EU stimmt über neue Agrarpolitik ab Brüssel will "Greening" - aber nicht zu viel
Die EU will ihre Agrarpolitik reformieren. Landwirtschaftskommissar Ciolos hatte dafür tiefgreifende Änderungen bei den Zuschüssen vorgeschlagen. Zudem will er das "Greening" einführen, einen Umweltbeitrag. Allerdings wird dieser wohl nicht so groß ausfallen, wie vorgesehen.
Von Sabine Henkel, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Es sollte der ganz große Wurf werden: eine neue Agrarpolitik, blühende Landschaften, moderne Landwirtschaft. Aber von der anfänglichen großen Reformidee ist nicht mehr viel übrig, sagt Ulrike Rodust, SPD-Abgeordnete im EU-Parlament: "Das ist noch nicht mal ein Reförmchen. Es ist ein Rückschritt in die 80er-Jahre."
Was Rodust beschreibt, ist der Vorschlag des Agrar-Ausschusses, über den die Abgeordneten heute abstimmen. Am großen Ganzen ändert sich nichts, die Bauern bekommen weiterhin ihre Direktzahlungen - je größer das Land, desto mehr. Ein deutscher Landwirt streicht durchschnittlich 300 Euro pro Hektar ein. Das ist gut für die großen Ackerbaubetriebe, weniger gut für kleine Milchbauern.
"Hunderttausend Euro pro Betrieb sind genug"
Wer viel Land hat, kommt auf mehrere Hundertausend Euro Zuschuss. "Ein Unding", sagt der Grünen-Politiker Martin Häusling: "Hunderttausend Euro pro Betrieb sind unserer Meinung nach genug. Und damit hätten wir auch Mittel, um es in andere Richtungen umzuverteilen. Wir müssen den kleineren Betrieben mehr Chancen geben und ihnen auch mehr Mittel zugestehen." Diese Forderung wird sich aber kaum durchsetzen, obwohl es Zweifel gibt, dass die Direktzahlungen noch zeitgemäß sind.
Zweifel hatte auch EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos. Sein Vorschlag ist ein Versuch, die Zahlungen zu legitimieren: Landwirte sollen einen Umweltbeitrag leisten, "Greening" genannt. Das heißt: Grünland soll nicht einfach in Ackerland umgewandelt werden, Fruchtsorten sollen sich auf den Flächen abwechseln, um Monokulturen zu verhindern, die den Boden auslaugen. Außerdem wollte der Kommissar sieben Prozent für sogenannte Vorrangflächen, das Kernstück der Agrarreform. Auf diesen Flächen soll keine Chemie eingesetzt werden, eine ökologische Infrastruktur entstehen oder eben sinnbildlich blühende Landschaften.
"Greening"-Vorschlag stößt auf Skepsis
Aus den sieben Prozent sind drei geworden. Vielleicht später mehr, meint der Ausschuss. Nicht aber Albert Deß. Der CSU-Politiker hält von der "Greening"-Idee nichts: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der "Greening"-Vorschlag in Europa von Finnland bis Sizilien sachgerecht ist. Europa ist viel zu unterschiedlich, als dass das, was hier mit drei "Greening"-Maßnahmen vorgeschlagen wird, greifen könnte. Ich hätte das wesentlich differenzierter gestaltet."
Deß denkt an die Bauern in Bayern. Umweltverbände sorgen sich ums Klima. Die Landwirtschaft gehört zu den Hauptverursachern des Klimawandels, sagen sie. Daher fordern sie, die Grünen und weite Teile der SPD mehr Klimaschutz von den Bauern als jetzt vorgeschlagen. Wenn das aber so beschlossen wird und auch die Mitgliedstaaten nichts Wesentliches daran ändern, sieht SPD-Politikerin Rodust schwarz für die Landwirtschaft. Eine Agrarpoltitk ohne Umweltschutz hat für sie keine Zukunft: "Die Landwirte oder die, die sich gegen die Agrarreform gestemmt haben, haben den Ast abgesägt, auf dem sie sitzen. Da bin ich fest von überzeugt."