Meteorologen bei der Arbeit
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Wetterthema Zur Geschichte der Wettervorhersage

Stand: 26.06.2024 11:36 Uhr

Vor Einführung der ersten computergestützten Wettermodelle war es den Meteorologen kaum möglich, befriedigende Vorhersagen für einen längeren Zeitraum zu erstellen.

Von Rainer Behrendt

Lediglich die Wetterbeobachtungen vom aktuellen und der vorausgegangenen Tage und auf deren Basis erzeugte Wetterkarten standen den Meteorologen seinerzeit zur Verfügung. Erste regelmäßig erstellte und veröffentlichte Wetterkarten datieren um das Jahr 1860. Damit war bestenfalls der Ist-Zustand der Atmosphäre in einem begrenzten Gebiet (etwa Teilen Europas) einigermaßen bekannt. Zu Beginn beschränkte man sich bei der Datengewinnung außerdem meist auf die bodennahe Atmosphäre. Erst mit den Jahren kam immer mehr an Information aus größerer Höhe und von ausgedehnteren Gebieten hinzu. Daten aus der Höhe wurden durch regelmäßige Aufstiege von Wetterballons zugänglich. Diese Erkenntnisgewinne stellten sich als sehr bedeutsam für das Erstellen von Wetterprognosen heraus. Mittels ausgeklügelter Verfahren (teils auf physikalischen Gesetzen basierend, teils auf Erfahrungswerten) war es händisch tatsächlich möglich, auch Wetterkarten für die Zukunft zu erstellen. Über einen Prognosezeitraum von 1 bis 2 Tagen kam man mit diesen Methoden aber kaum hinaus.

Dies änderte sich mit der Entwicklung sogenannter Supercomputer, also hochleistungsfähiger Großrechner, ab den 1970er-Jahren. Mit ihrer Hilfe konnten die Gleichungen der Strömungsphysik und Thermodynamik, welche die Wetterabläufe exakt beschreiben, in einem vertretbaren Zeitrahmen für zukünftige Zeitpunkte näherungsweise gelöst werden (numerische Wettervorhersage). Um die Gleichungen auf diese Weise anwenden zu können, muss in das dafür verwendete Wettermodell der aktuelle Zustand der Atmosphäre möglichst genau und im Optimalfall mit nur kleinen Fehlern eingespeist werden. Unerlässlich für eine Mehrtagesvorhersage ist hierbei eine weltumspannende Datengewinnung. Neben den Messungen an Bodenwetterstation oder von Wetterballons ergänzen heutzutage etwa auch Daten von Verkehrsflugzeugen und Wettersatelliten das Informationsangebot. Gleichzeitig fließen die Ergebnisse vorangegangener Modellrechnungen in den zu ermittelnden Anfangszustand mit ein. Man spricht von Datenassimilation.

Heute versorgen die Wettermodelle die Meteorologen mit einem riesigen Angebot an Wetterkarten. Damit steht eine praktisch unbegrenzt große Auswahl verschiedener Paramater zur Verfügung, die den aktuellen und zukünftigen Zustand der Atmosphäre beschreiben. Gleichzeitig lassen deren zeitliche und räumliche Detailliertheit eigentlich kaum noch Wünsche offen. Die Frage, die sich dabei immer stellt, lautet: Stimmt das alles? Denn frei von Fehlern sind die Modellvorhersagen natürlich nicht. Die Größe der Abweichung von der Realität schwankt von Wetterlage zu Wetterlage und nimmt in aller Regel von Vorhersagetag zu Vorhersagetag immer mehr zu.

Dennoch wurden mit der Steigerung der Rechenleistung der Großrechner und der sich daraus ergebenden Möglichkeit, die Physik zunehmend besser abzubilden in den letzten Jahrzehnten tatsächlich bemerkenswerte Fortschritte erzielt. So wurden treffgenaue Modellvorhersagen für einen immer längeren Zeitraum möglich. Wie eine Untersuchung des Britischen Wetterdienstes in Bezug auf die Vorausberechnung des Luftdrucks ergab, erreicht die Verlässlichkeit der Prognose für den vierten bis fünften Vorhersagetag heute ein ähnlich hohes Maß wie vor 40 Jahren nur jene für den ersten Tag nach Start der Berechnung. Doch die chaotische Eigenschaft der Atmosphäre setzt Visionen einer längerfristigen Wettervorhersage - über 1 bis 2 Wochen hinaus – stets ein natürliches Ende.

Mittwoch, 26. Juni 2024 (Erscheinungsdatum)