Verkehrswegeplan Kritiker fordern mehr Schienenausbau
Wo Straßen und Schienen ausgebaut werden sollen, steht seit Jahren im Verkehrswegeplan. Als der entstanden ist, hatte die Bundesregierung noch keine Klimaschutzziele. Experten fordern darum nun eine Anpassung.
Straße, Schiene, Wasserwege - die großen Verkehrsprojekte der nächsten Jahre sind im Bundesverkehrswegeplan festgehalten. Darin stehen mehr als 1300 Vorhaben, darunter sind Sanierungs-, Ausbau- und Neubauprojekte. Der Plan wurde bereits 2016 verabschiedet, bis 2030 sollen die Projekte abgeschlossen sein.
Aber nun gibt es Kritik an dem Plan. "Der Bundesverkehrswegeplan, wie wir ihn vorliegen haben, ist nicht mehr zeitgemäß", sagt Urs Maier von Agora Verkehrswende. Die Initiative setzt sich für klimaneutrale Mobilität ein. "Es hat sich etwas Gravierendes verändert. 2016, als der Bundesverkehrswegeplan veröffentlicht wurde, gab es das Klimaschutzgesetz noch nicht."
Die inzwischen aufgestellten Klimaschutzziele spiegelten sich in dem Plan nicht wider, so die Kritiker. Und das hat mit Blick auf den CO2-Ausstoß Folgen. "Mit dem Bedarfsplan wie er besteht, ist die Emissionsminderung in der Form nicht zu machen", sagt Maier.
Der Plan müsse geändert werden, fordern viele Verkehrsexperten und Klimaschützer. Und die Gelegenheit dafür bietet sich jetzt. Denn etwa alle fünf Jahre muss der Verkehrswegeplan auf den Prüfstand: Entsprechen die einzelnen Projekte noch dem Bedarf? Schließlich geht es mit knapp 270 Milliarden Euro um viel Geld.
49 Prozent der Investitionen für die Straße
Zur Überprüfung verpflichtet das Bundesfernstraßengesetz - und das weiß auch Verkehrsminister Volker Wissing. "Diese Bedarfsplanüberprüfung habe ich veranlasst", erklärt der FDP-Politiker. "Dazu werden entsprechende Gutachten erstellt, Verkehrsprognosen. Und es wird mitberücksichtigt, welche Klimaschutzziele die laufende Regierung verfolgt."
Was bei der Überprüfung herauskommen muss, ist für Maier von der Initiative Agora Verkehrswende bereits klar: "Im Bundesverkehrswegeplan gibt es ein Übergewicht - auch im finanziellen Umfang - für die Straße. Es müsste anders sein. Es müsste für die Schiene deutlich mehr Geld zur Verfügung gestellt werden." Maier zufolge müssten auch mehr Projekte gebaut werden. Es brauche eine Anpassung.
Aktuell fließen noch 49 Prozent der geplanten Investitionen in die Straße, 42 Prozent in die Schiene. Das müsse sich ändern, so Maier. "Das Ziel muss natürlich - jetzt, wo wir das Klimaschutzgesetz haben - auch ein klimaneutrales Verkehrssystem sein."
Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat nötig
Verkehrsminister Wissing teilt eigenen Aussagen zufolge dieses Ziel, aber nicht den Weg dorthin. Dennoch werde die Straße wichtig bleiben, so der Minister - trotz Schienenausbau. Das zeigten Studien und Prognosen.
"Wenn wir von den Gutachtern heute gesagt bekommen, ihr habt einen Anstieg des Güterverkehrs um zehn, 20, 30, 40, vielleicht 45 Prozent, dann kann der Gesetzgeber sich darüber hinwegsetzen. Aber er muss wissen, dass er dann damit Staus, Engpässe und Versorgungsprobleme produziert."
Wer den Bundesverkehrswegeplan ändern will, braucht jedenfalls Mehrheiten - im Bundestag und Bundesrat. Und dafür sind mitunter die Stimmen der Union nötig. Der verkehrspolitische Sprecher von CDU und CSU, Thomas Bareiß, steht großen Änderungen skeptisch gegenüber. "Man kann immer Veränderungen vornehmen, die einfach gut begründet sind, aber eine grundsätzliche Revision halte ich für falsch."
Seine Begründung: "Die Straßen, die da jetzt drinstehen, sind wirklich auch dringend notwendig." Die Menschen vor Ort hätten sich darauf verlassen und der Bedarf sei da.
Wichtige Lenkungswirkung
Das klingt nicht nach Kurswechsel, was Verkehrsexperten wie Maier frustriert. Gerade der Bundesverkehrswegeplan habe eine wichtige Lenkungswirkung, weil aus Studien hervorginge, dass die Verkehrsinfrastruktur, die gebaut werde, auch den entsprechenden Verkehr nach sich ziehe. "Wer mehr Schienenstrecken baut, wird auch mehr Schienenverkehr haben", so Maier. "Und der ist klimafreundlicher als der Straßenverkehr."
Viel Zeit für Überzeugungsarbeit bleibt ihm nicht mehr. In den nächsten Monaten soll über Änderungen am Verkehrswegeplan diskutiert und entschieden werden.