Finanzierung des Sozialsystems Wenig Einkommen, hohe Abgaben
Wer wenig verdient, zahlt einen höheren Anteil ins Sozialsystem ein als Gutverdiener. Das ergab eine Anfrage der Linksfraktion. Unfair und ein Alarmsignal nennt das Fraktionschef Bartsch und fordert Reformen.
Haushalte mit kleineren Einkommen werden im Verhältnis stärker zur Finanzierung des Sozialsystems herangezogen als Bezieher höherer Einkommen. Das berichtet die "Augsburger Allgemeine" und bezieht sich auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag.
Kleines Einkommen, hoher Anteil - und umgekehrt
Demnach erbringen alle Geringverdiener mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von unter 30.000 Euro insgesamt 29 Prozent der Sozialabgaben, obwohl sie nur über 21 Prozent des Einkommens aller Beschäftigten verfügen. Bei Spitzenverdienern mit einem Jahreseinkommen von über 110.000 Euro ist das Verhältnis dem Bericht zufolge umgekehrt: Sie verfügen über einen Anteil am Gesamteinkommen in Höhe von 24 Prozent, zahlen jedoch nur einen Anteil an den Gesamtabgaben von elf Prozent.
Weitgehend ausgeglichen ist das Verhältnis demnach bei Einkommen zwischen 30.000 Euro und 50.000 Euro pro Jahr. Hier kommen die Bezieherinnen und Bezieher laut der Regierungsantwort auf einen Anteil am Gesamteinkommen von 23 Prozent, während ihr Anteil an den gesamten Sozialabgaben bei 26 Prozent liegt.
Bartsch: "Grob unfair"
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sieht die Zahlen als Alarmsignal. "Je höher das Einkommen, desto geringer der Anteil an der Finanzierung der Sozialsysteme", kritisierte er. Die Lastenverteilung bei den Sozialabgaben sei grob unfair. Bartsch verlangte höhere Steuern für Spitzenverdiener und eine deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialkassen. "So wäre es möglich, kleine und mittlere Einkommen zu entlasten", betonte der Linken-Politiker.
Derzeit profitierten Gutverdiener davon, dass sie nur auf einen Teil ihres Einkommens Sozialbeiträge leisten müssen. Auf den Teil ihrer Bezüge, der oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, werden keine Sozialabgaben erhoben.
Auch SPD und Grüne für Anpassung
Für die Kranken- und Pflegeversicherung liegt diese Schwelle 2023 bei einem Verdienst von 59.850 Euro im Jahr. Für die Renten- und Arbeitslosenversicherung sind es 87.600 Euro Jahreseinkommen oder monatlich 7300 Euro. Die Obergrenze bei Renten- und Arbeitslosenversicherung unterscheidet sich leicht zwischen West- und Ostdeutschland. Für die Kranken- und Pflegeversicherung gilt ein bundesweiter Einheitswert.
Eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen hatte kürzlich auch die Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang verlangt. Auch die SPD unterstützt diese Forderung im Grundsatz. Die FDP, der dritte Partner der Ampelkoalition, lehnt höhere Beitragsbemessungsgrenzen jedoch ab.