aber nicht immer so. Immer mehr Agenturen sprießen aus dem Boden, die Frauen unter anderem bei Instagram anschreiben. Sie stellen in Aussicht, unter ihrer Anleitung ohne großen Aufwand enorme Geldsummen verdienen und innerhalb weniger Wochen große Reichweiten gewinnen zu können.
Agenturen werben Frauen an
Die Gefahr hierbei ist nicht nur, dass Creatorinnen sehr viel Provision abdrücken müssen - teilweise bis zu zwei Drittel der Einnahmen. Die Frauen werden auch für mehr Klicks dazu gedrängt, immer krasseren Content abzuliefern. Manche gehen dabei über ihre Grenzen.
OnlyFans selbst will mit den fragwürdigen Agenturen nichts zu tun haben. "Die Geschäftsbeziehung beschränkt sich auf die Content Creators. OnlyFans arbeitet nicht mit Dritten oder Agenturen zusammen und unterstützt diese auch nicht", teilte das Unternehmen mit.
Auf der Webseite heißt es: "Wir haben uns dazu verpflichtet, die sicherste digitale Medienplattform der Welt aufzubauen." Rechtlich gesehen seien die Content Creators selbst verantwortlich für den Inhalt, den sie verbreiten. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es einen wirklichen Schutz für die Creatorinnen nicht geben kann.
OnlyFans ist eine Website für exklusive Inhalte für zahlende Abonnenten. Das Unternehmen wurde 2016 von dem Briten Tim Stokley gegründet. Seitdem verzeichnet das Portal stetig steigende Zahlen. Die aktuellen User-Zahlen liegen laut Statista bei derzeit rund 300 Millionen weltweit. Es gibt mehr als vier Millionen Accounts von Menschen, die ihren Content auf der Plattform anbieten.