Kabinett berät über Euro-Rettungsschirm Wie viel Mitspracherecht für das Parlament?

Stand: 31.08.2011 09:58 Uhr

Das Bundeskabinett will heute die umstrittenen Änderungen am Euro-Rettungsschirm beschließen. Unklar ist noch, wie der Bundestag in die Entscheidungen des Rettungsschirms eingebunden wird. Um diese Frage war in den vergangenen Tag Streit entbrannt, und sie ist auch weiter ungeklärt.

Das Bundeskabinett befasst sich zur Stunde in Berlin mit den Beschlüssen zur Änderung des Euro-Rettungsfonds EFSF. Der erweiterte EFSF-Fonds soll mehr Geld für in Not geratene Euro-Länder zur Verfügung stellen können und zusätzliche Handlungsmöglichkeiten erhalten. Dazu gehören der Ankauf von Staatsschulden, die Kreditvergabe zur Vorbeugung gegen Krisen und Kreditvergaben zur Stützung von Finanzinstituten. Dies hatten die Regierungen der Euro-Länder am 21. Juli beschlossen, um die Gefahr eines Übergreifens der Schuldenkrise auf weitere Länder zu verringern.

Umstritten ist, wie weit der Bundestag bei den Entscheidungen über künftige Finanzhilfen an hoch verschuldete Euro-Staaten mitbestimmen soll. Die Frage konnte bislang nicht geklärt worden. Die Union legte gestern einen Vorschlag vor, der der Bundesregierung enge Grenzen setzen würde. Fraktionsvize Michael Meister schlug ein dreistufiges Verfahren sowie bindende Vorgaben für den Bundesfinanzminister für dessen Stimmverhalten im Gouverneursrat des Euro-Rettungsschirms (EFSF) vor.

Meister hob mit seinem Vorschlag das Mitspracherecht des Parlaments in europäischen Fragen vor. Er geht weit über die Vollmachten hinaus, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach Medienberichten dem Parlament zubilligen wollte. Das "Handelsblatt" hatte Mitte des Monats berichtet, Schäuble verlange eine Generalvollmacht vom Parlament. Der Minister bestritt diese Darstellung aber. Schäuble erkannte inzwischen mehrfach an, dass der Bundestag alleine über seine Mitwirkung entscheidet. Er warnte aber vor einer Blockade des EFSF wegen zu weitgehender Parlamentsvorbehalte.

Die Vorschläge von Deutschland und Frankreich
Deutschland und Frankreich wollen zur Eindämmung der Eurokrise auf eine gemeinsame Wirtschaftsregierung hinarbeiten, die sich aus dem Rat der Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Länder zusammensetzt. Zweimal im Jahr soll diese Regierung tagen - unter Vorsitz von EU-Ratspräsident Herman van Rompuy. Die genauen Kompetenzen dieses Gremiums blieben aber noch genauso unklar wie die Frage, wie diese Kompetenzen gegenüber den Zuständigkeiten von Kommission, EU-Parlament und nationalen Regierungen und Parlamenten abgegrenzt werden sollen.

Zudem wollen beide Länder 2013 - nur für Unternehmen in Deutschland und Frankreich - eine gemeinsame Körperschaftssteuer einführen. Hier geht es um eine Harmonisierung der Berechnungsgrundlage sowie der Steuersätze. Bei der Aufstellung der nationalen Haushalte wollen sich Berlin und Paris künftig in gemeinsamen Kabinettssitzungen abstimmen.

Ferner schlagen Deutschland und Frankreich den europäischen Partnern eine Finanztransaktionssteuer auf den Verkauf von Aktien, Wertpapieren, Devisen und anderen Finanzprodukten vor.

Schließlich drängt Frankreich auf die Festschreibung einer Schuldenobergrenze in den nationalen Verfassungen der 17 Euro-Staaten bis Mitte 2012.

Sorge um die Kanzlermehrheit

Nach wie vor unklar ist, ob die Koalition im Bundestag die nötigen Stimmen ohne die Hilfe der Opposition zusammen bekommt. Schätzungen über die Zahl der Abweichler reichen von zwölf bis 23. Die Koalition hat im Parlament eine Mehrheit von 19 Stimmen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder rief die Abgeordneten zu Geschlossenheit auf. Die Euro-Rettung sei keine klassische Gewissensfrage, sagte er der "Bild"-Zeitung. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, warnte vor einer Beschädigung von Kanzlerin Angela Merkel in der europäischen Öffentlichkeit, sollte sie bei der Bundestagsabstimmung keine Mehrheit erreichen können.

Die CSU unterstrich dagegen erneut, dass sie eine Abgabe weiterer staatlicher Kompetenzen für die gemeinsame Wirtschaftspolitik der EU ablehnt. Die "vereinigten Staaten von Europa" seien völlig falsch, sagte Generalsekretär Alexander Dobrinth. Man könne ja sagen zu mehr Koordination. Einen europäischen Finanzminister lehne die CSU aber ab.

Die aktuellen Änderungen am Euro-Rettungsschirm werden Ende September dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt. Der Bundesrat kommt wegen des Gesetzes zu einer Sondersitzung am 29. oder 30. September zusammen. Der neue EFSF-Rahmenvertrag soll dann im Oktober in Kraft treten.