Methanol-Brennstoffzelle Tanken statt laden: Das bessere E-Auto?
Es gibt Alternativen zum klassischen E-Auto: Ein Ingenieur aus Bayern hat einen Brennstoffzellen-Antrieb entwickelt, der sich mit Methanol und Wasser betanken lässt. Auf den Durchbruch wartet er bislang vergeblich.
Hoher Kohlestromanteil, mangelnde Reichweite, zu wenige Ladepunkte - das alles lässt viele am Elektroauto zweifeln. Auch den Ingolstädter Ingenieur Roland Gumpert. Deshalb hat er ein völlig neues elektrisches Antriebskonzept entwickelt, das ohne Ladekabel auskommt und trotzdem hohe Reichweiten ermöglicht - und bei dem sich das Auto so unkompliziert und schnell auftanken lässt wie ein Benziner oder Diesel. Technisches Herzstück ist eine Methanol-Brennstoffzelle. Werde diese mit klimaneutral hergestelltem Methanol gespeist, führen seine Autos auch ohne Treibshausgasemissionen, sagt Gumpert: "Dieses Konzept können wir in jedes beliebige Auto einbauen, in einen Polo mit 50 PS oder in einen Langstrecken-Lkw mit 40 Tonnen", so der Ingenieur. "Wir sind den normalen Batterieautos haushoch überlegen."
"Vater" des Audi Quattro
Gumpert ist nicht irgendwer in der Automobilbranche. Jahrezehntelang war er erfolgreich für Audi tätig - zuletzt als Marketing-Vorstand für das Joint-Venture von VW und Audi in China. Anfang der 1980-Jahre holte er als Chef von Audi-Sport mit seinen Rallye-Fahrern vier Weltmeistertitel nach Ingolstadt. Basis war der Quattro-Antrieb, der 1980 als technische Sensation galt. Zum ersten Mal baute ein Automobilhersteller einen permanenten Allradantrieb in seine Straßen-PKW. Gumpert gilt als einer der Väter des Quattro-Antriebes.
Milliarden in Elektromobilität investiert
Jetzt, mit 76 Jahren, will es Gumpert noch einmal der ganzen Branche zeigen - mit seiner eigenen kleinen Firma. Er will beweisen, dass sein Auto mit Methanol-Brennstoffzelle besser ist als jedes Elektroauto mit großer Batterie und Ladekabel. Doch Politik und Industrie interessieren sich bislang nicht für Gumperts Idee. Etwa, weil sie sich auf die batterieelektrische E-Mobilität verständigt und in deren Entwicklung viele Milliarden investiert haben?
"Nur mit einem hohen Anteil von Elektroautos kann Deutschland das 2030-Klimaziel der EU vorgegebene Klimaziel erreichen", teilt der Verband der Automobilindustrie VDA dem BR-Politikmagazin Kontrovers auf Anfrage mit. Alle anderen Optionen seien "bis dahin nicht in der 'Großserienproduktion' verfügbar".
Ähnlich äußert sich Audi. Auf die Einladung von Gumpert, sich sein Konzept einmal anzuschauen, hat der Ingolstädter Autobauer nicht einmal geantwortet. Gegenüber dem BR erklärt dazu ein Konzernsprecher: "Die Elektromobilität ist der mit Abstand effizienteste Weg zur Dekarbonisierung und zum Erreichen der CO2-Flottenziele. Audi konzentriert sich daher auf batterieelektrische Mobilität."
Erstmals realisiert hat Ingenieur Roland Gumpert sein Antriebskonzept im Sportwagen Nathalie - einem zweisitzigen Coupé mit 550 PS, dessen Spitzengeschwindigkeit bei 300 Stundenkilometern liegen soll. Die Brennstoffzelle produziert im Auto genug elektrischen Strom, um mit einer Geschwindigkeit von bis zu 130 Stundenkilometern unterwegs zu sein. Wenn man schneller fahren will, versorgt die Batterie den Elektromotor mit der zusätzlich benötigten Energie. Sinkt die Geschwindigkeit unter Tempo 130, liefert die Brennstoffzelle nicht nur den Fahr-Strom, sondern sie lädt gleichzeitig auch die Batterie wieder auf. Der Autoantrieb braucht in dieser Phase weniger Strom, als die Brennstoffzelle produziert. Kommt das Fahrzeug ganz zum Stehen, fließt der gesamte Strom aus der Methanol-Brennstoffzelle in die Batterie.
Ist die Batterie leer sein, kann das Auto also immer noch weiterfahren, maximal aber mit Tempo 130 - und solange Methanol im Tank ist. Die Reichweite des Autos gibt Gumpert mit etwa 800 Kilometern an.
"Der Zug ist abgefahren"
Auch der Ulmer Unternehmensberater Arnold Lamm glaubt daran, dass sich das batterieelektrische Auto durchsetzen wird. "Der Zug ist abgefahren, den können Sie nicht mehr aufhalten", sagt Lamm. Als Ingenieur hat er mehr als zwanzig Jahre für Daimler gearbeitet. Der Stuttgarter Autobauer setzte Ende der 1990er-Jahre selbst auf einen Antrieb mit Methanolbrennstoffzelle, den damals erhofften Durchbruch schaffte der Konzern aber nicht. Das Fazit von Lamm heute: "Technisch funktioniert das, aber für einen Massenmarkt halte ich dieses System damals wie heute für wesentlich zu komplex und zu teuer und zu aufwändig."
Ingenieur Gumpert widerspricht. Sein Antrieb funktioniere: im Prototypen der von ihm gebauten "Nathalie", einem 400.000 Euro teuren Super-Sportwagen, den er nächstes Jahr in einer Kleinserie fertigen will. Und genauso in einem E-Smart, den er umgerüstet hat. Sein System sei wettbewerbsfähig: "Wir wissen ganz sicher, dass wir kostenmäßig mit Massenprodukten hinkommen. Unser System einschließlich der Batterie ist letztendlich nicht teurer als ein Batterieauto", sagt Gumpert.
Vorteile vor allem auf langen Strecken?
Auch aus Sicht des Autoexperte Lamm ist die Technologie "in dieser Konfiguration in jedem Fall lohnenswert, weiter gefördert zu werden". Chancen sieht er jedoch vor allem bei Lkw, die lange Strecken zurücklegen müssen. Hier könne es gegenüber reinen Wasserstofffahrzeugen und Elektrolastwagen Vorteile haben.
Sollte sich also die Bundesregierung für das E-Auto mit Methanolbrennstoffzelle interessieren? Zumindest Verkehrsminister Andreas Scheuer kennt das Konzept. Bereits vor zwei Jahren war Gumpert mit seiner "Nathalie" in Berlin. Scheuer schien angetan. Doch hilft ein 400.000 Euro teurer Sportwagen im Kampf gegen den Klimawandel wirklich weiter? Der Minister schickte Ingenieur Gumpert mit einer Hausaufgabe zurück nach Ingolstadt: Er solle beweisen, dass sein Antriebskonzept auch in einem Kleinwagen funktioniere.
Politischer Rückenwind für umgebauten Smart?
Tatsächlich rüstete Gumpert im Auftrag des Ministeriums einen E-Smart um. Seither ist das Auto 15.000 Kilometer gefahren - problemlos, ohne Ladekabel, nur mit grünem Methanol betankt. Alle Versuche, Scheuer darüber zu informieren, scheiterten jedoch monatelang. Mails der Firma mit der Bitte, den Smart in Berlin vorstellen zu dürfen, blieben zunächst unbeantwortet. Auf Anfrage von Kontrovers teilte das Ministerium mit, Methanolbrennstoffzellen-Systeme seien "keine massentaugliche Lösung".
Inzwischen hat sich das Bundesverkehrsministerium auch bei Gumpert gemeldet. "Endlich sind wir aus der Schublade", sagt der Ingenieur. "Wir sind vergessen worden, und man hat sich entschuldigt und wird uns jetzt bald einen Termin für eine Videokonferenz geben."
Bekommt also das kleine Unternehmen aus Ingolstadt doch noch etwas politischen Rückenwind? Ingenieur Gumpert hofft weiter darauf. Bislang steht er mit seiner Vision vom Elektroauto mit Methanol-Brennstoffzelle, das man ganz unkompliziert betanken kann und das auch mir leerer Batterie noch weiterfährt, ziemlich alleine da.