Ein Wolf steht im Gehege im Wisentgehege Springe.

Niedersachsen Weniger Schutz für Wölfe: Zustimmung und Kritik an Beschluss der EU

Stand: 04.12.2024 10:35 Uhr

Der Europarat hat den Schutzstatus für wild lebende Wölfe gesenkt. Während Landespolitiker in Niedersachsen den Beschluss positiv bewerten, sprechen Naturschützer von einer politisch motivierten Entscheidung.

"Streng geschützt" - diesen Status besitzt der Wolf derzeit laut "Berner Konvention". Das heißt, der Wolf darf nicht absichtlich getötet werden. Auf Antrag der EU-Staaten soll dieser Status nun von "streng geschützt" auf "geschützt" herabgestuft werden. Mit seiner Zustimmung zu diesem Antrag schuf der Ausschuss des Europarats die Voraussetzung dafür, die Zahl der Wölfe insgesamt zu regulieren. So wäre zum Beispiel auch eine Obergrenze für Wölfe in einer festgelegten Region denkbar. Eine Jagd auf Wölfe wäre unter bestimmten Umständen einfacher möglich. Bevor das in Deutschland gelten kann, muss zunächst das EU-Recht geändert werden.

Zahl der getöteten Tiere verdoppelte sich

Hintergrund des Antrags der EU-Staaten ist, dass sich die Zahl der vom Wolf getöteten Nutztiere in der EU innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt hat. Meist sind Schafe und Ziegen betroffen. Die Zahl der getöteten Tiere wird auf 65.500 pro Jahr geschätzt. In Niedersachsen wurden im Jahr 2023 etwa 1.400 Nutztiere von Wölfen angegriffen.

Meyer: "Wolf nicht mehr vom Aussterben bedroht"

In der niedersächsischen Landespolitik ist der Beschluss des Europarats größtenteils auf Zustimmung gestoßen. Umweltminister Christian Meyer (Grüne) sagte am Dienstag, man komme dadurch einem regional differenzierten Wolfsmanagement einen großen Schritt näher. "Der Wolf bleibt geschützt und wird nicht wieder ausgerottet", betonte Meyer. Angesichts einer stark gestiegenen Wolfspopulation in Europa seien die Tiere jedoch nicht mehr vom Aussterben bedroht. Das gelte auch für Niedersachsen.

CDU: Signal für pragmatische Lösungen

Zustimmung erhielt Meyer vom Koalitionspartner: Die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Thordies Hanisch, sprach von einem "enorm wichtigen" Beschluss. Man sei noch nie so weit wie heute, den Wolf in Deutschland in ein regionales Bestandsmanagement zu überführen. Dies sei enorm wichtig, weil der Druck "schon lange nicht mehr zu ertragen" sei. Der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Schmädeke sieht in dem Beschluss ein "Signal für pragmatische Lösungen", das Hoffnung auf ein besseres Gleichgewicht zwischen Naturschutz und den berechtigten Interessen der Weidetierhalter macht.

Eine Entscheidung ohne Faktenbasis?

Naturschützer äußerten hingegen Kritik an der Entscheidung des Europarates. Der Umweltschutzverband NABU rügte, der Beschluss sei ausschließlich politisch getrieben, auf Fakten basiere er nicht. Laut NABU-Expertin Marie Neuwald braucht es funktionierende Regelungen, wann ein Wolf mit auffälligem Verhalten getötet werden darf. Das sei auch schon im bestehenden Recht möglich. In Niedersachsen dürfen Wölfe derzeit mit einer behördlichen Abschussgenehmigung erlegt werden. Kommt es in einem Gebiet mit hohem Rissaufkommen zu einem erneuten Riss von Nutztieren, darf 21 Tage lang auf Wölfe geschossen werden - in einem Umkreis von 1.000 Metern um die betroffene Weide.

Geringerer Schutzstatus: Rechtliche Umsetzung dauert

Dass Wölfe ab sofort in Deutschland leichter geschossen werden dürfen, bedeutet die Entscheidung des Europarat-Gremiums nicht. Zunächst muss die Europäische Kommission konkrete Vorschläge zur Änderung des Schutzstatus im EU-Recht und in der FFH-Richtlinie erarbeiten. Diese werden anschließend gleichzeitig im Europäischen Rat und im Europäischen Parlament beraten und zur Abstimmung gebracht. Erst wenn es in beiden Gremien eine Mehrheit gibt, kann der Wolfsschutzstatus im EU-Recht und in der FFH-Richtlinie geändert werden.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Regional Lüneburg | 04.12.2024 | 06:30 Uhr