Sachsen-Anhalt Kommunen fehlen 188 Milliarden für wichtige Sanierungen
In Magdeburg haben Vertreter aus Kommunen aus ganz Deutschland getagt, um Lösungen für wachsende Herausforderungen zu finden. Mehrarbeit bei den Themen Migration, Digitalisierung und leere Haushaltskassen belasten die Städte und Gemeinden massiv. Ein Investitionsrückstand von 188 Milliarden Euro, fehlendes Personal und Forderungen nach einem Schuldenschnitt prägen die Diskussionen. Doch die Aussicht auf Entlastung bleibt ungewiss.
Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am Dienstag mit ihrem Ministerium zur Tagung nach Magdeburg geladen. Mit dabei waren Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen aus ganz Deutschland, denn ihnen steht das Wasser bis zum Hals. Immer mehr Aufgaben, die der Bund an die Länder und dann an die Landkreise und Städte überträgt, bringen die Kommunen an die Belastungsgrenze. Mehrarbeit beim Thema Migration, schleppende Digitalisierung und steigende Personalkosten lassen den Handlungsspielraum für Ober- und Ortsbürgermeister immer kleiner werden.
Belastungsgrenze lange schon erreicht
"Wir haben keine Handlungsspielräume mehr im Sozialen, Kulturellen oder Klimaschutz. Wir haben bundesweit einen Investitionsrückstand von 188 Milliarden Euro", sagte Ralph Spiegler, Vizepräsident des Städte- und Gemeindebundes. Nach seinen Angaben kommen jeden Tag 13 Millionen Euro hinzu. Schulen, Feuerwehren, Infrastruktur wie Brücken und Straßen – den Kommunen fehlt das Geld für das Nötigste.
Ralph Spiegler, Vizepräsident des Städte und Gemeindebundes, wünscht sich, mehr finanzielle Unterstützung und Aufgaben an den Bund abgeben zu können.
Magdeburgs Oberbürgermeisterin warnt vor Finanzkollaps
Gastgeberin der zweitägigen Tagung war die Landeshauptstadt Magdeburg. Deren Oberbürgermeisterin Simone Borris betonte ebenfalls, wie groß der Sanierungsdruck ist: "Zwei Brücken kosten mich 115 Millionen Euro. Und das sind nur zwei von sieben, bei denen wir wissen, dass wir etwas tun müssen. Das schaffen wir nicht mehr, weil wir für alle anderen Aufgaben auch Geld ausgeben müssen."
Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris stellte in ihrem Grußwort ebenfalls die Probleme der Kommunen am Beispiel Magdeburgs heraus.
Borris wies zudem auf die Herausforderungen bei der Unterbringung von Geflüchteten hin. In Magdeburg laufen demnächst Verträge über Wohnungen für Geflüchtete aus. Neue Verträge werden teuer, da günstiger Wohnraum knapp ist. Eine Teilnehmerin aus Brandenburg kritisierte: "Wir brauchen nicht nur Förderprogramme für zusätzliche Aufgaben, sondern auch für die bestehenden." Ein anderer Teilnehmer aus Friesland berichtete, dass seine Nachbarkommune keine Förderanträge stellen kann, weil die Kassen so leer sind, dass der Eigenanteil nicht gezahlt werden kann.
Schuldenschnitt scheiterte am FDP-Veto
Aus den Reihen der Teilnehmer wurde in Richtung der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der Ruf nach einem Schuldenschnitt laut – also der Möglichkeit, Altschulden nicht mehr abbezahlen zu müssen. Für besonders stark verschuldete Kommunen wäre dies die im Koalitionsvertrag vereinbarte Rettung gewesen. Doch Faeser machte klar: "Ich halte diesen Schuldenschnitt für richtig. Wir hatten einen Koalitionspartner, der den Koalitionsvertrag zwar unterschrieben hat, diese Regelung dann aber nicht umsetzen wollte", sagte sie mit Blick auf die ausgeschiedene FDP.
Ein im Auftrag der FDP-Bundestagsfraktion erstelltes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes kam zu dem Schluss, dass eine Entschuldung der Kommunen nur mit einer Grundgesetzänderung möglich sei. Die Entlastung der Kommunen ist laut Gutachten Aufgabe der Länder.
Städte- und Gemeindebund fordert Entlastung von Aufgaben
Die Interessenvertretung der Städte und Gemeinden machte im Rahmen der Veranstaltung auf ein weiteres Problem aufmerksam: Der Anstieg der Aufgaben, die Kommunen für den Bund übernehmen müssen. Als Beispiel nennt Ralph Spiegler die Zulassung eines Pkw. "Wenn alle Unterlagen vorliegen, wird das Fahrzeug zugelassen. Wir haben einen Fachkräftemangel. Machen Sie die Kfz-Zulassung zentral in Flensburg. Ich will meine Leute da nicht beschäftigen. Die sind mir zu wertvoll – ich brauche sie an anderer Stelle." Der zunehmende Mangel an Fachkräften macht es für viele Kommunen schwierig, die Aufgaben vor Ort zu bewältigen.
Noch bis zum Donnerstagnachmittag wollen sich die Vertreter der Kommunen in Magdeburg über diese und weitere Themen austauschen.
MDR (Lars Frohmüller)