Spenden-Testspiel im Stadion des VfB Luebeck

Schleswig-Holstein Drohende Insolvenz beim VfB Lübeck: Kaum Fans beim Spendenspiel

Stand: 28.11.2024 09:36 Uhr

Fußball-Regionalligist VfB Lübeck steht kurz vor der Insolvenz. Der Club muss bis heute etwa eine Million Euro generieren. Zu einem öffentlichen Trainingsspiel mit Spendenaufruf kamen nur wenige Fans.

Der Aufsichtsrat und Vorstand des VfB Lübeck sehen sich mit einer ernsten finanziellen Herausforderung konfrontiert - das machten sie am Dienstag in einer gemeinsamen Mitteilung klar. Es gebe eine Liquiditätslücke von etwa einer Million Euro. Sollte es nicht gelingen, diese Summe kurzfristig durch Sponsoring, Spenden und weitere Maßnahmen zusammen zu bekommen, sei der Verein in Lübeck gezwungen, spätestens am 28. November 2024 Insolvenz anzumelden - also heute.

Testspiel mit Zuschauerinnen und Zuschauern - und Spendendosen

Am Mittwochabend lud der Verein Fans zum Trainingsspiel der ersten Mannschaft ins Stadion an der Lohmühle ein - auch, um Spenden zu sammeln. In der Spitze kamen etwa 70 Anhängerinnen und Anhänger der Lübecker. Die meisten haben nach Einschätzung unseres NDR Reporters auch Geld in die Spendendosen geschmissen. In der Halbzeitpause gingen Freiwillige unter anderem aus dem VfB-Ehrenrat damit durch die Reihen.

Am Abend gab es außerdem ein Treffen im Stadion von etwa 20 bis 30 Sponsoren. Außerdem hat der Verein ein Spendenkonto eingerichtet. Eine weitere Hoffnung auf eine kräftige Finanzspritze könnte auch das Finale im Landespokal gegen den Kaltenkirchener TS sein. Denn wer aus diesem Spiel im Mai 2025 als Sieger hervorgeht, steht automatisch im DFB-Pokal - und die Prämie für die Teilnahme an der ersten Runde beträgt dort 200.000 Euro.

Marion Freyher aus dem VfB-Ehrenrat sammelt in der Halbzeit Spenden.

Marion Freyher aus dem VfB-Ehrenrat sammelt in der Halbzeit.

Vorstand und Aufsichtsrat bitten um Unterstützung

Im Versuch, die Insolvenz abzuwenden, hatten sich der Aufsichtsrat und Vorstand kurzfristig an Fans, Mitglieder, Sponsoren und Förderer des Vereins gewandt. "Wir sind jetzt leider sehr zeitnah auf Unterstützung angewiesen, sonst bleibt uns keine andere Wahl", schreiben sie in ihrer Mitteilung. Eine erneute Insolvenz würde die Zukunft des Vereins "massiv gefährden".

2008 und 2013 war der VfB Lübeck bereits insolvent

Es wäre nach 2008 und 2013 die dritte Insolvenz des VfB Lübeck in den letzten 16 Jahren. "Wir setzen alles daran, diese Situation abzuwenden und den VfB Lübeck auf eine solide finanzielle Grundlage zu stellen", so der Aufsichtsrat und Vorstand in ihrer Stellungnahme. "Dabei ist es uns ein zentrales Anliegen, offen und transparent zu kommunizieren."

"Wir appellieren an Alle, uns in dieser schwierigen Zeit zur Seite zu stehen und zu überlegen, wie man uns unterstützen kann. Jede zeitnahe Unterstützung - sei es in Form von Sponsoring, Spenden oder anderen Maßnahmen - zählt. Nur gemeinsam können wir den VfB Lübeck retten und diese existenzielle Krise bewältigen."

VfB Lübeck drohen neun Punkte Abzug in dieser Saison

Der frühere Zweitligist aus Lübeck war in der vergangenen Saison aus der Dritten Liga abgestiegen. In der Fußball-Regionalliga Nord steht die Mannschaft aktuell auf Rang zehn. Um diese Platzierung im Mittelfeld der Tabelle wäre es aber geschehen, wenn es zur Insolvenz kommen sollte. Dann würden dem Team von Trainer Guerino Capretti neun Punkte abgezogen werden. Lübeck würde somit nach dem jetzigen Stand mit dann nur noch 16 Punkten hinter das aktuelle Schlusslicht Holstein Kiel II (17 Zähler) auf den letzten Rang zurückfallen.

In den vergangenen Jahren gab es für neun Punkte-Abzüge durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) schon einige Präzedenzfälle, zuletzt vor zwei Jahren traf es den VfR Aalen in der Regionalliga Südwest.

Kapitän Thiel: "Das kommt aus heiterem Himmel"

Spieler und Mitarbeitende zeigten sich NDR Schleswig-Holstein und anderen Medien gegenüber geschockt. Mannschaftskapitän Marvin Thiel sagte den Lübecker Nachrichten, für ihn "kommt die Entwicklung aus heiterem Himmel". Auch im Team habe am Dienstag, nachdem über die Finanzlage informiert worden sei, große Bestürzung geherrscht. "Beschissen" nennt der Kapitän die Situation.

Vereinskreise zeigen sich weniger überrascht

Andere Stimmen im Verein sagten NDR Schleswig-Holstein auf Nachfrage, man sei wenig überrascht von der finanziellen Schieflage. Das Stadion in Vereinshand sei schon lange als große finanzielle Belastung bekannt. Zumal in der Regionalliga keine Einnahmen aus TV-Geldern entstünden und es deutlich weniger Zuschauerinnen und Zuschauer gebe. Das geht auch aus dem Protokoll der außerordentlichen Mitgliederversammlung im Mai 2024 hervor.

1,4 Millionen Euro kostete das Stadion alleine in der Saison 2021/2022. Im Jahr darauf waren es knapp 1,3 Millionen und in der Saison 2023/2024 alleine bis April 750.000 Euro. Die Einnahmen während der Heimspiele könnten diese Kosten nicht decken. "Aus bisheriger Sicht stehe fest, dass wir es als Verein allein nur schwer schaffen werden", steht in den Notizen des Protokolls.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 28.11.2024 | 19:30 Uhr