Regierungsbildung in Thüringen CDU, BSW und SPD einig über Koalitionsvertrag
Die Spitzenleute von CDU, BSW und SPD haben sich in der Nähe von Ilmenau zur Klausur getroffen. Dabei haben sich die Vertreter der drei Parteien auf den Entwurf eines Koalitionsvertrags geeinigt. Am Freitag soll dieser vorgestellt werden.
Gut elf Wochen nach der Landtagswahl haben sich die Spitzen von CDU, BSW und SPD auf den Entwurf eines gemeinsamen Koalitionsvertrag verständigt. Daran gebe es in den nächsten Tagen noch Feinarbeiten, sagten die Vertreter der drei Parteien. Er werde voraussichtlich am Freitag vorgestellt, hieß es nach einer zweitägigen Klausur der Parteichefs am Dienstagabend in Koalitionskreisen in Ilmenau.
Damit ist ein großes Stück des Weges zu einer neuen Thüringer Regierung absolviert. Allerdings müssten noch die Parteigremien der drei Partner zustimmen. Die SPD plant zudem eine Mitgliederbefragung.
In dem Vertrag, dem auf Drängen des Bündnis Sahra Wagenknecht eine Präambel zur Friedensfrage vorangestellt werden soll, werden Projekte und gemeinsame Ziele einer Dreier-Regierung in allen Bereichen von Bildung über Haushalt, Soziales bis Wirtschaft und Migration festgeschrieben.
Einige Verhandlungspartner waren davon ausgegangen, dass bei der Klausur auch der Zuschnitt der Ministerien zur Sprache kommt. Derzeit hat Thüringen neben dem Ministerpräsidenten acht Fachministerien sowie einen Staatskanzleichef im Ministerrang. Ob es dabei bleibt, war zunächst offen.
Zuschnitt der Ministerien muss geklärt werden
Änderungen könnte es beispielsweise beim Infrastrukturministerium mit seinem breiten Themenspektrum von Bau und Verkehr, Landesplanung bis zu Landwirtschaft geben, hieß es aus den Verhandlungskreisen. Eine gemeinsame Linie bei der Besetzung der Ministerposten solle es nicht geben. Die Personalfrage sei - wie bisher auch - die Entscheidung jeder Partei für sich.
Vor der Klausur war nach Angaben der Partner bereits eine Verständigung über eine Vielzahl offener inhaltlicher Fragen erzielt worden. Genannt wurden die Bereich Wirtschaftspolitik und Energie, Bürokratieabbau, Bildungspolitik, Migration, Sozialpolitik, Wohnungsbau, Kultur- und Medienpolitik sowie Bürgerbeteiligung. Mehrere Arbeitsgruppen hatten Vorarbeit geleistet.
Wagenknecht zufrieden mit Koalitionsvertrag in Thüringen
Beeinflusst wurden die bisherigen Verhandlungen durch Forderungen von BSW-Parteigründerin Sahra Wagenknecht vor allem zum Thema Krieg und Frieden. Eine bereits ausverhandelte Textpassage dazu ging ihr nicht weit genug. Dabei ging es um den Einsatz der Landesregierung für Diplomatie im Ukraine-Krieg und eine Position gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland zu verpflichten. Thüringens BSW-Chefin Katja Wolf hatte anschließend signalisiert, in den Koalitionsverhandlungen nachschärfen zu wollen.
Wagenknecht sieht die Einigung auf einen Koalitionsvertrag in Thüringen als Erfolg des Drucks ihrer Partei. Der Vertrag spiegele nun stärker die Positionen des BSW wider, sowohl in landes- als auch in außenpolitischen Fragen. Wagenknecht sagte weiter, dass das BSW nur an einer Regierung beteiligt sein werde, die spürbare Verbesserungen für die Menschen in Thüringen bringe und sich klar zu Fragen von Krieg und Frieden positioniere. Dies sei auch im Hinblick auf die Bundestagswahl von Bedeutung.
Keine Mehrheit zu erreichen
CDU, BSW und SPD haben im Thüringer Parlament 44 von 88 Sitzen. Eine "Brombeer"-Koalition wäre damit bei Entscheidungen auf mindestens eine Stimme der Opposition - also von Linke oder AfD - angewiesen.
Ende August schrieb der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte einen Gastbeitrag in der "Zeit" und mutmaßte in der Überschrift: "Vielleicht wird's ja eine Brombeer-Koalition." Höchstwahrscheinlich war das die Geburtsstunde des Begriffs. Spätestens seit der Thüringer Landtagswahl am 1. September hat er sich als Bezeichnung für eine mögliche Regierung aus CDU, BSW und SPD etabliert. Die Farben der Parteien (Rot, Lila, Schwarz) zielen auf die Frucht in ihren unterschiedlichen Reifegraden ab.
MDR (gh/co/cfr)/dpa