Investor Windhorst in der Kritik Zwei Werften gehen in die Insolvenz
Die Werften Flensburger Schiffbau-Gesellschaft und Nobiskrug in Rendsburg sind vorläufig insolvent. Investor Windhorst steht in der Kritik. Auch bei anderen seiner Projekte gibt es finanzielle Probleme.
Die Werftengruppe FSG-Nobiskrug ist insolvent. Das Amtsgericht Flensburg hat heute, offenbar auf Antrag einer Krankenkasse, mehrere Unternehmen aus der Werftengruppe für vorläufig insolvent erklärt. Als vorläufiger Insolvenzverwalter setzte das Gericht den Rechtsanwalt Christoph Morgan ein. Für die Nobiskrug-Werft in Rendsburg ernannte das Amtsgericht Neumünster den Rechtsanwalt Hendrik Gittermann zum vorläufigen Insolvenzverwalter.
Nicht insolvent sind offenbar zwei Tochterfirmen der Werftengruppe, denen das Gelände gehört, auf dem die Werften stehen. Was das für die weiteren Insolvenzverfahren bedeutet, ist noch unklar.
Der Eigentümer der Werften, die Tennor-Gruppe von Finanzinvestor Lars Windhorst, war kurzfristig nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Windhorst ist selbst Geschäftsführer der Werftunternehmen. Inwiefern die Insolvenz ihn persönlich betrifft, ist bislang nicht klar. Weil mehrere Strafanzeigen vorliegen, ermittelt die Staatsanwaltschaft Kiel seit Monaten rund um die Werftengruppe FSG-Nobiskrug, bislang ohne Ergebnis. Nach NDR-Recherchen geht es dabei auch um den Vorwurf der Insolvenzverschleppung.
Ausstehender Lohn, zu wenig Arbeit
Rund 500 Mitarbeiter der Werft hatten seit mehreren Wochen auf ihren Monatslohn gewartet, obwohl Lars Windhorst ihn offenbar täglich ankündigte, so Betriebsrat Marcus Stöcken. In den vergangenen Monaten hatte Windhorsts Tennor-Gruppe immer wieder Geld teilweise verzögert überwiesen.
Viele Beschäftigte klagen seit langer Zeit über mangelnde Arbeit. Bereits im Frühjahr hatte Stöcken gesagt, "wir beschäftigen uns mit Selbsterhaltungsmaßnahmen. Da gehört ganz viel Grün- und Landschaftspflege dazu und Straßenarbeiten und es fehlt Material an allen Ecken und Kanten".
Im gleichen Zeitraum hatte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) Windhorst vorgeworfen, "kein Versprechen eingehalten" zu haben. Zuletzt hatten er und Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) öffentlich eine Zukunft der Werften ohne Windhorst gefordert, damit es bei den beiden wichtigen Industrieunternehmen im Norden wieder nach vorne geht.
Windhorst hatte die Kritik stets zurückgewiesen, zuletzt in einem Schreiben an die Medien Mitte November. Darin teilte er mit, seit seinem Einstieg als Investor versuche er, "mit allen Mitteln die Werften vor dem Untergang zu retten".
Förderung zurückgezogen
Lars Windhorst hatte die Werften in Flensburg und Rendsburg 2020 und 2021 jeweils aus einer Insolvenz übernommen. In Flensburg hatte er zunächst sogar ein Schiff bestellt, dass er gar nicht brauchte, um für mehr Beschäftigung zu sorgen.
Doch in den vergangenen Jahren häuften sich die Probleme. Bei einem öffentlich geförderten Bauprojekt von LNG-Bunkerschiffen zog das Bundwirtschaftsministerium im Sommer die Förderung zurück. Auch hier wurde mangelnde Kooperation von Windhorst als Grund genannt. Der Investor ließ auch in diesem Fall jede Verantwortung zurückweisen.
Zuletzt lag offenbar ein Auftrag der australischen Reederei SeaRoad vor, die bei FSG vor längerer Zeit ein Fährschiff bestellt hatte. Der Bau des Schiffs scheint allerdings nicht schnell voranzugehen. Andrew Bruce, Chief Financial Officer (CFO) von SeaRoad schrieb dennoch Mitte November, sein Unternehmen "arbeitet weiter mit FSG zusammen" und glaube an das Schiffbauprojekt. Zur Insolvenz von FSG äußerte sich SeaRoad bislang nicht.
Fehlende Aufträge
Bereits im Oktober hatte das Amtsgericht Würzburg für ein Tochterunternehmen der FSG-Nobiskrug Holding die vorläufige Insolvenz angeordnet. In der Würzburger Interieur Manufaktur (Wima) wurden einst Inneinrichtungen für Yachten produziert. Doch auch hier fehlen seit Monaten Aufträge. Rund 30 Mitarbeiter warteten vor der Insolvenz über Monate auf Geld, genauso wie offenbar Zulieferer.
Seit Februar wurde für die Geschäftsräume keine Miete mehr bezahlt. Am Ende war es wohl auch in diesem Fall eine Krankenkasse, die einen Antrag auf Insolvenz stellte. Auch bei der Wima ist Windhorst als Geschäftsführer eingetragen. Die Staatsanwaltschaft Würzburg nahm nach NDR-Recherchen bislang keine Ermittlungen wegen einer möglichen Insolvenzverschleppung auf. Noch ist unklar, was aus der Wima und den Mitarbeitern wird.
Insolvenz in Hannover
In Hannover war Windhorst 2019 als Eigentümer eine Firma aufgetreten, der ein Großteil des Ihme-Zentrums gehört. Dabei handelt es sich um einen gigantischen Betonkomplex aus Wohn- und Gewerbeflächen aus den 1970er Jahren, in dem seit Jahren riesige Flächen leer stehen. Statt den Komplex zu entwickeln, wie von Windhorst angekündigt, vergraulte er die Stadt Hannover als Mieterin von Büroflächen.
2023 folgte die Insolvenz von Windhorsts Immobilienfirma. Er selbst wollte kein Geld mehr in den Komplex investieren. Weil von dort kein Hausgeld mehr bezahlt wurde, blieben rund 500 Kleineigentümer, die in dem Komplex Wohnungen besitzen, auf Kosten von mehreren hunderttausend Euro pro Monat sitzen, die nun per Umlage, wohl über einen längeren Zeitraum, aufgefangen werden müssen.
Diverse Klagen
Windhorst war schon als Jugendlicher Unternehmer geworden und galt weit über seine Heimat im ostwestfälischen Rahden hinaus als Wunderkind. Bereits vor rund zwanzig Jahren musste Windhorst allerdings für mehrere Unternehmen Insolvenz anmelden.
Er versuchte dann mit der Unternehmensgruppe Tennor (früher Sapinda) als Finanzinvestor nochmal das ganz große Rad zu drehen. Bekannt wurde er in Deutschland vor einigen Jahren als zwischenzeitlicher Mehrheitseigentümer des Fußballklubs Hertha BSC Berlin, bei dem er offenbar mit hohen Verlusten wieder ausgestiegen ist.
Windhorsts Tennor-Gruppe steckt aktuell offenbar in finanziellen Nöten. Zuletzt mussten Firmenanteile in den Niederlanden versteigert werden, um Gläubiger zu befriedigen. In den Niederlanden und in London sind diverse Klagen gegen Windhorst und seine Firmen anhängig. Er spielt auch eine Rolle in einem der größten Finanzskandale Frankreichs. Die Vermögensverwaltung H2O hatte über Jahre große Summe in Windhorsts Firmenimperium investiert. Doch ein großer Teil des Geldes scheint verschwunden zu sein.