Probeabstimmung vor Beschluss zur Rettungsfonds-Ausweitung Kanzlermehrheit möglich - aber unsicher

Stand: 27.09.2011 16:36 Uhr

Elf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen: Bei einer Probeabstimmung in der Unionsfraktion zur Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF hat es 13 abweichende Voten gegeben. Die FDP rechnet mit etwa vier Abweichlern. Damit ist eine schwarz-gelbe Mehrheit bei der Bundestags-Abstimmung möglich - aber noch nicht sicher.

Kurz vor der entscheidenden Abstimmung im Bundestag hat sich eine deutliche Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion für den erweiterten Euro-Rettungsschirm EFSF ausgesprochen. In einer Probeabstimmung votierten elf Abgeordnete gegen das entsprechende Gesetz, zwei enthielten sich. Die Zahl der Anwesenden ist noch nicht bekannt. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach, der ebenfalls als Gegner der EFSF-Ausweitung bekannt ist, nahm aber nicht teil.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle rechnet aus dem Kreis der liberalen Abgeordneten bei der für Donnerstag angesetzten Abstimmung mit nur wenigen Abweichlern. Brüderle verwies darauf, dass es unter den 93 liberalen Abgeordneten vor etwa 14 Tagen zwei Nein-Stimmen und vier Enthaltungen gegeben habe. "In etwa diesem Bereich wird es sich bewegen und damit sind wir ganz zufrieden", sagte er vor einer Fraktionssitzung. In deren Verlauf war - anders als in der parallelen Sitzung der Unionsfraktion - keine weitere Testabstimmung mehr geplant.

Schwarz-Gelb 19 Stimmen über der absoluten Mehrheit

CDU, CSU und FDP verfügen im Bundestag zusammen über 330 der 620 Sitze. Um die sogenannte Kanzlermehrheit zu erreichen, dürften höchsten 19 schwarz-gelbe Abgeordnete nicht mit "Ja" stimmen. Mehrere Unionspolitiker hatten gefordert, dass Schwarz-Gelb aus eigener Kraft diesen Wert erreichen müsse. Die Kanzlerin sprach dagegen von einer eigenen schwarz-gelben Mehrheit als Ziel - also der Mehrheit der anwesenden Abgeordneten.

Das geplante Bundestags-Votum zum Euro-Rettungsschirm
Mehrere Koalitionspolitiker fordern, Schwarz-Gelb müsse bei der Abstimmung über die Griechenland-Hilfe die Kanzlermehrheit erreichen, Kanzlerin Merkel spricht dagegen von einer eigenen Mehrheit: Im letzten Fall müssten die Regierungsfraktionen ohne Oppositionshilfe die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten erreichen. Für die Kanzlermehrheit wäre mehr als die Hälfte aller möglichen 620 Bundestagsstimmen erforderlich, also 311 - unabhängig davon, wie viele Abgeordnete tatsächlich anwesend sind. Abgeordnete der schwarz-gelben Koalition können die Kanzlerin übrigens nicht anonym in eine Koalitionskrise stürzen - der Bundestag wird über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms namentlich abstimmen.

Der EFSF-Schirm soll mit einem Volumen von 440 Milliarden Euro klamme Staaten der Euro-Zone vor Zahlungsschwierigkeiten schützen. Deutschland haftet dabei mit maximal 211 Milliarden Euro. Eine Mehrheit für die Ausweitung im Bundestag gilt als sicher, da SPD und Grüne ihre Zustimmung angekündigt haben.

SPD zitiert Schäuble vor Ausschuss

Die SPD mahnte unterdessen die schwarz-gelbe Koalition bei der Euro-Rettung zur "Aufrichtigkeit". Es gehe nicht an, dass derzeit "neue Gerüchte über erweiterte Instrumentarien gestreut werden", sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Die Koalition solle ihre "nicht mehr verständlichen Diskussionen" über den erweiterten Euro-Rettungsschirm EFSF beenden. Die SPD lud Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für diesen Mittwoch in den Haushaltsausschuss des Bundestags. Dabei müsse Schäuble noch vor der Abstimmung im Bundestag über den neuen Euro-Rettungsschirm Klarheit über eventuelle weitergehende Absprachen schaffen, sagte Steinmeier. Es gehe insbesondere um angeblich geplante erweiterte Instrumente für den Rettungsschirm. Die bisherige "vorsichtige Distanzierung" des Finanzministeriums reiche nicht aus.