Bundeswehr Altmark

Sachsen-Anhalt Altmark: Warum ein junger Mann unbedingt Soldat werden will

Stand: 24.11.2024 11:07 Uhr

Zu wenig Fachpersonal – das gibt es nicht nur im Handwerk oder der Pflege. Auch die Bundeswehr braucht Nachwuchs, zum Beispiel für den Standort "Gefechtsübungszentrum Heer" in der Altmark. Was junge Menschen bewegt, Soldat werden zu wollen.

Von Carina Emig, MDR SACHSEN-ANHALT

"Die Rohrmündung folgt dem Blick, das ist wichtig!", erklärt der Gruppenführer den 13 Rekruten, die in einem Wäldchen des Truppenübungsplatzes Altmark gut getarnt im Regen kauern. In der sechsmonatigen Basisausbildung lernen sie alles, was für den Ernstfall wichtig ist. Heute stehen "Täuschen und Tarnen" sowie "Formen der Entfaltung", also Bewegungsarten im Gelände, auf dem Lehrplan. Einer der Rekruten ist Jordan, der mit seiner Gruppe seit den frühen Morgenstunden Kälte und Regen trotzt und solange übt, bis alles sitzt.

"Ich habe vorher eine Ausbildung gemacht zum KfZ-Mechatroniker und ich habe einfach gemerkt, dass mir das irgendwie nicht liegt", sagt Jordan. "Mir fehlte dieses kameradschaftliche Gefühl, das habe ich gesucht. Und dann natürlich, weil ich einfach Deutschland liebe." Der 20-Jährige ist einer von 54 Rekruten, die im altmärkischen Gardelegen vor zwei Monaten ihre Basisausbildung begonnen haben. Vier Monate liegen noch vor ihm, bis er sich offiziell Soldat nennen darf. Seit dem 1. Oktober 2024 kann der militärische Nachwuchs auch in der Altmark die sechsmonatige Basisausbildung absolvieren.

Ziel: Quote der Abbrecher verringern

Jordan stammt aus Brandenburg. Bewusst suchten Hauptmann Alexander Helle und sein Team im näheren Umfeld nach den Rekruten für die Altmark: "Ziel war es natürlich, die Regionalität zu fördern, weil, wenn ich hier aus der Region komme und hier eingesetzt bin, dann habe ich da eine gewisse Berufszufriedenheit."

Außerdem hofft Helle, dadurch die Abbrecherquote zu verringern. Tatsächlich hätten bislang nur acht Rekruten aufgehört. Das läge weit unter Bundesdurchschnitt, erklärt der Hauptmann stolz, denn natürlich sei die Ausbildung anspruchsvoll. Weiter erklärt Hauptmann Helle: "Wir haben ein paar Rekruten aus der Altmark und relativ viele Rekruten aus dem Bereich Berlin und Brandenburg. Und das ist für uns Soldaten schon fast heimatnah." Auch, wenn man vielleicht nicht jeden Abend nach Hause fahren könne, so seien 100 oder 150 Kilometer um den eigenen Wohnort für Soldaten doch extrem nah, so Helle.

Tatsächlich sind 40 der Rekruten fest für das Gefechtsübungszentrum in der Altmark eingeplant, denn insgesamt fehlen dort 100 Stellen. Für Jordan allerdings spielt die Heimatnähe eine untergeordnete Rolle: "Ich habe auch eine Kaserne bei mir. Ich komme ja aus Fürstenwalde, die Kaserne ist in Storkow. Die ist nur 20 Minuten entfernt, aber die machen dort nicht das, was ich gern machen möchte."

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Ordnung muss sein: Rekrut Jordan vor seinem Spind.

Auch zwei Frauen unter den Rekruten

Unter den Rekruten in Grundausbildung sind auch zwei Frauen. Eine der beiden ist die 18 Jahre alte Nele: "Ich komme auch aus Berlin, beziehungsweise aus Brandenburg-Teltow. Es war mir schon ein bisschen wichtig, dass ich in der Nähe von zu Hause bin. Aber ich denke mal, wenn es genau das ist, was ich jetzt weitermachen möchte und mir das auch gut gefällt, dann sollte ich das auch mit der Familie vereinbaren können. Aber natürlich ist ein kurzer Weg immer angenehmer. Deswegen bin ich hier ganz zufrieden."

Zufrieden mit seiner Entscheidung, Soldat zu werden, ist auch Jordan. "Also ich habe tatsächlich vor zwei Wochen in meine Kindertagebücher geguckt und da war ein Bild von mir als Baby mit Barett, von meinem Vater. Das habe ich total verdrängt gehabt. Und dann dachte ich, Soldat zu sein, ist schon auch ein gewisser Status, schon etwas Cooles." Für seine 53 Mit-Rekruten in der Basisausbildung ist Jordan ein Vorbild. Deswegen haben sie ihn zur Vertrauensperson gewählt.

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Seit dem 1. Oktober 2024 kann der militärische Nachwuchs auch in der Altmark die sechsmonatige Basisausbildung absolvieren.

"Es kann schon gefährlich werden"

Soldat zu werden in diesen unsicheren Zeiten: Natürlich beschäftigen Jordan auch die sich weltweit zuspitzenden Auseinandersetzungen und Kriege: "Angst ist ja immer da, auch jetzt mit der zunehmenden Bedrohungslage. Angst ist immer dabei, man muss sich auch überlegen, wo man hier ist. Es kann schon gefährlich werden, aber jetzt im Allgemeinen, jetzt sind wir noch im Friedensfall, da wird nicht viel passieren." Seinem Wunsch, Soldat zu werden, könnten Kriege und Krisen nichts anhaben.

Besonders stolz ist Jordan auch auf die Ordnung in seinem Spind, wo sich die verschiedenen Uniformen, die Sportsachen und sein gesamtes Equipment befindet: "Eine gewisse Grundordnung hatte man ja schon. Aber dass jetzt hier die Sachen auf Kante liegen oder wenn, wie hier, mehrere Jacken hängen, dann muss das Hoheitsabzeichen auf einer Höhe sein." Es sei einfach ein gutes Gefühl, wenn er dann in seinen Spint schaue und es sei alles ordentlich. "Dann weiß man auf jeden Fall, man ist nicht angreifbar", sagt er. "Also man hat alles ordentlich gemacht und kann keinen Ärger kriegen."

Gelöbnis als wichtiger Moment

Aber wie sieht es mit dem Eid aus, den er beim feierlichen Gelöbnis sprechen wird? "Ich bin sehr sicher", erklärt der 20-Jährige, während er seine Waffe auf den Flur gemeinsam mit den anderen putzt: "Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes davor zu verteidigen." Der feierliche Eid beim Gelöbnis hat für Rekruten wie ihn eine juristische, symbolische und persönliche Bedeutung. Er verpflichtet sich rechtlich, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit zu verteidigen, während er symbolisch die Verbindung zwischen Bundeswehr und Gesellschaft hervorhebt.

Persönlich markiert der Eid einen Moment der Selbstverpflichtung, der Stolz und Verantwortung vereint. Für Rekrut Jordan ist das Gelöbnis damit ein wichtiger Moment, der ihn seinem Wunsch, Soldat zu werden, nun auch formell ein großes Stück näherbringt. Diesen Moment feiert Jordan mit seinen Familienangehörigen, bevor er Diener und Barett wieder gegen seine Felduniform tauscht.

MDR (Daniel George)