Verkehrsunternehmen in der Corona-Krise Leere Sitze - leere Kassen
Weniger Fahrgäste in Bus und Bahn helfen, das Coronavirus einzudämmen. Sie bedeuten aber auch: Den kommunalen Verkehrsunternemen brechen die Umsätze weg. Wie das aufgefangen werden könnte, ist unklar.
Die Kontaktbeschränkungen in der Corona-Krise setzen die Verkehrsunternehmen zunehmend unter Druck. Bei den Bartickets wie Einzelfahrscheinen und Monatskarten seien die Verkäufe um 70 bis 90 Prozent zurückgegangen, teilte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen der Nachrichtenagentur dpa mit. Sie machen sonst etwa die Hälfte aller Ticketeinnahmen aus.
"Dringend klären, wie Verlust ausgeglichen wird"
"Wir haben 80 bis 90 Prozent weniger Fahrgäste", so Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. "Für viele Verkehrsunternehmen sind die wirtschaftlichen Folgen durch wegbrechende Fahrgeldeinnahmen schon jetzt verheerend." Es müsse dringend geklärt werden, wie der Verlust ausgeglichen werde.
Grob beschrieben trägt der gesamte Fahrkartenverkauf in normalen Jahren mehr als die Hälfte zur Finanzierung des Nahverkehrs bei. Der Rest kommt von den Kommunen. Für die Fahrgäste stehe derzeit etwa 50 bis 75 Prozent des üblichen Bus- und Bahnangebots zur Verfügung, das sei mit den Verkehrsverbünden abgestimmt. "Viele Unternehmen fahren etwa den Samstagsfahrplan mit Verstärkung zu Stoßzeiten", erläuterte Wolff.
Ausgedünnte Fahrpläne sorgen für Kritik
In den vergangenen Wochen hatte es Klagen von Fahrgastvertretern gegeben, das Angebot werde zu stark ausgedünnt, U-Bahn-Züge in den Städten seien zu Stoßzeiten zu voll. Sie würden zu "Virenschleudern", weil die Fahrgäste den empfohlen Abstand von mindestens 1,5 Meter zueinander nicht einhalten könnten.
"Wir verstehen den Unmut der Fahrgäste, aber viele Unternehmen arbeiten momentan auch personell am Limit", warb Wolff um Verständnis. Das mache sich auch in Leitstellen und Werkstätten bemerkbar. Sie könnten teils nicht voll besetzt werden, weil auch dort Abstand zwischen den Mitarbeitern gewahrt werden müsse. Wo Fahrzeuge voll seien, werde nachgesteuert, sagte Wolff.
Es komme aber auch auf das Verhalten der Fahrgäste an. Man bitte die Kunden, sich in den Fahrzeugen zu verteilen. "Es müssen nicht alle in den ersten oder letzten Wagen einsteigen."
Und nach der Kontaktsperre?
Die Frage ist, was passiert, wenn die Politik die Kontaktbeschränkungen allmählich aufhebt - die Menschen aber dennoch Abstand zueinander halten sollen. "Innerhalb von fünf bis sieben Tagen können die Unternehmen das Angebot wieder auf 100 Prozent hochfahren", so Wolf. "Aber es wird trotzdem zu Stoßzeiten mal volle Fahrzeuge geben." Denn der Verband hat errechnet, dass man das Nahverkehrsangebot vervierfachen müsste, wollte man zu Stoßzeiten 1,5 Meter Abstand in den Fahrzeugen gewährleisten.
Um volle Züge nach einer Wiedereröffnung der Schulen zu vermeiden, schlägt der VDV ungewöhnliche Lösungen vor: "Der Unterricht muss ja beispielsweise nicht für alle Klassen in der ersten Stunde beginnen", sagte Wolff. Man wolle frühzeitig mit Politik und Aufgabenträgern überlegen, wie der Andrang entzerrt werden könne.
Auch private Busunternehmen unter Druck
Der VDV vertritt viele kommunale Verkehrsbetriebe. Stark unter Druck stehen auch die privaten Busunternehmen, von denen viele auch Linienbusse betreiben. Vier von fünf Unternehmen sehen sich stark oder gar in existenzbedrohender Weise von der Krise betroffen, wie eine Umfrage des Bundesverbands deutscher Omnibusunternehmer ergab.
Die wirtschaftliche Lage spitze sich jeden Tag weiter zu, sagte Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonhardt. "Das nimmt dramatische Dimensionen an." Bei vielen Betrieben kommen nach der Umfrage die Sofortkredite der staatlichen KfW-Bank zu langsam an.