Azubi-Mangel in Deutschland Von Ruanda für die Lehrstelle in den Hunsrück
Die Gastronomie braucht dringend Azubis. Kreative Ideen sind gefragt - etwa Anwerbungen im Ausland. In Rheinland-Pfalz will man Auszubildenden aus Ruanda das deutsche Gastgewerbe schmackhaft machen.
"Vier Azubis - das ist schon richtig gut. Zwei als Restaurantfachkräfte, zwei in der Küche. Das reicht dann auch." Hotelier Guido Steuer ist mehr als zufrieden. Jahrelang hat er alles versucht, um junge Menschen für den Job in seinem Betrieb zu begeistern. Er hat Anzeigen geschaltet oder über den Branchenverband DEHOGA um Nachwuchs geworben. "Da kam gar nichts, nicht mal eine Anfrage. Der Markt ist leergefegt."
Die örtliche Jugend zieht es weg
Steuers Hotel liegt in Allenbach im Hunsrück. Ein Örtchen an der Deutschen Edelsteinstraße, gelegen am Rande des Nationalparks Hunsrück-Hochwald. Beschaulich, naturnah, sehr ländlich. Junge Menschen aus der Region ziehe es eher in die Städte, bedauert Steuer. Und wenn überhaupt jemand eine Karriere in der Hotellerie ins Auge fasse, entscheide der sich eher für eine Ausbildung in einem großen Haus in einem Ballungsgebiet - mit "Benefits" wie etwa einem Wellnessbereich, mit mehreren Ausbildern.
In seinem Hotel ist Steuer Chef und Ausbildungsleiter in Personalunion. Was ihm zu neuen Azubis verholfen hat: eine Kooperation zwischen Rheinland-Pfalz und dem Partnerland Ruanda, zusammen mit der rheinland-pfälzischen DEHOGA. Ein Jahr lang wurden Ausbildungswillige in ihrer Heimat geschult, lernten Deutsch, wurden fit für die Arbeit gemacht - neun junge Menschen, alle älter als 20 Jahre, alle begeistert, hier eine Lehrstelle zu bekommen. Drei von ihnen sind jetzt im ersten Lehrjahr in Steuers Hotel.
Stärkerer Fachkräftemangel durch die Pandemie
Nicht nur im Hunsrück werben Hotels und Restaurants händeringend um Nachwuchs. Nach der Corona-Ausbildungsdelle ist die Zahl der neuen Ausbildungsverhältnisse im vergangenen Jahr zwar wieder leicht auf knapp 23.500 angestiegen. Trotzdem blieben viele Stellen frei. Die Betriebe im Gastgewerbe melden laut Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK) seit Jahren, sie hätten die größten Herausforderungen aller Branchen zu bewältigen bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen.
Gerade in diesem Bereich seien aber viele Fachkräfte nach der Pandemie abgewandert, hätten sich neu orientiert und seien dauerhaft verloren gegangen. Darum sei es umso wichtiger, jetzt Nachwuchskräfte zu gewinnen, um dem drohenden noch größeren Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Das Beispiel macht Schule
Programme wie das der rheinland-pfälzischen DEHOGA in Kooperation mit dem Land sollen dabei helfen. 100 junge Leute aus dem Partnerland Ruanda will man in den kommenden Jahren nach Rheinland-Pfalz holen. "Ausbildung ist die beste Medizin gegen den Fachkräftemangel und das Gastgewerbe geradezu prädestiniert, international auszubilden, da wir seit vielen Jahren einen Anteil von über 25 Prozent Mitarbeitenden mit ausländischen Wurzeln in unseren Betrieben beschäftigen", sagt DEHOGA-Präsident Gereon Haumann.
"Für das neue Ausbildungsjahr erwarten wir elf weitere Auszubildende aus Ruanda. Zeitgleich starten wir in Kigali mit 30 Jugendlichen einen neuen Sprachkurs für den Ausbildungsstart im Sommer 2025." Das Beispiel macht Schule, Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern möchten ähnliche Projekte auch für weitere Branchen auf den Weg bringen.
Bürokratie bremst Bemühungen aus
Für Hotelier Steuer bringen seine Auszubildenden zwar einerseits zusätzliche Arbeit, aber auch Entlastung. Bevor sie bei ihm anfingen, konnte er wegen Personalmangels das Café-Restaurant nicht mehr durchgehend öffnen - das bedeutete Umsatzeinbußen in ohnehin schwierigen Zeiten. Jetzt können seine Gäste wieder von mittags bis abends kommen, die Azubis schmeißen den Laden. "Wichtig ist mir aber, dass wir die jungen Mitarbeiter Leute nicht ausnutzen. Sie sind hier, um zu lernen, keine billigen Aushilfskräfte. Sonst können wir sie auch nicht halten." Seine Hoffnung ist, dass die fertigen Fachkräfte in der Branche bleiben - idealerweise bei ihm im Betrieb. "Wir haben den schönsten Beruf der Welt", schwärmt Steuer.
Was er sich von der Politik wünscht? "Mehr Unterstützung, weniger Bürokratie. Was mit den Mitarbeitern aus Ruanda super läuft, funktioniert mit Bewerbern beispielsweise aus Tunesien gar nicht. Ich hätte da jemanden, der wäre perfekt qualifiziert. Seit Mitte Dezember 2023 sind wir dran, aber dann fehlt hier eine beglaubigte Übersetzung, dann ein Zertifikat …".
Noch hat Steuer die Hoffnung nicht aufgegeben, den jungen Mann wenigstens für die nächste Saison nach Deutschland zu holen. Denn Fachkräfte aus dem Ausland, das steht für ihn fest, können dazu beitragen, die Zukunft der Branche zu sichern.