Englische Kennzeichnung eines Parkplatzes für ein Elektroauto
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Neue Batterie-Technologien Auf der Suche nach dem Stromspeicher von morgen

Stand: 17.09.2023 15:39 Uhr

Weltweit arbeiten Forscher intensiv an leistungsfähigeren Batterien. Noch ist die Technik nicht da, wo sie hin soll. Neue Prognosen aus deutschen Forschungslaboren klingen jedoch vielversprechend.

Von Martin Rottach, SWR

Wie werden künftig Lastwagen, Schiffe, Flugzeuge und Landmaschinen betrieben werden? Wie können Haushalte ihren Strom am effizientesten selber produzieren und speichern? Wie kann das Problem der Grundlast im Stromnetz gelöst werden? Wasserstoffantriebe sind unter anderem hoch im Kurs der Debatte, aber auch die Batterielösungen sind eine attraktive Lösung für viele, die am großen Rad der Energie- und Mobilitätswende mit drehen.

Nur: Wie können diese Lösungen aussehen, fernab von den Elementen Kobalt, Nickel, Mangan und Lithium, die oft unter fragwürdigen Bedingungen abgebaut werden müssen?

Suche nach Alternativen zu Lithium-Ionen-Batterien

Martin Rottach, SWR, tagesschau, 15.09.2023 12:00 Uhr

Mit dieser Frage beschäftigen sich beispielsweise die Forscher am Postlithium-Forschungscluster in Ulm, Karlsruhe und Gießen. Das Forschungscluster ist mit 120 beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern das größte seiner Art in Europa.

Maximilian Fichtner ist der Sprecher des Labors in Ulm. Der studierte Chemiker zeigt stolz einen großen, abgedunkelten Raum. Hier arbeitet rund um die Uhr das Herz des Labors: ein mit künstlicher Intelligenz unterstützter Roboter. Wie von Geisterhand gesteuert produziert er Zellen für den Bau von Batterien.

Was kann die Natrium-Ionen-Batterie?

Die Batterie von morgen soll auf unkritischen, häufig vorkommenden Elementen basieren, wie beispielsweise Natrium, Magnesium, Calcium oder Aluminium. "Da die Nachfrage mit dem zunehmenden Erfolg der Batterie auch steil ansteigt, müssen wir die Technik auf eine breitere Materialbasis stellen, damit es nicht zu Engpässen bei der Produktion kommt", erklärt Fichtner. Im Fokus stehen dabei Fragen zum ökologischen Fußabdruck, der Lebensdauer, der Produktionskosten und der Wirkungsweise von neuen Technologien.

Die derzeit größten Chancen auf eine "goldene Zukunft" hat nach Fichtners Meinung die Natrium-Ionen-Batterie. Sie sei schon fast so leistungsfähig wie die Lithium-Ionen-Batterie, sagt er, sei in anderen Bereichen aber besser. "Die Natrium-Ionen-Batterie hat den Vorteil, dass hier keine kritischen Rohstoffe mehr eingesetzt werden, dass sie bessere Tieftemperatur-Eigenschaften hat und dass sie schnell beladbar ist." In Zukunft werden die Batterien noch leistungsfähiger und günstiger, prognostiziert der Forscher. Das Ende der Fahnenstange sei noch nicht erreicht.

Versuche mit verschiedensten Metallen und Stoffen

Aber nicht nur das Forschungscluster der Universität Ulm beschäftigt sich mit der Zukunft der Batterie. Hersteller aus der Privatwirtschaft und öffentliche Labore forschen unter Hochdruck an Lösungen für die Batteriefrage. "Ich glaube, gerade in den Anfangsphasen, in denen vieles noch sehr unsicher ist, ist es wichtig, regelmäßig den Stand der Entwicklungen technisch, aber auch bezüglich existierender Märkten, Lieferketten, Rohstoffen zu monitoren und damit das Potenzial der unterschiedlichen Möglichkeiten zu identifizieren", sagt Annegret Stephan. Sie arbeitet für das Fraunhofer ISI in Karlsruhe.

Die Wissenschaftlerin sitzt in ihrem Büro und zeigt auf den Computerbildschirm. Zwischen eng geschriebenen Zeilen tauchen immer wieder Grafiken auf. Sie verdeutlichen verschiedene Batterietypen und zeigen unterschiedliche Versuchsanordnungen mit Elektroden und verschiedensten Metallen und Stoffen, mit denen künftig Strom produziert werden soll.

Stephan hat gemeinsam mit ihrem Team eine neue Studie zur Zukunft alternativer Batterietechnologien veröffentlicht. Dabei zogen sie Daten zu Rate, die sie unter anderem aus dem aktuellen Forschungsstand, Expertenbefragungen und Literaturrecherchen zusammengetragen hatten. Diese Roadmap, wie sie von den Forschern genannt wird, untersucht ausgewählte Technologien, die sich noch in der Entwicklung befinden.

Großes Potenzial, viel Entwicklungsbedarf

Die Arbeit verdeutlicht, dass viel Potenzial in den alternativen Batterietechnologien steckt, aber der Entwicklungsbedarf hoch ist. Denn noch hätten die neueren Batteriearten teilweise eine geringere Energiedichte und seien technologisch noch nicht so ausgereift wie die schon marktreifen Lithium-Ionen-Batterien. Diese haben derzeit laut der Studie eine massenbezogene Energiedichte, die einen vielfältigen Einsatz ermöglichen. Elektroautos könnten damit beispielsweise mehr als 1.000 Kilometer damit fahren. Lithium-Ionen-Batterien seien wegen dieser Werte der Maßstab in der Entwicklung von Alternativen, so die Macher der Roadmap.

"Unsere Studie zeigt, dass einige alternative Batterietechnologien hohes Potenzial beispielsweise für geringere Kosten oder mehr Nachhaltigkeit aufweisen, jedoch nicht die gleiche Einsatzbreite wie Lithium-Ionen-Batterien besitzen," sagt Batterieforscherin Stephan. Daher sieht sie die Lithium-Ionen-Batterien auch weiterhin den Markt dominieren. Nach und nach könnten sie in bestimmten Anwendungen aber durch Alternativen ersetzt werden, so die Forscherin.

Laut Studie werden die neuartigen Batterien immer effizienter und könnten die Energiedichte von Lithium-Ionen-Batterien irgendwann sogar übertreffen - und das mit unkritischen Ressourcen. "Zum Beispiel können Natrium-Ionen-Batterien in naher Zukunft zunehmend in Kleinwagen oder Lithium-Schwefel-Batterien perspektivisch in kleineren E-Fluggeräten und Natrium-Schwefel- oder Zink-Ionen-Batterien in stationären Anwendungen eingesetzt werden."

Mehr politische Unterstützung gefordert

Stephan fordert von politischen Entscheidungsträgern vor allem mehr Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung in Deutschland und der EU. Diese seien in Hinblick auf erfolgversprechende Alternativen notwendig und lohnend, so die Forscherin. "Ein ganzheitlicher politischer Ansatz, der die gesamte Lieferkette, die Grundlagenforschung zu technologiespezifischen Fragen, Patenten, Produktionsprozessen, die Sicherung von Ressourcen und die Perspektiven von Endnutzenden berücksichtigt, ist hier essenziell."

Damit der Technologiestandort Deutschland im globalen Wettbewerb mithalten kann, ist die Batterietechnologie eine Schlüsseltechnologie, da sind sich die Forscherinnen und Forscher einig. Die Nachfrage dürfte, so meinen sie, außerdem in den kommenden Jahren noch deutlich steigen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 15. September 2023 um 12:00 Uhr.