Thüringen Prozess gegen mutmaßliche Islamisten: Angeklagter aus Gera äußert sich
Mutmaßliche Islamisten aus Gera stehen unter Verdacht, dass sie am schwedischen Parlament Menschen erschießen wollten. In Jena läuft am Oberlandesgericht seit Freitag der Prozess gegen sie. Ein Angeklagter äußerte sich zu Prozessbeginn.
Sie haben laut Anklage ein Blutbad anrichten wollen: Zwei mutmaßliche Islamisten sollen laut Generalbundesanwalt geplant haben, bei einem Anschlag in der Nähe des schwedischen Parlaments in Stockholm mindestens zehn Menschen zu erschießen. Die beiden 30- und 23-jährigen Männer sitzen deshalb nun vor dem Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht Jena. Angeklagt sind sie unter anderem wegen des hinreichenden Verdachts auf Mitgliedschaft beziehungsweise auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
Begleitet von vielen Polizisten und in Handschellen kamen die aus Afghanistan stammenden Angeklagten in den Gerichtssaal. Sie waren im März dieses Jahres wegen Terrorverdachts im Raum Gera verhaftet worden. Vor ihrer Untersuchungshaft lebten beide in der ostthüringischen Stadt. Auch Vertreter der schwedischen Presse waren beim Prozessauftakt anwesend.
Vorwurf: Radikalisierung in Deutschland
Die Angeklagten sollen 2015 und 2016 nach Deutschland gekommen sein und sich hier unter Einfluss jihadistischer Propaganda radikalisiert haben, so der Vertreter der Bundesanwaltschaft beim Verlesen der Anklage.
Der ältere Angeklagte, dem auch die Mitgliedschaft bei einem Ableger der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat (IS) vorgeworfen wird, soll im August 2023 einen entsprechenden Eid abgelegt haben. Anschließend soll er von dem Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) genannten Ableger mit den Anschlagsplänen als Reaktion auf Koran-Verbrennungen in Schweden beauftragt worden sein. Der Koran gilt im Islam als heilige Schrift.
Zum Aufklappen: Wer ist der ISPK?
Der "Islamischer Staat Provinz Khorosan" gilt als besonders gefährlicher IS-Ableger. Der ISPK sei eine besonders gefährliche Teilgruppe des IS, sagte Thüringens oberster Verfassungsschützer Stephan Kramer. "Er ist weltweit mit entsprechenden Strukturen aufgestellt, um solche Anschläge in den Westen hineinzutragen." Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hatte bereits 2023 betont, unter den verschiedenen Ablegern des IS steche der ISPK besonders hervor.
Der ISPK trägt in Afghanistan schon seit einigen Jahren einen bewaffneten Konflikt mit den militant-islamistischen Taliban aus. In den vergangenen Monaten hatte es in Deutschland immer wieder Festnahmen im Zusammenhang mit dem ISPK gegeben. Unter anderem wurde die Gruppierung mit möglichen Anschlagsplänen auf den Kölner Dom rund um den Jahreswechsel in Verbindung gebracht.
Zuvor soll der 30-Jährige bereits unter Beteiligung des Mitangeklagten in Deutschland Spenden in Höhe von rund 2.000 Euro gesammelt haben. Das Geld sei für in Nordsyrien inhaftierte IS-Anhängerinnen bestimmt gewesen und sollte über eine unbekannte Kontaktperson dort hingelangen.
Bei den Schändungen wurde in Schweden unter anderem der Koran verbrannt, die heilige Schrift des Islam.
Im Fokus der zuständigen Behörden standen die beiden Männer schon Wochen vor der Verhaftung, sagte der Vertreter des Generalbundesanwalts, Oberstaatsanwalt David Rademacher, am Rande der Verhandlung. Weitere Details, etwa dazu, woher Hinweise auf die Angeklagten kamen, nannte er nicht. Er betonte jedoch, dass die beiden Männer den Erkenntnissen nach zu keinem Zeitpunkt tatsächlich in Schweden gewesen seien.
Ein Angeklagter machte einzelne Angaben
Zu den Vorwürfen äußerten sich die Angeklagten beim Prozessauftakt nicht. Der Anwalt des 30-Jährigen stellte aber in Aussicht, dass sich sein Mandant beim nächsten Verhandlungstermin einlassen werde. Der 23 jährige mutmaßliche Komplize werde schweigen, teilte dessen Verteidiger mit.
Allerdings machte der ältere Angeklagte Angaben zu sich selbst. Auf gebrochenem Deutsch und unterstützt von einem Dolmetscher sagte er, dass er eine Frau und drei Kinder im Alter von einem bis sieben Jahre habe. Den Vater der Frau habe er in einer Moschee in Gera kennengelernt - dieser habe die Ehe nach islamischem Ritus vorgeschlagen.
2015 sei er aus Afghanistan geflohen und nach Deutschland gekommen. Zuvor hatte er bereits mehrere Jahre in den Niederlanden gelebt, allerdings sei sein Asylantrag dort abgelehnt und er abgeschoben worden. Sein aktueller Aufenthaltstitel für Deutschland sei im September ausgelaufen.
dpa/MDR (dst)